Rezension vom 26.06.2023 zu: Gabriele Sorgo (Hrsg.): Starke Ordnungen und das schwache Geschlecht. Herstellung weiblicher Unsichtbarkeit. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2022. (original) (raw)

Rezension zu: Sabine Hark/Paula-Irene Villa, 2017: Unterscheiden und Herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart.

GENDER. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 2018

Bereits ein flüchtiger Blick in die neuere Geschichte des Feminismus verdeutlicht, dass das Verhältnis von Rassismus, Sexismus und Feminismus ein ebenso komplexes wie kontroverses ist: Während Chandra Mohanty feministische Forschungen dafür kritisierte, koloniale Bilder über die ‚Dritte-Welt-Frau‘ zu konstruieren, die dadurch rückständig und in einer patriarchalen Ordnung gefangen erscheint, beantwortete Susan Okin ihre rhetorische Frage Is multiculturalism bad for women? mit einem eindeutigen Ja. Okin plädierte für einen liberalen Feminismus, der individuelle Freiheitsrechte gegenüber kollektiven Zugriffen von (Minderheits-)Kulturen verteidigt, und unterstellte diesen deutlich konservativere Geschlechterverhältnisse als der Mehrheitsgesellschaft. Die aktuellen Debatten der feministischen Community über das Verhältnis von Rassismus und Sexismus kommen zumeist ohne historischen Rekurs aus. Sie werden aber in größter Schärfe öffentlich ausgetragen. Als Brennpunkt der Debatte erweisen sich hierbei konträre Interpretationen der Geschehnisse der Kölner Silvesternacht 2015 – ein Ereignis, das der hier besprochene Essay Unterscheiden und Herrschen von Sabine Hark und Paula-Irene Villa ebenfalls zum Anlass nimmt, die ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart zu analysieren.

REVIEW Boka En, Sabine Grenz Beate Kortendiek/Birgit Riegraf/Katja Sabisch (Hrsg.), 2019: Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Wiesbaden: Springer VS. 1556 Seiten. 149,99 Euro

Das Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung, herausgegeben von Beate Kortendiek, Birgit Riegraf und Katja Sabisch, ist derzeit das aktuelle deutschsprachige Handbuch der Geschlechterforschung. Es enthält 155 kurze Artikel, die sich über ins-gesamt sieben Themenbereiche erstrecken, zwei Bände füllen und gleichzeitig in Form einer Online-Ausgabe verfügbar sind. Es bietet einen multidisziplinären Überblick über die (überwiegend gesellschaftswissenschaftliche) Geschlechterforschung in Deutsch-land und im deutschsprachigen Raum. Insofern stellt das Handbuch einen Meilenstein dar, dessen Lektüre einen sehr weitgehenden Einblick in die Produktivität und Breite der derzeitigen Geschlechterforschung ermöglicht. Im ersten Teil "Debatten: hinterfragte Dualismen und neue Sichtweisen der Ge-schlechterforschung" wird eine Reihe von Dualismen besprochen, von "Mann-Frau" über "Natur-Kultur" bis hin zu "Ökonomisierung-Privatisierung" oder "Opfer-Täter". Der zweite Teil "Denkströmungen: theoretische und methodologische Grundlagen der Geschlechterforschung" orientiert sich an theoretischen und methodologischen Per-spektiven. Im dritten Teil "Disziplinen: fachspezifische Entwicklungen und fachkul-turelle Perspektiven der Geschlechterforschung" werden unterschiedliche disziplinäre Entwicklungen u. a. aus den Geschichts-, Fernseh-, Film-, Literatur-, Medien-, Politik-, Rechts-, Sport-und Wirtschaftswissenschaften vorgestellt.

Henning Gutfleisch, Rezension zu: Barbara Umrath: Geschlecht, Familie, Sexualität. Die Entwicklung der Kritischen Theorie aus der Perspektive sozialwissenschaftlicher Geschlechterforschung. Frankfurt a.M./New York: Campus Verlag 2019.

Jahrbuch Erziehungswissenschaftliche Geschlechterforschung, 2020

In ihrer Dissertation Geschlecht, Familie, Sexualität geht Barbara Umrath zwei zentralen Fragen nach: erstens, welche Bedeutung Geschlechterverhältnissen in zentralen Arbeiten der frühen Kritischen Theorie (KT) vor dem Hintergrund aktueller Geschlechterforschung zukommt und zweitens, welche Impulse diese Arbeiten für eine aktuelle Geschlechterforschung zu geben vermag. Umraths grundlegende These ist, „dass sich erst mit den Begriffen und Erkenntnissen heutiger Geschlechterforschung rekonstruieren lässt, wie genau die Kritische Theorie sich mit Geschlechterverhältnissen auseinandergesetzt hat“ (14).

Müllner, Ilse: Zwischen Geschlechteregalität und göttlicher Gewalt. Allegorische Lektüren des Hohelieds. In: Ludger Schwienhorst-Schönberger (Hg.): Das Hohelied (ÖBS), Wien: Peter Lang 2017, 165–183.

In the Song of Solomon female and male desire are evolved in a poetic way and illustrated with a high degree of gender equality. For more than two millenniums, the history of its reception has been characterised by an allegorical reading of the Song of Solomon. The notion of God as a marriage master and Israel as a spouse, or the respective Christian transformations, often strengthen traditional gender images. However, traditional images are also transcended in the theological readings of the Song of Solomon, just as the gender boundaries themselves. These movements shall be illustrated by referring to the Song of Solomon itself as well as to the readings of Mechthild of Magdeburg. 1. Das Hohelied: F-Voice (Athalya Brenner / Fokkelien van Dijk-Hemmes) oder male phantasy (David Clines) Der Superlativ, mit dem dieses Werk im Hebräischen (‫ים‬ ִ‫ִיר‬ ‫ַשּׁ‬ ‫ה‬ ‫ִיר‬ ‫)שׁ‬ und daran anschließend im Griechischen (ᾆσµα ᾀσµάτων) bezeichnet wird, drückt eine Sonderstellung des Hoheliedes im Rahmen des biblischen Kanons aus. In vielerlei Hinsicht ragt diese Sammlung von Liebesliedern aus den biblischen Schriften heraus. Im antiken Judentum wie Christentum wurde der Superlativ des Titels mit einem anderen, vergleichbar formulierten biblischen Superlativ in Verbindung gebracht, mit dem in Ex 26,33 der allerheiligste Raum bezeichnet wird: