Von der Quelle zur Methode. Zum Entwurf einer historischen Interpretationsforschung (original) (raw)
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Musikalische Interpretation und Interpretationsgeschichte
2013
Der privilegierte Gegenstand der Musikwissenschaft ist die Musik. »Aller bestehenden Musik« aber ist, mit einem pointiert formulierten und wohl auch ganz unbestreitbaren Diktum Theodor W. Adornos, »das Interpretiertwerden wesentlich«.1 (In der Tat ist das praktische InterpretiertWerden-Mussen — die Eigenschaft, nur als klingendes Phanomen wirklich real existent zu sein — ein grundlegendes und unverzichtbares Definitionskriterium aller Musik.) Folglich musste der Gegenstand der Musikwissenschaft in erster Linie die interpretierte Musik, die praktische Interpretation von Musik oder die Beschaftigung mit Musik als einem in Auffuhrungen erklingenden Phanomen sein. Wir alle aber wissen, dass dieser einfache Syllogismus so nicht funktioniert. Der aus der philosophischen Logik bekannte Dreischritt nach dem Muster »Sokrates ist ein Mensch. Alle Menschen sind sterblich. Folglich ist Sokrates sterblich.« will sich aus der Konstellation von Musik, Interpretation und Wissenschaft nicht mit ders...
Historische und kritische Überlegungen zur historisch-kritischen Methode
Spes Christiana, 2001
Der Aufsatz behandelt die Frage, inwieweit die historisch-kritische Methode bzw. eine historische und kritische Herangehensweise an die Bibel geeignet ist, zum Verstehen ihrer Aussagen beizutragen. Dabei geht es um Wesen, Ziel und Vorgehensweise einer historisch-kritischen Methode sowie um die philosophisch-theologischen Prämissen, die jede Auslegungsmethode beeinflussen und ihre Ergebnisse mitbestimmen. Zunächst wird der Begriff “historisch-kritische Methode” beleuchtet und bestimmt (Definition). Anschließend wird nach Alternativen zur HKM gefragt und deren mögliche Komplementarität bedacht (Variation). Im dritten Schritt werden Stellungnahmen vorgestellt, die zur (Nicht-) Vereinbarkeit unterschiedlicher Methoden Stellung nehmen (Illustration). Danach werden Bedeutung und Grenzen einer historisch-kritischen Betrachtungsweise der Bibel beleuchtet (Reflexion), bevor eine abschließende persönliche Stellungnahme erfolgt (Evaluation).
2023
Geschichte ist, was Menschen in der Gegenwart mit der Vergangenheit anfangen. Sie nehmen Relikte vergangener Zeiten auf und binden sie in ihren eigenen Lebenskontext ein, indem sie rekonstruierend nacherzählen und verstehend einordnen. „Quellen auslegen“ führt in die Praxis des Umgangs mit historischen Texten und Bildern im Rahmen der christlichen Theologie ein und regt zugleich zum Nachdenken über die heutigen Voraussetzungen historisch-theologischer Arbeit an. Das Buch möchte die Methoden der traditionellen Quellenkritik für die historisch-theologische Forschung im 21. Jahrhundert fruchtbar machen. Deshalb wird die praxisorientierte Einführung in die Methodik historischer Forschung in größere philosophische, kultur- und literaturwissenschaftliche Diskurse der vergangenen Jahrzehnte eingebettet. Historische Theologie wird dabei als hermeneutische Wissenschaft verstanden. Der Fokus liegt auf der Deutung, Interpretation und Reflexion der „Inanspruchnahme des Christlichen“ in historischen Text- und Bildquellen. Konzipiert ist das Buch für alle, die sich das Instrumentarium historisch-theologischer Methodik aneignen und es kritisch-konstruktiv reflektieren möchten, vom Proseminar bis zur Dissertation, im Seminarraum oder im Selbststudium. Als Kriterium für die Qualität historisch-theologischer Forschung wird „intersubjektive Plausibilität“ eingeführt. Kapitel über die Bedeutung und die Entwicklung einer sinnvollen Forschungsfrage, zum Auffinden von Quellen und zur Auswahl der für die Forschungsfrage relevanten Methoden leiten zu eigenständiger Forschung an und bieten Anregungen, wie mit dem etablierten Methodenkanon kreativ umgegangen werden kann. Anwendungsbeispiele aus allen historischen Epochen veranschaulichen die vorgestellten Methodenschritte und geben Einblick in den Reichtum der Quellen und die konkrete Arbeit mit ihnen. Die beigegebenen Arbeitsmaterialen bieten kompakte Hilfestellungen für die Praxis historisch-theologischer Forschung.
Zur Methodenentwicklung in der Geschichtswissenschaft 3
2017
Aus der Vorrede zu "Geschichten der romanischen und germanischen Völker von 1494 bis 1514" (1824) (S. 94f.): Nationen sucht nun dies Buch in ihrer Einheit zu ergreifen. Man hat der Historie das Amt, die Vergangenheit zu richten, die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren, beigemessen: so hoher Ämter unterwindet sich gegenwärtiger Versuch nicht: er will bloß zeigen, wie es eigentlich gewesen. Woher aber konnte dies neu erforscht werden? Die Grundlage vorliegender Schrift, der Ursprung ihres Stoffes, sind Memoiren, Tagebücher, Briefe, Gesandtschaftsberichte und ursprüngliche Erzählungen der Augenzeugen; andere Schriften nur alsdann, wo sie entweder aus jenen unmittelbar abgeleitet oder durch irgendeine originale Kenntnis ihnen gleich geworden schienen. Jede Seite zeigt an, welches diese Werke gewesen; die Art der Forschung und die kritischen Resultate wird ein zweites Buch vorlegen, das mit gegenwärtigem zugleich ausgegeben wird. Aus Absicht und Stoff entsteht die Form. Man kann von einer Historie nicht die freie Entfaltung fordern, welche wenigstens die Theorie in einem poetischen Werke sucht, und ich weiß nicht, ob man eine solche mit Recht in den Werken griechischer und römischer Meister gefunden zu haben glaubt. Strenge Darstellung der Tatsache, wie bedingt und unschön sie auch sei, ist ohne Zweifel das oberste Gesetz. Ein zweites war mir die Entwickelung der Einheit und des Fortgangs der Begebenheiten. Statt daher, wie erwartet werden kann, eine allgemeine Darstellung der öffentlichen Verhältnisse Europas vorauszuschicken, was den Gesichtspunkt wenn nicht verwirrt, doch zerstreut haben würde, habe ich vorgezogen, von jedem Volk, jeder Macht, jedem Einzelnen, wie sie gewesen, erst dann ausführlicher zu zeigen, wenn sie vorzüglich tätig oder leitend eintreten: unbekümmert darüber-denn wie hätte ihre Existenz immer unberührt bleiben können?-daß schon vorher hie und da ihrer gedacht werden mußte. Hiedurch konnte wenigstens die Linie, die sie im allgemeinen halten, die Straße, die sie nehmen, der Gedanke, der sie bewegt, desto besser gefaßt werden. Aus: Fragment aus den dreißiger Jahren (S. 95-98): Es ist oft ein gewisser Widerstreit einer unreifen Philosophie mit der Historie bemerkt worden. Aus apriorischen Gedanken hat man auf das geschlossen, was da sein müsse. Ohne zu bemerken, daß jene Gedanken vielen