Das Symptom Homophobie als politisches Instrument (original) (raw)

Homophobie und Revolutionsangst. Die politische Dramaturgie des 30. Juni 1934

Die große Furcht, 2021

Homophobieund Revolutionsangst.Die politische Dramaturgie des 30. Juni 1934 Der Popanz revolutionärer Umbrüche, unabhängig ob diese nun real oder nur eingebildet sind, steht immer in einem engen Zusammenhang mit den ergriffenen Gegenmaßnahmen, mithilfe derer solch Schreckgespenste in allerletzter Not abgewehrt werden sollen. Sowohl der Terror und die Furcht als auch die verwendete Gewalt unterliegen dabei einem dauernden Wechselverhältnis, wobei sich die Revolutionäre und ihre Kontrahenten oftmals in einer Radikalisierungsspirale befinden-also die Gegengewalt auf die Gewalt reagiert und diese folglich in ihrer Brutalität zu übertreffen sucht. 1 Zudem führen die Revolten und Revolutionen des 20. Jahrhunderts deutlich vor Augen, dass mit der Angst vor diesen ein erhebliches Mobilisierungs-und Gewaltpotenzial verbunden ist-selbst in diktatorischen Regimen wie dem NS-Staat, was insbesondere am sogenannten »Röhm-Putsch« evident wird. Um dies zu verdeutlichen, steht am Anfang der vorliegenden Untersuchung ein Zitat Werner Bests, der als Organisationschef des Sicherheitsdienstes (SD)die Aktionen der »Röhm-Morde« in Süddeutschland organisierte und als einer der wichtigsten Akteure neben Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich bei der Entmachtung der Sturmabteilung (SA)u nd der Ermordung des Stabschefs Ernst Röhm gilt. 2 Ohne seine zentrale Rolle bei dem Mordkomplott einzugestehen, hat

Der Einfluss von rechtsgerichtetem Autoritarismus und sozialer Dominanzorientierung auf homophobe Einstellungen

Journal for Deradicalization, 2016

Das Thema Homophobie geriet seit 2012 verstärkt in das Interesse der Medien. Ursachen waren u.a. die Erlassung homophober Gesetze in Russland, Outings von prominenten Persönlichkeiten wie Fußballspieler und Politiker oder die in Frankreich auftretenden Massendemonstrationen zur Verhinderung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Durch das kürzlich stattfindende Attentat in einem beliebten Club der LGBT-Community in Orlando ist das Thema präsenter denn je. Neben Untersuchungen, die aufdecken, welchen Vorurteilen Menschen mit einer homosexuellen Ausrichtung ausgesetzt sind und wie sich diese im Alltag der Betroffenen niederschlagen, suchen vermehrt Studien nach den Gründen dieser Vorurteile. Die vorliegende Arbeit bedient sich dazu etablierter Konzepte aus der Vorurteilsforschung, um diese in einen Zusammenhang mit homophoben Einstellungen und Verhaltensweisen zu bringen. Mithilfe einer Online-Befragung von 249 heterosexuellen Teilnehmern wurde der Einfluss von rechtsgerichteten Autoritarismus (RWA), sozialer Dominanzorientierung (SDO) und sozialer Identität (SI) auf homophobe Einstellungen ermittelt. Es konnte nachgewiesen werden, dass die untersuchten Variablen negativ auf die Einstellungen der Untersuchungsteilnehmer gegenüber Schwulen und Lesben wirken. Gleichzeitig wurde die Mediatorrolle der sozialen Identität als Identifikation mit der eigenen heterosexuellen Orientierung getestet und nachgewiesen, dass diese als Mediator zwischen RWA, SDO und homophoben Einstellungen fungiert.

„Du bist so schwul!“ Homophobie als Regulativ am Weg zur Männlichkeit

Obwohl die Diskriminierung von Homosexualität gesellschaftlich zunehmend zurückgedrängt wird, sind homophobe Abwertungen im Leben vieler junger Männer etwas Alltägliches. Manchmal als Spaß, manchmal eingesetzt, um zu provozieren und manchmal ganz explizit als Abwertung und Erniedrigung des Gegenübers. Wie dieser Artikel zeigen soll, geht es dabei jedoch immer um Aushandlungsprozesse rund um Männlichkeit und um den Versuch, eine männliche Norm abzusichern sowie „Grenzüberschreitungen“ zu sanktionieren. Die hier entwickelte Perspektive spricht sich gegen ein Wegschauen oder Hinnehmen homophober Abwertungen unter jugendlichen Männern aus und zeigt Implikationen für Strategien zur Überwindung von Homophobie auf.

Das politische Subjekt des queeren Aktivismus

Queer Studies, 2022

Wie konstituiert sich das aktuelle queer-politische Subjekt und welche Rolle spielen Identitätspolitiken dabei? Tanja Vogler geht dieser Frage nach, indem sie Bewegungsmaterialien queerer Einrichtungen aus dem deutschsprachigen Raum analysiert und Aktivist*innen in Interviews zu Wort kommen lässt. Dabei werden Theorie, Bewegungsgeschichte und Empirie miteinander verknüpft und am Beispiel des zeitgenössischen queeren Aktivismus das Verhältnis von Politik und Identität differenziert dargestellt.

Rechtspopulismus und Homosexualität: Eine Ethnografie der Feindschaft

2024

Homosexuelle werden zunehmend ins populistische »Wir« der äußersten Rechten integriert. Der Kulturanthropologe Patrick Wielowiejski hat eine Gruppe schwuler Mitglieder der »Alternative für Deutschland« (AfD) zwei Jahre lang begleitet. Ausgehend von ihren Narrativen und Praktiken analysiert er in dieser »Ethnografie der Feindschaft« das politische Imaginäre der gegenwärtigen Rechten. Dabei wird deutlich, dass die Grenze zwischen »normal« und »pervers« hier nicht mehr zwischen »Hetero« und »Homo« gezogen wird, sondern zwischen essentialistischen und emanzipatorischen Lebensentwürfen und Praktiken. Zugleich reflektiert Wielowiejski kritisch seine Forschungserfahrungen und ermöglicht so einen nuancierten Einblick in ein politisches Feld, das den demokratischen Zusammenhalt immer mehr bedroht.

Zum sozialpsychologischen Konzept internalisierter Homophobie. Eine Rekonstruktion ‚integrierter Identität‘ als Emanzipationsvision

2018

Das sozialpsychologische Konzept internalisierter Homophobie ist vielfach prasent in Wissenschaft, Psychotherapie und politischem Aktivismus. Es erklart psychische Belastungen Schwuler und Lesben durch die Ubernahme abwertender gesellschaftlicher Werthaltungen und Stereotype. Damit assoziierte Folgen seien verminderter Selbstwert, Beziehungsprobleme, sexuelle Risikopraxen bis hin zur Suizidalitat. Der Beitrag rekonstruiert dieses wissenschaftliche Konzept ausgehend von den verwendeten Messskalen. Die Operationalisierungen der gesellschaftlichen Beschadigung setzen ex negativo ein gesundes homosexuelles Subjekt voraus und vermessen dessen (in)koharentes Selbst anhand der Integration lesbischer bzw. schwuler Identitat. Indikator dafur seien der unerschrockene Wunsch nach einem Coming-out, der Stolz auf die eigene Sexualitat und die Bewahrung der erwarteten Eigengruppe. Derartige Selbstverhaltnisse bilden die politische Vision des wissenschaftlichen Diskurses und den Horizont der anvis...

Zorn, Hass, Wut Zum affektpolitischen Problem der Identität

Jürgen Brokof/Robert Walter-Jochum (Hg.) Hass/Literatur. Literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge zu einer Theorie- und Diskursgeschichte, 2019

Zorn, Hass, Wut-aber auch andere, verwandte Emotionen, wie Ressentiment, Empörung, Ärger etc.-erscheinen als politische Emotionen, insofern ihnen Reden oder Handlungen in diesem Feld kausal zugeschrieben werden. Die Band-breite an Phänomenen, die auf solche Emotionen verweisen oder mit ihnen er-klärt werden, reicht von friedlichen Demonstrationen, Verschiebungen in Wahl-ergebnissen (Protestwahlen), skandierten Parolen (mit unterschiedlicher Nähe zur Gewalt) bis hin zu volksverhetzenden Reden, manifesten Gewaltakten oder Attentaten. Ausgangs-und Zielpunkt der folgenden Ausführungen bilden Wutartikula-tionen, wie sie sich in den Wahlergebnissen der AfD und der verbalen Besetzung der Diskursposition der >Wut< niederschlagen, einerseits sowie die (kritische oder selbstaffirmative) Rede von »Wutbürgern« andererseits. Es geht um Zorn und Wut auf >linke< oder liberale Politik, wie sie derzeit »besorgte Bürger« auf die Straße (PEGIDA) und in die Arme rechtspopulistischer Parteien treibt, d. h. es geht um Zorn und Wut in ihrer Qualität politischer Dynamik und nicht um ideologisierte und starre Formen längst sedimentierten Hasses oder Ressentiments von Rechtsradikalen.