Der frühe Husserl innerhalb und außerhalb der Brentano-Schule. Neue Ansätze zur Entstehung der Phänomenologie (Cologne, March 7, 2014) (original) (raw)
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Phänomenologische Forschungen (2014), 83-116, 2014
Both the current research literature and a tradition stemming from Husserl himself agree that it was Brentano’s notion of intentionality which „gave rise“ to Husserl’s phenomenology. I rely on extensive primary materials, including unpublished sources from four archives, to revisit this thesis. Already a survey of the historical circumstances of Brentano’s second decade in Vienna, when Husserl studied under him, hints at possible discrepancies in the reception of Brentano’s thought, which are further deepened by the editing policy employed by his orthdox students. I analyze an unpublished lecture manuscript of Brentano to find three different notions of intentionality, including a strikingly a-phenomenological one, which I then relate to the discussion by modern scholarship and try to identify those notions of intentionality which were encountered by Husserl as a student of Brentano. Given this heterogeneous matrix of influences, it is far from surprising that a closer look at Husserl’s philosophical juvenilia shows that he misunderstood Brentano’s notion of intentionality and attempted to employ it in a different theoretical context (maybe motivated by an idiosyncratic notion of inner perception). Finally, the notion of intentionality Husserl later attributed to Brentano was probably mitigated to him by indirect sources, including lecture manuscripts copied by the extravagant and less-know student of Brentano, Hans Schmidkunz, and a debate between a contemporary logician Christoph Sigwart and Brentano’s orthodox disciples. The analysis of these transmission mechanisms could reveal a distinct transformation which proved to be instrumental in the development of Husserl’s transcendental phenomeno- logy. The allegedly decisive influence of Brentano’s notion of intentionality at Husserl thus seems to consist in a productive misunderstanding (which apparently corresponds to Brentano’s surprisingly dismissive evaluation of Husserl after Husserl’s departure from Vienna).
The first explicit account of the phenomenological method has a crucial historical significance not just for the development of the method itself, but also for the history of phenomenology in general. In his lecture General Theory of Knowledge (Allgemeine Erkenntnistheorie) of 1902/03, the early Husserl develops the two major operational concepts of the phenomenological method, namely the Epoché and the phänomenologische Reduktion, in a systematic relation in order to achieve an adequate investigation of the transcendental consciousness. This paper discusses in detail the theoretical and historical content of this underexplored early lecture in a developmental perspective for the history of philosophy.
Vortrag im Auftaktsworkshop 'Traditionslinie der Phänomenologie' der Tagung 'Die Phänomenologie und das Politische', veranstaltet durch die Deutsche Gesellschaft für Phänomenologische Forschung (Mi, 13. September 2017) Dieser Vortrag befasst sich mit dem theoretischen und methodologischen Verhältnis zwischen Husserl und Brentano in der 1. Auflage der Logischen Untersuchungen. Bereits die wohlbekannte Tatsache, dass Husserl in der Einleitung seines Durchbruchswerkes für die Phänomenologie als eine deskriptive Psychologie argumentiert, zeigt die Relevanz des Brentanoschen Verfahrens für die Entwicklung seines Denkens. Seine Argumentation deutet hier aber auch schon entscheidende systematische Abweichungen an, denn Husserl behauptet, dass seine Auffassung der deskriptiven Psychologie nicht mit einer anderen Auffassung, die sich auf die innere Wahrnehmung als methodologische Grundlage stützt, gleichzusetzen sei. Dadurch spricht Husserl den Kern des psychologischen Verfahrens Brentanos an, der sich mit der Erforschung der psychischen Phänomene, ihrer verschiedenen Komplexionen und Gesetzlichkeiten ausgerechnet mittels einer inneren Wahrnehmung befasst. Diese anfängliche Darstellung des Husserlschen Ansatzes, die in der oben erwähnten Einleitung zu finden ist, hat jedoch schon viele Gemeinsamkeiten mit dem Ansatz Brentanos - bspw. die widernatürliche Betrachtung der psychischen Akte zum Nachteil der von ihnen implizierten gegenständlichen Korrelate, und der theoretische Vorrang der Deskription vor der kausalen Erklärung. - Eine partielle Anlehnung an Brentano und die Annahme einiger seiner philosophischen Motive sind somit hier schon zu konstatieren. Aber die Ablehnung Brentanos wichtigster methodologischer Herangehensweise zur Erforschung des Bewusstseins lässt vermuten, dass die deskriptive psychologische Begrifflichkeit - die genau durch so eine Herangehensweise eingeführt, verdeutlicht und begründet wird - nicht anzunehmen ist. Wie wäre es sonst möglich, ein bestimmtes Verfahren abzulehnen und trotzdem einige seiner theoretischen Ergebnisse für gültig zu halten? Dies ist genau die entscheidende Frage, was die systematische Auseinandersetzung Husserls mit Brentano anbelangt, da Husserl sich doch auf viele theoretische Beiträge Brentanos stützt und sie nutzt, um seine eigene Thesen aufzustellen. Das bekannteste Beispiel dazu ist die radikale Umdeutung des Begriffs ‘intentionale Beziehung’ in der 5. Logischen Untersuchung. - Aber dazu kommen noch viele weitere, wie die Betrachtung mereologischer Ansätze Brentanos in der 3. Untersuchung und die Kritik seiner Lehre der inneren und äußeren Wahrnehmung und der ihnen zugrundeliegenden psychischen und physischen Phänomene in der Beilage zur 6. Untersuchung. Die Kriterien, an denen sich Husserl in seiner Auseinandersetzung mit Brentano orientiert, sind somit klärungsbedürftig. Um dieser Problematik nachzugehen, wird in diesem Vortrag zunächst der entscheidende methodologische Streitpunkt zwischen beiden Philosophen behandelt, nämlich die Husserlsche Kritik der Brentanoschen Wahrnehmungslehre, welche die innere Wahrnehmung für die einzige legitime Quelle anschaulicher, evidenter Erkenntnis der immanenten Bestände des Psychischen hält. Nachdem Husserls Interpretationsansätzen klargestellt werden, wird anschließend gezeigt, wie seines Erachtens das Brentanosche Verfahren zu umgehen ist, aber trotzdem doch zu Ergebnissen führen kann, die - wie es im Schlussteil des Vortrags dargestellt wird - tatsächlich als phänomenologische Befunde zählen können.
Dieser Aufsatz möchte den Beitrag der Phänomenologie Edmund Husserls zur Debatte über die Fundierung der Geisteswissenschaft in groben Zügen enthüllen. Zunächst wird eine schematische Zusammenfassung der aus der deutschen Philosophie des 19. Jahrhunderts stammenden Debatte über die Fundierung der Geisteswissenschaften dargeboten. Dies soll dazu dienen, den philosophisch-historischen Hintergrund, in den Husserls Denkmotiv über die Beziehung zwischen Phänomenologie und Geisteswissenschaften eingebunden ist, zu begreifen. Danach wird Husserls Beitrag in dieser Debatte abgewägt, wobei im Besonderen die neuen Begriffe und Denkmotive, die von ihm in die Diskussion eingefügt wurden, nämlich der der regionalen Ontologie und der der personalistischen Einstellung, betrachtet werden. Dieser zweite und letzte Teil schließt mit einer Erörterung des von Husserl angegebenen Vorrangs der Geisteswissenschaften und des Geistes als ihr Korrelat, vor den Naturwissenschaften ab.
Husserl und das Wesen der Phänomenologie
The paper addresses Benjamin's reception of phenomenology by focusing primarily on his interest in phenomenological eidetics. To this extent, it dwells extensively on his readings of Paul Linke's essay "Das Recht der Phänomenologie" and his interest in the work of Moritz Geiger, in order to finally arrive at questioning the phenomenological influences in his early reflections on the relationship between concepts and ideas.
Often there has been seen connections and continuity between the phenomenology of Husserl and the epistemological orientation of representatives of Gestalt psychology. In fact the two methodological procedures are quite dierent. In the era of Weimarer Republic the Berlin School used a combination of empirical research, philosophical reexion, phenomenology and physiology, those conceptions – derived from the work of Stumpf – were their methodological guidelines until World War II. Compared to the 'pure' phenomenology and epistemology in times of the Weimarer Republic the gestalt phenomenology can be seen as 'impure' and 'anachronistic'. In this paper the characteristics and the actuality of this 'anachronism' are discussed. 1. Es gehört mittlerweile zum festen Bestand der Geschichtsschreibung, dass die Berliner Schule Max Wertheimers, Wolfgang Köhlers und Kurt Kokas deutliche philosophische Züge trägt. Philosophische Ausrichtung, Zuschnitt und Art der behandelten Probleme scheinen dabei das Haupthindernis für die Verbreitung der Gestaltpsychologie in den USA gewesen zu sein; sie waren das größte Hindernis, das Verwunderung und Misstrauen auslöste, mit dem diese wichtige europäische Tradition im nordamerikanischen Kulturraum konfrontiert wurde. Hierhin üchteten nämlich die maßgeblichen Vertreter dieser Richtung nach der Machtergreifung der Nazis. Ein Untersuchungsverfahren, welches nie ganz ausschließlich auf Experimente zentriert ist (wie es die der nordamerikanischen Heimat verbundenen Psychologen forderten) und der Vorrang theoretischer Durchdringung beim Herangehen an Probleme, die selbst bereits im Grenzbereich von Philosophie und Psychologie lagen, machten aus der Gestaltpsychologie eine typisch " europäische " Psychologie, genauer: einen Forschungsansatz, bei dem der Reex einer Kultur sich unvermeidlich bemerkbar machte, welche die Abneigung gegenüber der Philosophie nicht aufgab, weil in ihr die Matrix von Problemen gesehen wurde, die der Psychologie zuzuordnen waren und zu der – innerhalb eines komplizierten Anziehungs-und Abstoßungsverhältnisses – die Brücken nie vollständig abgebrochen wurden.