Witold Mędykowski, W cieniu gigantów. Pogromy Żydów w 1941 roku w byłej sowieckiej strefie okupacyjnej. Kontekst historyczny, społeczny i kulturowy (original) (raw)

Die baltischen Staaten, Ostpolen sowie die Bukowina und Bessarabien sind jene Gebiete des östlichen Europas, die in den Jahren 1939-1945 innerhalb kürzester Zeit nacheinander drei Besatzungsregimes erlebten. Diese Entwicklung fußte auf den in den geheimen Zusatzprotokollen des Hitler-Stalin-Paktes fixierten Entscheidungen, durch die diese Territorien als sowjetische Einflusssphäre definiert wurden. Im Frühsommer 1941 fanden in dieser Großregion nach der Flucht der sowjetischen Funktionäre und vor bzw. während des Einmarsches der Wehrmacht Pogrome statt, die von der jeweiligen lokalen Bevölkerung inszeniert wurden. Diese waren in ihrer Brutalität beispiellos. Witold M ę d y ko w s k i zeichnet diese Ereignisse nach und analysiert sie. In seiner Einleitung verweist er darauf, dass er sich diese große Untersuchungsregion mit Bedacht ausgesucht habe, da komplexe Forschungsfragen in Werken, die sich traditionellen Forschungsräumen, wie Staaten oder Ethnien, widmen, häufig "entwischen" (S. 16) würden. Mit diesem Ansatz hat M. zweifellos Recht, auch wenn er dieses Vorhaben, wie sich im Verlaufe der Lektüre zeigt, nicht zur Gänze einzulösen vermag. Er schildert im ersten Kapitel knapp die Vorgeschichte der Großregion zu Beginn des 20. Jh. und geht auch auf einige der früheren Pogrome ein, die 1881-1939 in Russland, der Ukraine und im Wilna-Gebiet stattfanden. Im Hauptteil der Arbeit werden die Pogrome im Juni 1941 exemplarisch für die Großregion von der Ostsee bis nach Bessarabien dargestellt. M. beschreibt detailliert einige der Übergriffe gegen die Juden in den unterschiedlichen Regionen und ergänzt sie durch zahlreiches, häufig auch bisher weniger bekanntes Fotomaterial. Er resümiert, dass es im sogenannten "Interregnum" zwischen den Diktaturen zu einer Degradierung der Juden kam und binnen weniger Tage "Brücken verbrannt" wurden bzw. der "Rubikon überschritten" wurde (S. 360). Dies ist zweifellos richtig. Selbst in Fällen, wo die Juden nicht sofort erschlagen oder erschossen wurden, hatten ihre nichtjüdischen Nachbarn in einer unbeschreibbaren Welle der Gewalt, die in vielem einem Affekt glichen, Situationen geschaffen, die sich nicht wieder rückgängig machen ließen. In zahlreichen kleinen Städtchen sperrte man die jüdische Bevölkerung tagelang in der Synagoge ein und raubte deren Wohnungen aus. Die unhaltbare Situation ließ sich aus Sicht der gewalttätigen Anführer schließlich nur durch die Liquidation der Juden lösen, auch wenn dies vorher nicht unbedingt intendiert worden war. Allerdings fallen M.s Erklärungen für die Ursachen recht allgemein aus. Er geht davon aus, dass hierfür maßgeblich das an vielen Orten im Frühsommer 1941 entstandene Machtvakuum schuld war und dass nach der Flucht der sowjetischen Funktionäre und vor dem Einmarsch der Wehrmacht und der Installation neuer Administrationen eine gefährliche Lücke geherrscht habe. Das Entstehen des Machtvakuums war tatsächlich eine wesentliche Voraussetzung für die blutigen Ereignisse. Jedoch beruhte es weniger auf äußeren als auf inneren Faktoren. M. sieht hier vor allem die lückenhaften Abläufe im Wechsel der Besatzungsmächte. Faktoren vor Ort, die sich im Vorfeld ereigneten und bereits zur Defragmentierung der lokalen Gesellschaften geführt hatten, werden von ihm nicht berücksichtigt. Diese sehr verallgemeinernde Begründung, der es an tieferem analytischem Gehalt mangelt, beruht auf der monoperspektivischen Betrachtungsweise der Großregion, die M. vor allem unter dem jüdischen Fokus sieht. Das von ihm untersuchte Gebiet zeichnete sich ursprünglich vor allem durch Multiethnizität aus. Eine erste Konsequenz der Geheimen Zusatzprotokolle des Spätsommers 1939 bestand in der Aussiedlung der deutschen Minderheiten aus den der UdSSR zugesprochenen Gebieten. Damit verschob sich das gesellschaftliche Gleichgewicht in den Kleinstädten, in denen Juden und Deutsche nebeneinander gelebt hatten, enorm. Gleichzeitig kam es zur Flucht von lokalen Repräsentanten der vorherigen Verwaltungen oder zu Verhaftungen, wodurch in den lokalen Gesellschaften