Südsee-Projektionen in der deutschen Gegenwartsliteratur (original) (raw)
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Die Darstellung der Südsee in Comics - Eine skizzenhafte Annäherung anhand dreier Beispiele
Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, Band 141, Wien 2011, S. 219-246., 2011
Anhand dreier Beispiele aus der Welt der graphischen Kunst der Comics wird der europäische Zugang und die Reflexion der Südsee und des Südseeklischees reflexiv erörtert. Beide Begriffe, Comics und Südsee, werden von manchen als klischeebeladene Topoi gesehen. Die Verknüpfung dieser beiden Begriffe eröffnet daher ein weites Feld für Interpretationen. Ausgehend von theoretischen und methodischen Ausführungen wird anhand der drei Bände „L’Ile des Pins“ (BOUQUILLARD – CALVÉ), „Le Dieu Cargo“ (GINE) und „Die Südseeballade“ (PRATT) versucht, eine klischeehafte Annäherung an eine Region durch ein klischeebehaftetes Medium zu beleuchten. Solche Annäherungen sind Teil der Bildquellenanalyse, die wiederum Teil ethnohistorischer Arbeitsweise ist. Using three examples from the world of the graphic arts of comics, Europes approach to the South Sea shall be analysed. Both, comics as well as the South Seas are klischee- loaden categories and both are topoi. Linking both offers a broad field for interpretations. Theoretical and methodological discussions start around the three comicbooks: „L’Ile des Pins“ (BOUQUILLARD – CALVÉ), „Le Dieu Cargo“ (GINE) und „Die Südseeballade“ (PRATT) and try to deconstruct longlasting stereotypes. Such suggestions are part of the analyses of pictoral sources, thus being part of the ethnohistoric method.
2015
modernen Nationalstaaten, die von den Balkanvölkern selbst als »Wiedergeburtszeit« oder »Renaissance« (preporod, văzraždane, anagennisis) bezeichnet wird (womit der Mittelalter-Begriff nicht dem mittel-und westeuropäischen entspricht, sondern die vornationale Eingebundenheit in umfassendere Reichsverbände bezeichnet), chronologisch und inhaltlich zu vage, da sie einen Zeitraum vom späten 18. Jh. bis in die Nachkriegszeit des 20. Jh.s und die unmittelbare Gegenwart umfaßt und mit der Ausbildung von nationalistischen Ideologemen, Staatengründung, Irredentismus, Chauvinismus, Kampfansage gegen imperiale Hegemonialkulturen, Westorientierung, Aufklärung, den Idealen der Französischen Revolution, Verbürgerlichung, Stadtentwicklung, Errichtung von Akademien und Nationaltheatern usw. umschrieben werden muß, Prozessen also, die regional sehr unterschiedlich ablaufen und in manchen Fällen noch gar nicht abgeschlossen sind8 bzw. in anderer Form und Ausdrucksweise bereits vorher existierten9. Damit ist der Begriff der »Vormoderne«, von der Moderne her konstruiert (ähnlich wie »Neuzeit« vom Mittelalter her), zu verschwommen, um mehr als eine heuristische Etikette zu sein (ebenso wie der kreierte Begriff der »Gegen-Aufklärung«)10. Die Moderne ist an sich ein ästhetischer Begriff, der die Entwicklung der Künste, vor allem der Literatur, vor und nach 1900 bezeichnet, mit Avantgarde-Bewegungen wie Naturalismus, Impressionismus, Symbolismus, Neuromantik, Ästhetizismus, Expressionismus, Futurismus usw., die charakteristischerweise trotz der Fundamentaldifferenzen in den festlandgriechische Dichter des 18. und 19. Jh.s zwischen europäischer und osmanischer Peripherie«,
2023
Die mediterrane Welt des Mittelalters und der Frühen Neuzeit ist durch vielfältige transkulturelle Verflechtungen geprägt, bedingt durch Dynastien, religiöse Gruppenbildungen, Handelsverbindungen, Pilgerreisen, Kriegszüge, Fluchtbewegungen, Seeraub und Sklaverei. Deutschsprachige Akteur·innen haben solche Konnektivitäten auf vielfältige Weise und in unterschiedlichen Konjunkturen mitgeprägt. Der Band fragt vor dem Hintergrund jüngerer geschichtswissenschaftlicher, kunst- und kulturhistorischer sowie romanistischer Forschungen, die das Mediterraneaum als einen transkulturellen Interaktionsraum nicht nur der Akteure und Dinge, sondern auch der Sprachen und Literaturen zeigen, nach seiner spezifischen Relevanz auch für die deutsche Literatur der Vormoderne. Die germanistischen, romanistischen, jiddistischen und kunsthistorischen Beiträge des Bandes untersuchen, wie deutschsprachige Texte mit literarischen Traditionen der Mittelmeerregion vernetzt sind, wie sie das Mittelmeer darstellen und funktionalisieren, sowie welche Poetiken sie in Bezug auf das Mittelmeer entwickeln, sei es als Vehikel der Selbststilisierung oder im Sinne geteilter Ästhetiken und Episteme. Der Band verdeutlicht, wie eine mediterrane Rahmung als heuristische Alternative zu nationalphilologischen und eurozentrierten Betrachtungsweisen die Entwicklung transkultureller Perspektiven auf die deutsche Literatur der Vormoderne befördern kann.
Gegenwartsliteratur historisieren - oder: Gegenwart versus Literatur (Angelika Meier zum Beispiel)
Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2020
>Gegenwart<, so heißt es im Grimmschen Wörterbuch, ist ein »vielfach merk-würdiges wort« (Grimm 1897, Sp. 2282) und, wenn man erstmal darüber nach-denkt, ist es auch eine recht merkwürdige Sache. Versteht man unter >Gegen-wart<, wie seit Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend üblich, eine abkürzende Bezeichnung für >die Zeit der Gegenwart<‚ dann ist dies wiederum eine meto-nymische Abkürzung für all das, was in oder zu dieser Zeit >da< und >los< ist, was in veränderlicher Weise anwesend und wirksam ist.1 >Gegenwart< ist ein Contai-nerbegriff, der auf einen zeitlich veränderbaren Inhalt verweist, von dem man nicht weiß, wie er jeweils und immer anders beschaffen ist. Analog ist der be-griffsgeschichtliche Befund im Englischen: Das Substantiv »The present«, das in englischen Wörterbüchern erstmals 1755 verzeichnet ist, wird dort als »an elliptical expression for the present time« (Johnson 1755, 382) eingeführt. Wozu braucht man aber einen solchen Begriff, für welche Sprachspiele ist er notwendig und seit wann werden sie gespielt? Und was ist, wenn schon >Gegenwart< in diesem Sinne eine merkwürdige Sache ist, dann erst die >Gegenwartsliteratur<? Redeweisen konstituieren Gegenstände, und so kann man zunächst nach der Konstitutionsgeschichte von >Gegenwart< in Diskursen und begrifflichen Üb-lichkeiten fragen. Die neuere Forschung hat hierzu-im Zuge eines allgemeinen Trends der Problematisierung und Historisierung von Zeitbegriffen und gerade auch Gegenwartsbegriffen2-gezeigt, dass der substantivische Begriff von >Ge-genwart< im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entsteht. Erst seither wird das Sprachspiel von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der uns vertrauten Weise gespielt.3 Die Semantik des substantivischen Begriffs lässt sich doppelt 1 Damit wird in den neuen Zeitbegriff >Gegenwart<, wie er sich seit Ende des 18. Jahrhundertsausbildet, die alte Bedeutungvon Gegenwart im Sinne »eines feindli-chen entgegenstehens« (Grimm 1897, Sp. 2285) bzw. wirksamer, räumlicher Anwesen-heit mit aufgenommen, aber temporalisiert. Siehe hierzu: Krauthausen/Kammer(2016).
"Ein ordentliches Meer". Bodenseeliteratur und Tourismus
Schreiben über den See" -also nicht etwa: über das Meer? Das kann sich immerhin fragen, wer den Titel des Exposés zu dem Treffen liest, bei dem das Folgende zur Diskussion gestellt wurde. Auch die dem Titel folgenden Sätze lassen teils unbestimmt, ob es um einen bestimmten See gehen soll oder um den See generell. So wird zur Befassung mit solchen Erzählungen eingeladen, in denen "ein See Protagonist wird". Sind mehrere Seen gemeint, also nicht etwa nur der aus Ober-und Untersee bestehende eine, sondern wirklich viele Seen, am Ende vielleicht sogar alle? Für Bregenzer und andere Bodenseeanwohnerinnen mag selbstverständlich sein, dass von eben dem phänomenal gegebenen See vor ihrer Haustür die Rede ist. Als ich das Exposé las, hatte ich ihn aus den Augen verloren. Seit Monaten wohnte ich nicht mehr in Konstanz, las aber Texte über andere Seen, auch in anderen Sprachen. The Lakes, so nennt man in England eine Gegend, die auch als Lake District bekannt ist, und zwar nicht zuletzt dank William Wordsworth. Der Lake Poet hat über die Seen seiner ersten und zweiten Heimat geschrieben und damit befördert, was die Literaturwissenschaft neuerdings eingehend untersucht: Literatur-Tourismus nämlich, das Kofferwort "Literatourismus" findet zunehmend Verwendung.