Rezension zu Saussure et l’épistémè structuraliste (original) (raw)
Rezensiert von Bohumil Vykypěl (Academy of Sciences) Man kann leicht den Eindruck gewinnen, dass es mit Ferdinand de Saussure ähnlich steht wie mit Franz Kafka und dass Charles Bally und Albert Sechehaye wie Max Brod besser getan hätten, wenn sie ihren Nachlass verbrannt hätten, denn so wären die nicht geringen intellektuellen Kräfte erspart geblieben, die man in die ellenlangen Betrachtungen investiert hat, wie Saussure und Kafka dies und jenes denn eigentlich meinten. Sei es so oder so, nun versucht auch der zu besprechende Band zum Verständnis von Saussure beizutragen. Sein Inhalt ist der folgende. Zunächst formulieren die Herausgeber in der knappen Einleitung (S. 1-5) die für sie zentrale Frage des Bandes, nämlich jene nach dem Verhältnis zwischen Saussure und dem, was sie strukturalistische Episteme nennen, und verraten, dass die in ihrem Band enthaltenen Texte aus einer Ringvorlesung und einem Symposium erwachsen sind, die an der Universität zu Köln im Herbst 2017 stattgefunden haben. Danach folgen ungruppiert, bloß nach den Nachnamen der Verfasser gereiht, die einzelnen Texte, die allerdings nur eine Auswahl aus den bei den erwähnten Gelegenheiten gehaltenen Vorträgen darstellen. Zunächst zeigt Marie-José Béguelin die Einheitlichkeit des komparativistischen und des allgemeinlinguistischen Werkes Saussures ("Aux sources du structuralisme saussurien: le Mémoire, la Double Essence", S. 7-42). Zwar ist diese Einheitlichkeit gut bekannt, doch ist es wohl nicht überflüssig, sie wiederholt zu betonen, zumal-wie die Autorin erwähnt-das sprachvergleichende Wissen immer geringer wird. Leider wird in diesem Beitrag die Gelegenheit nicht genutzt, in einem Sammelband zum Thema Saussure und Strukturalismus auch die strukturalistische Sichtweise oder Rezeption des Indogermanisten Saussure zu schildern. Danach fügt Simon Bouquet zu den unzähligen bisherigen eine weitere Interpretation des "authentischen" Saussure hinzu, wie er in seinen Manuskripten erscheint ("Saussure penseur de la complexité: doubles essences et quaternions", S. 43-67). Ähnlich steuert Jean-Paul Bronckart einen weiteren Versuch bei, den Saussure des Cours und jenen der Manuskripte zu verbinden ("La langue