Journalismus ohne Bewußtsein? (original) (raw)
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Automaten kennen keine Moral. Metamorphosen des Journalismus und die Folgen für die Verantwortung
Communicatio Socialis, 2015
Der Beitrag fragt auf der Grundlage der Verwendungs kontexte der digitalen Medientechnologien nach den Veränderungen durch diese Technologien. Konstatiert wird, dass diese Veränderungen den gesamten Medienprozess von der Idee bis zur Aneignung der In halte betreffen und darüber hinaus neue Akteure und neue Strukturen generiert werden. Diese neuen Konstellationen werden anhand einer Matrix zu Verantwortungsdimensionen hinsichtlich der Folgen für die Durchsetzbarkeit von journalistischer und unternehmerischer Verant wortung geprüft. Es wird gezeigt, dass digitale Technologien, sofern sie als Werkzeuge des Journalismus definiert werden, durch bestehende Verantwortungsdimensionen abgedeckt werden können. Für ein neu geordnetes Mediensystem, in dem die Internetkonzerne die mächtigen Akteure sind, fehlen dagegen bislang Verantwortungsstrukturen völlig.
Eine der vielleicht wichtigsten Debatten der politischen Medienökonomie – zumindest bezogen auf den Journalismus – war in den frühen 1970er Jahren die Auseinandersetzung um dessen Rolle zwischen Aufklärung und Anpassung. Eine Frage übrigens, die bis heute nicht beantwortet, geschweige denn ausdiskutiert ist. Wenn also die politökonomische Diskussion wieder belebt werden soll, dürfen Anpassungshypothese und ihre kritische Reflektion nicht unberücksichtigt bleiben. Doch was überhaupt ist politische Medienökonomie?
An den Grenzen des modernen Journalismus
De Gruyter eBooks, 2022
An den Grenzen des modernen Journalismus Fontanes "unechte Korrespondenzen" als boundary-work Es gehörte zu Theodor Fontanes Aufgaben als "Redakteur des englischen Artikels" bei der Neuen Preußischen [Kreuz-]Zeitung, sogenannte "unechte Korrespondenzen" herzustellen.1 Darunter waren Berichte zu verstehen, die den Anschein erweckten, von einem Korrespondenten vor Ort in London-und gelegentlich auch an anderen Orten-verfasst worden zu sein. In Wahrheit aber baute Fontane diese Berichte an seinem Berliner Redaktionsschreibtisch durch geschicktes cut and paste aus alten Zeitungstexten und kreativen Hinzufügungen zusammen.2 Bis heute diskutiert die Forschung, wie diese Textsorte in Fontanes Schaffen einzuordnen ist: als Resultat widerstrebend ausgeführter Brot-und-Butter-Arbeit? Als bewusste Polit-Propaganda im Dienste Preußens? Als kurioses Produkt einer mit fragwürdigen Mitteln arbeitenden, rechtskonservativen "Redaktionskrapüle"?3 Die laufende Diskussion um eine neue Perspektive zu ergänzen, ist das Ziel der folgenden Überlegungen. Vorgeschlagen wird, die unechte Korrespondenz weder in ‚bloßer' Propaganda aufgehen zu lassen, noch sie als Sonderfall der Journalismus-Geschichte zu behandeln. Vielmehr soll sie als integraler Bestandteil des Mediensystems im mittleren 19. Jahrhundert begriffen werden. Aus einer solchen Perspektive, so lautet die leitende These, lässt sich die unechte Korrespondenz als eigene Form der journalistischen Wissenserzeugung lesen, die zur Ausdifferenzierung des modernen Journalismus einen wichtigen Beitrag leistete. Die Überlegungen gliedern sich in vier Teile. Im ersten Teil werden die medienhistorischen Bedingungen skizziert, unter denen die unechte Korrespondenz jenseits der Kreuz-Zeitung zu einem weit verbreiteten Genre der Auslandsberichterstattung werden konnte. Der zweite Teil charakterisiert im Rückgriff auf ein Theoriekonzept der Wissenschaftsgeschichte, das Konzept des boundary-work, das journalistische Wissen
Sammelrezension: Journalismus in der Falle?
2017
John David Seidler: Die Verschworung der Massenmedien: Eine Kulturgeschichte vom Buchhandler-Komplott bis zur Lugenpresse Uwe Kruger: Mainstream: Warum wir den Medien nicht mehr trauen Julia Cage: Rettet die Medien: Wie wir die vierte Gewalt gegen den Kapitalismus verteidigen
Gute Information gibt es nicht gratis. Eine Debatte um Qualität und Glaubwürdigkeit im Mediensystem
2011
Heutzutage gibt es ein Überangebot an Medien verschiedenster Machart und Konzeptionen. Musste sich der Rezipient früher nur zwischen einigen Tageszeitungen respektive einigen wenigen Magazinen entscheiden, steht er heut einer diversifizierten Palette an Fachzeitschriften, Regional- und bundesweiten Tageszeitungen, Magazinen, Illustrierten, Werbezeitschriften, aber auch Internetredaktionen der großen Zeitungen, Internetdiensten wie GMX oder web.de, bei denen auf dem ersten Blick nicht ersichtlich ist, von wem sie abhängig sind oder ob sie wirklich eine selbstständige Redaktion stellen, oder auch unabhängigen Internetplattformen wie privaten Blogs oder politisch motivierten Seiten wie „Indymedia“1 oder „Altermedia“2 gegenüber. Diese Medien unterscheiden sich nicht nur in ihrer Machart sondern auch in ihrer Zugänglichkeit für die Allgemeinheit. Während die Printmedien Geld kosten, der Rezipient für all jene Erzeugnisse exklusive der Werbezeitschriften wie der „Einkauf Aktuell“ der deutschen Post, Geld zahlen muss, um sie lesen zu können, sind die Internetmedien meist frei zugänglich und für den Rezipienten kostenneutral. Daher ergeben sich Unterschiede in der öffentlichen Bewertung der verschiedenen Medien, sind doch die Gratis-Webmedien entweder von Sponsoren abhängig und damit auf dem ersten Blick nicht mehr neutral und journalistisch objektiv oder unkommerziell angelegt und damit meist auf eine gewisse Art und Weise ideologisch gefärbt3. Deshalb kann die These aufgestellt werden, dass die kostenpflichtigen Medien die besseren und journalistisch wertvolleren sind. Diese These möchte ich gleich zu Beginn als falsch bewerten und in den weiteren Ausführungen darlegen, weshalb ich zu diesem Schluss komme.
Das Ende des Informationsjournalismus
Am Beispiel der ARD-Griechenland-Berichterstattung 2015 wird anhand einer Vielzahl von Belegen sachlich präzise der Vorwurf einer erstens einseitigen, zweitens regierungsnahen, drittens manipulativen und viertens Feindbild konstruierenden Berichterstattung innerhalb der Hauptnachrichtenformate der ARD nachgewiesen. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile: Einen allgemeinen Teil mit theoretischen Grundlagen und einen analytischen Teil, bestehend aus der Untersuchung von mehr als 20 bedauerlichen Einzelfällen lediglich aus den ersten 4 Wochen der ARD-Berichterstattung über die Syriza-Regierung 2015. In einem Schlusskapitel werden die Ergebnisse ausgewertet. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Eine lückenlose Erfassung der hohen Anzahl an Falschdarstellungen hätte den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschritten.
Deutschlands Blogger. Die unterschätzten Journalisten
2019
Am 26. Oktober 1962 durchsuchten und besetzten Polizist*innen in Hamburg die Räume des Nachrichtenmagazins Spiegel. Dieser Zugriff staatlicher Behörden mani festierte für die Öffentlichkeit sichtbar die bis dato schwerste Krise und größte Bedrohung der Pressefreiheit der noch jungen Bonner Republik. Der Tatvorwurf: Landesverrat. Das verdächtigte Medium: Das führende Nachrichtenmagazin der da maligen Zeit. Die sogenannte Spiegel-Affäre, deren Ausgang mit der Einstellung der Ermittlungen bis heute als nachhaltige Stärkung der Pressefreiheit in Deutschland gewertet wird, stieß damals auch international auf großes Interesse. Über 50 Jahre später erregte in der Berliner Republik ein Fall wieder große Aufmerksamkeit, in dem die deutsche Justiz abermals gegen Journalist*innen wegen des Verdachts des Landesverrats ermittelte. Wieder folgten massive Proteste deutscher und internati onaler Journalist*innen, und wieder wurden die Ermittlungen eingestellt. Im Visier stand dieses Mal jedoch kein etabliertes Leitmedium, sondern das recht junge Blog netzpolitik.org-ein Medium, das nur über ein Bruchteil der Ressourcen des Ham burger Magazins verfügt. Nicht zuletzt zeigt auch dieses Beispiel der Netzpolitik-Org.-Affäre exemplarisch, dass die Bedeutung von Blogs für die Öffentlichkeit stetig gestiegen ist und inzwi schen einen relevanten Faktor in der Medienwelt darstellt. Ihr Wachstum und Erfolg fußen einerseits auf neuen technischen Möglichkeiten, andererseits tragen sie ver änderten Lesegewohnheiten und Informationsbedürfnissen des Publikums Rech nung. Manche sehen darin eine längst notwendige Pluralisierung und Ausdifferen zierung der Medienangebote. Themen wie Digitalisierung, europäische Krisenpolitik oder kritische Reflektionen der Entwicklungen in der Medienbranche selbst erleben aus dieser Perspektive durch die Blogger*innenSzene einen kräftigen Aufschwung. Nicht zuletzt deshalb, weil "Eigeninteressen, redaktionelle Befindlichkeiten oder
Vom Informations- zum Pseudojournalismus. Berichterstattungsmuster im Wandel
Communicatio Socialis, 2003
Berichterstattungsmuster im Wandel Journalismus ist stets ein Kind seiner Zeit. Die Art und Weise der Berichterstattung folgt den gesellschaftlichen Randbedingungen, die den Journalismus in jeder Epoche umschließen. Technik, Wirtschaft und Gesellschaftspolitik sind die maßgeblichen Einflussfaktoren, die journalistische Berichterstattungsmuster im 20. und 21. Jahrhundert formen und Journalismus als institutionelle Ordnung jeweils begründen. Siegfried Weisehenberg zufolge handelt es sich bei diesen Mustern um "die Gesamtstrategien des Wirklichkeitsbezugs und der Thematisierung im Journalismus".l Diese Gesamtstrategien beziehen sich nicht allein auf die Quellen der Berichterstattung, die Recherchemethoden und die Präsentationsmodi, sondern erstrecken sich auch auf die Inszenierung des Wirklichkeitsbezugs in Medienaussagen. Journalistische Berichterstattungsmuster sind demzufolge historisch variant2, sie ändern sich mit den gesellschaftlichen Randbedingungen. Als Paradigmen von Selektion und Thematisierung geben sie Auskunft auch über die ökonomischen Produktionsverhältnisse im System der Massenmedien-vor allem aber beschreiben sie die wesentlichen Bezüge im Journalismus und deren Bedeutung. So geben sie gewissermaßen auch die Folie ab, auf der sich Qualitäten in der Medienberichterstattung entwickeln. Diese Qualitäten werden, so die These des Beitrags, massiv durch die dominanten Inszenierungsstrategien im Mediensystem beeinflusst. Informationsjournalismus Da Journalismus in seiner Funktion der Herstellung und Bereitstellung von aktuellen Themen zur öffentlichen Kommunikation3 den Kriterien der Warenproduktion in modernen industrialisierten Gesellschaften unterliegt, muss er organisatorisch und technisch so gestaltet sein, dass er den Effizienzkriterien der Wirtschaft entspricht.4 Als angemessenes,
Authentische Berichterstattung in einem journalistischen Mitmach-Medium
2017
Es wird das Konzept eines digitalen journalistischen Mitmach-Mediums, des Nachrichtennetzwerks, unter aktiver Beteiligung von Nutzern vorgestellt. Im Fokus steht dabei eine flächendeckende, thematisch umfassende, kleinteilige lokale / regionale Berichterstattung. Diese ist ausschließlich mit professionellen Journalisten heute kaum noch wirtschaftlich realisierbar, sondern erfordert den Einbezug aktiver Nutzer als weitere Inhaltslieferanten. Die technischen und organisatorischen Verfahren zur Qualitätssicherung und Unterstützung einer authentischen Berichterstattung von Nutzern werden vorgestellt. Die Realisierungschancen und – risiken eines solchen digitalen Mediums werden kritisch beleuchtet.