Fremdheit - Eigenheit. Ägypten, Griechenland und Rom. Austausch und Verständnis (Ed. with P.C.Bol and G.Kaminski) (original) (raw)

Der Umgang mit Fremden in der Welt der Griechen: "natives", Perser, Juden

2001

Wenn im Folgenden über "Fremde" gesprochen wird, so sind diejenigen gemeint, die heute wohl als "Ausländer" bezeichnet werden. 1 Der Begriff des "Fremden" in der griechischen Welt könnte natürlich noch viel brei ter aufgefaßt werden. "Fremd" war für die Griechen einer einzelnen Polis keineswegs nur jeder Ausländer, dem man die ferne Herkunft schon an der Nasenspitze ansah, sondern auch jeder, der nicht vollberechtigt zum Bürgerverband gehörte. Ein selbstbewußter athenischer Bürger ließ nicht so leicht einen Zugereisten als wirklich angekommen gelten. Gastfreund liche Integration und Abgrenzung ergänzten sich gegenseitig; die diffe renzierten Vorschriften des athenischen Fremdenrechts können sowohl das eine wie das andere beleuchten. 2 Gerade die attische Demokratie war kein günstiger Nährboden für die Verbrüderung aller Griechen, sondern ein System, das die Besserstellung der eigenen Bürger gegenüber den Ansprüchen von Fremden energisch verteidigte. Das athenische Bürgerrechtsgesetz von 451, mit dem die Nachkommen aus Verbindungen athenischer Bürger mit Frauen ausserathenischer Herkunft ihres Bürgerrechts und damit auch ihrer demokrati schen Privilegien in Form der Alimentierung verlustig gingen, zeigt deut lich, wie wenig den "Einheimischen" daran gelegen war, die ,JFremdheit" der Fremden aufzuheben. 3 Es ist allein der Zufall der erhaltenen Überlieferung, dass wir über die Verhältnisse innerhalb Athens mehr wissen als in anderen griechischen Poleis-den Athenern, wenn sie in die Ferne verschlagen wurden, ging es nicht anders als den Fremden in Athen. Der Athener Andokides, der am Ende des V. Jahrhunderts zeitweilig als Verbannter im Ausland zu leben hatte, bemerkte dazu: "Ich habe gelernt, was es heißt, als Fremder oder als Metöike im Nachbarland zu leben." 4 War es schon für erfolgreiche und angesehene griechische Fremde selbst nach einem langen z. B. in Athen verbrachten Leben nicht möglich, 1 Die Vortragsform wurde beibehalten und um Fußnoten mit Quellenbelegen und Literaturhinweisen ergänzt.

Mobility, foreigness, and integration in Ancient Egypt/Mobilität, Fremdheit und Integration im Alten Ägypten. In: Meller et al.: Migration und Integration von der Urgeschichte bis zum Mittelalter. Halle 2017, 129-144

The nature of Egyptian mobility is revealed by iconographic, archaeological, and textual sources, as the analysis shows. Practical questions such as modes of transport and locomo- tion, navigation, and accommodation are documented, as well as information about the travellers themselves, such as their motives for setting out on a journey. Every journey implied leaving one’s private habitat, transcending bounda- ries, and encountering the foreign. Not only faraway coun- tries appeared foreign, but also places within Egypt which were unknown to the traveller. From earliest times foreigners such as Nubians, Asians, Canaanites, and Libyans are docu- mented as taking part in Egyptian society, as members of the army or as high officials. The analysis gives an overview of the different levels of integration, taking Nubians and the Hyksos as a case study.

Genau das Gleiche, nur anders. Fragen zur Bedeutung der Herkunft von Dingen im Kontext der „Großen Griechischen Kolonisation, in: V. Sossau – K. Riehle (eds.), Mistaken Identity. Identitäten als Ressourcen im zentralen Mittelmeerraum, RessurcenKulturen 19 (Tübingen 2022) 221–249.

Mistaken Identity. Identitäten als Ressourcen im zentralen Mittelmeerraum, RessurcenKulturen 19, 2022

Der archäologische Nachweis der Herkunft von Objekten spielt bei Erklärungsversuchen von Migrationsbewegungen im Rahmen der sogenannten großen griechischen Kolonisation eine bedeutende Rolle. Gerade innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte wurde häufig versucht, diese kulturellen Kontakte mittels einer Entwicklung neuer sowie der Adaption bestehender theoretischer Konzepte archäologisch greifbar und erklärbar zu machen. Als Beispiel sei etwa die Netzwerktheorie angeführt. Die Basis für derartige weiterführende Überlegungen sind archäologische Objekte, deren Herkunft zumeist über stilistische und formtypologische Kriterien bestimmt und einer Materialgruppe zugeordnet werden. Häufig fließen dabei Argumente in die Bestimmung ein, die aus der literarischen Überlieferung gewonnen werden, wodurch sich die Gefahr von Zirkelschlüssen ergibt: Denn die meisten Schriftquellen, die uns Auskunft über die Gründungen von Apoikien geben, entstanden lange Zeit nach den Migrationsbewegungen selbst. Mittlerweile haben sich die Möglichkeiten der Herkunftsbestimmungen durch archäometrische Untersuchungsmethoden stark erweitert. Auch innerhalb des Teilprojekts „Ressourcensuche als Auslöser von ‚Kolonisationsprozessen‘? Ursachenforschung zur Gründung griechischer Pflanzstädte zwischen Schwarzmeer und westlichem Mittelmeer“ des SFB 1070 RESSOURCENKULTUREN spielten Provenienzbestimmugen eine wichtige Rolle. Dabei ergaben sich teilweise überraschende Ergebnisse. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Fundmaterial in verschiedenen Zielgebieten der sogenannten großen griechischen Kolonisation brachte zudem erhebliche Unterschiede zu Tage, die einmal mehr vor verallgemeinernden Überlegungen zu diesem Phänomen warnen. Sie zeigt darüber hinaus, wie wichtig es ist, der archäologischen Basis, nämlich den Objekten selbst, größtmögliche Aufmerksamkeit zuzuwenden.