Primärprävention—Psychosoziale Aspekte (original) (raw)

Präventiv und stigmareduzierend?

Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 2010

Anliegen: Evaluation der präventiven und stigmareduzierenden Wirkung des eintägigen Schulprojekts «Verrückt? Na und!». Methode: Grundlage bildete ein quasi-experimentelles Längsschnittdesign mit Interventionsgruppe (IG; n = 120) und Kontrollgruppe (KG; n = 90) zu drei Messzeitpunkten. Es wurden Schüler der Jahrgänge 9 und 10 zu Schulklima, Hilfesuchverhalten und Sozialer Distanz (SD) gegenüber psychisch kranken Menschen befragt. Zusätzlich wurden beteiligte Lehrer befragt. Ergebnisse: Hinsichtlich der SD konnte ein kurzzeitiger positiver Effekt in der IG nachgewiesen werden. Die Ergebnisse zum Hilfesuchverhalten zeigen, dass im Falle einer seelischen Krise gleichaltrige Freunde an erster Stelle stehen. Schlussfolgerung: Das eintägige Projekt reduziert die SD kurzfristig und wäre somit ein guter Ausgangspunkt für die Implementierung regelmäßiger Aktivitäten. Jugendliche Betroffene können Gleichaltrigen Mut machen, einer seelischen Krise mit weniger Ängsten und Vorurteilen zu begegnen.

Psychologisches Fr�hinterventionsprogramm bei psychosefernen Prodromen

Der Nervenarzt, 2003

Es wird das Konzept einer ambulanten, multimodalen psychologischen Frühintervention für Patienten mit psychosefernen Prodromen vorgestellt, welche über einen Zeitraum von einem Jahr Einzel-und Gruppentherapie, kognitives Training und Familienberatung umfasst.Der konzeptionelle Hintergrund ist das Vulnerabilitäts-Stress-Bewältigungs-Modell der schizophrenen Störung. Die therapeutischen Techniken sind kognitiv-behavioral ausgerichtet und orientieren sich an den empirisch gesicherten wirksamen Interventionen bei erst-oder rezidivierend erkrankten Schizophrenen und bei Patienten mit Angst-oder Depressionssymptomatik.

Einsatz von Statinen in der Primärprävention

2006

Folgende Fragestellungen werden untersucht: Welchen Stellenwert haben Statine in der Primarpravention von kardiovaskularen und nichtkardiovaskularen Erkrankungen? Welche okonomischen Implikationen lassen sich fur die Bundesrepublik Deutschland – insbesondere im Vergleich zu etwaigen bestehenden Praventionsprogrammen – evaluieren? Mussen ethische Uberlegungen getroffen werden? Die systematische Literatursuche im Suchzeitraum 1998 bis 2004 ergab 3.704 Zusammenfassungen. Insgesamt wurden anhand festgelegter Selektionskriterien 43 Texte in die naher bewertete Literatur aufgenommen sowie 167 als Hintergrundliteratur einbezogen. Zusammenfassend wird festgestellt: Fur die (Primar-)Pravention kardiovaskularer Erkrankungen ist ein leitlinienkonformer Einsatz zu empfehlen, wobei sichergestellt sein muss, dass diese Leitlinien regelmasig wissenschaftlich evaluiert werden. Zur Pravention von Schlaganfall, Osteoporose und Demenz konnen derzeit keine definitiven Aussagen getroffen werden. Dem Pro...

Psychosoziale Belastungen im Fokus

Psychosoziale Belastungen im Fokus, 2017

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Anmerkungen zur primären Erfahrung des Sozialen

In: Unversöhnlichkeiten. Einübungen in Adornos Minima Moralia, 2023

Verlag Turia+Kant (Wien). Herausgegeben von Pierre Buhlmann, Tobias Nikolaus Klass und Philipp Nolz. ISBN 978-3-98514-060-2

Neurobiologie, Psychologie und die Frühprävention antisozialen Verhaltens: Eine ethische Vergleichsanalyse

in G. Feuerstein & Th. Schramme (Hrsg.) 2015, Ethik der Psyche, Normative Fragen im Umgang mit psychischer Abweichung, Frankfurt/New York: Campus Verlag, S. 487-503., 2015

Jugendkriminalität und Jugendgewalt werden als wichtige gesellschaftliche Probleme angesehen und ihrer Eindämmung wird große soziale und politische Bedeutung zugemessen. Auch wenn der öffentliche Ruf nach Strafe und Härte gegenüber jugendlichen Gewalttätern oft unüberhörbar ist, wird aus wissenschaftlicher Sicht vor allem auf die Bedeutung von Früherkennung und Frühprävention hingewiesen. Gegenwärtigen Trends in der Gesundheitspolitik folgend, lautet auch das neue Credo der Kriminologie: „Prävention ist besser als Sanktion“. Dabei scheint es nicht länger fraglich, ob Prävention sinnvoll ist, sondern welche Frühwarnsysteme und welche Interventionen effektiv sind. Die Identifizierung von Kindern, die sozialen und psychologischen Risikofaktoren ausgesetzt sind, spielt dabei genauso eine Rolle, wie Interventionsmaßnahmen, die diesen Entstehungsbedingungen von gewalttätigem und antisozialem Verhalten entgegen wirken sollen. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie mit ihren diagnostizierbaren Verhaltensstörungen (z.B. conduct disorder) rückt dabei zunehmend in den Vordergrund und die neuere wissenschaftliche Forschung weist zusätzlich auf biologische Aspekte hin. Die Ursachen von Jugendgewalt werden demnach auf individueller Ebene und im Bereich der Biomedizin gesucht. Genetische, neurobiologische und neurophysiologische Faktoren spielen für die Erklärung antisozialen Verhaltens eine wichtige Rolle (Fishbein, 2000, Hodgins u.a., 2009) und rufen teils weitreichende Erwartungen an die Ermöglichung präziserer Vorhersagen und effektiverer Interventionen hervor (Beauchaine u.a., 2008, van Goozen/Fairchild 2008). Im folgenden Beitrag wird die Bedeutung von Frühprävention als Strategie der Reduzierung antisozialen Verhaltens aus ethischer Sicht näher untersucht. Ausgangspunkt ist der bioethische Diskurs, der sich in den vergangen Jahren intensiv, und vielfach sehr kritisch, mit den ethischen, sozialen und juristischen Implikationen vor allem des biomedizinischen Ansatzes auseinander gesetzt hat (Wasserman/Wachbroit 2001; Nuffield Council on Bioethics 2002; Singh/Rose 2009; Horstkötter u.a. 2011). Diesem Ansatz gemäß kann antisoziales Verhalten insbesondere auch auf individueller Ebenen mittels genetischer, neurobiologischer oder physiologischer Faktoren erklärt werden. Kritiker haben diesbezüglich zahlreiche Bedenken herausgearbeitet und auf mögliche Fallstricke und Nachteile eines solchen Ansatzes hingewiesen. Während allerdings diesem Ansatz und möglichen zukünftigen hierauf basierenden Anwendungen viele Bedenken und umfangreiche Skepsis entgegengebracht wird, scheinen bestehende psychosoziale Frühpräventionspraktiken aus ethischer Sicht weitgehend unbeachtet geblieben zu sein. Dieser Beitrag wird sich vor allem mit dieser Diskrepanz im ethischen Diskurs auseinandersetzen. Bringt ein lebenswissenschaftlicher Ansatz tatsächlich mehr, schwerwiegendere oder ganz eigene ethische Probleme mit sich oder können stattdessen gegenwärtige psychosoziale Formen der Frühprävention nicht den gleichen oder ganz ähnlichen Bedenken ausgesetzt sein? Um dieser Frage nachzugehen, werden wir zuerst einen kurzen Überblick über die Grundprinzipien bestehender Frühpräventionspraktiken geben und danach die möglichen, derzeit angestrebten Anwendungen biomedizinischer Erkenntnisse besprechen. Im dritten Teil dieses Beitrages werden wir anhand vier ethisch relevanter Aspekte, nämlich der Stigmatisierung, der negativen Identitätsentwicklung und Abweisung von Verantwortlichkeit, der sozialen Kontrolle und Überwachung sowie der Invasivität und Nebenwirkungen eine vergleichende ethische Analyse vornehmen. Dabei werden wir untersuchen, ob und inwieweit sich diese Probleme exklusiv für biomedizinisch begründete Formen der Frühprävention ergeben oder ob bestehende psychosoziale Projekte nicht die gleichen Fragen aufwerfen und eine eingehende ethische Untersuchung im gleichen Maße erforderlich ist.