Neue und alte Marktgewichte und die Agoranomie im kaiserzeitlichen Ephesos, ÖJh 91 (2022), 253-272. (original) (raw)
In den letzten etwa dreißig Jahren hat die altertumswissenschaftliche Forschung die »immer noch am stiefmütterlichsten behandelten Objekte des instrumentum publicum im griechischen Kulturkreis«, wie Peter Weiß 2005 die städtischen Marktgewichte bezeichnete 2 , ›wiederentdeckt‹ 3. Erst in den letzten Jahren publiziert man erneut zahlreiche Gewichtsstücke, wie dies z. B. Rudolf Haensch und Peter Weiß für die Stathma aus Nikomedeia, Konrad Hitzl für die Gewichte aus Olympia oder Gerald Finkielsztejn für den Vorderen Orient vorgenommen haben 4. In diesen Kontext des wachsenden Interesses der Altertumswissenschaft gehören auch: a) das mehrbändige Werk »Corpus Ponderum Antiquorum et Islamicorum« (CPAI) von Oğuz Tekin u. a., in dem der Verfasser tausende Gewichte aus der griechisch-römischen Antike bis in die byzantinische und osmanische Zeit gesammelt und publiziert hat, die in verschiedenen archäologischen Museen in der Türkei aufbewahrt werden; und b) die seit 2016 an der Universität Louvain entwickelte »Pondera Online Database«, in die antike und byzantinische Gewichte eingetragen werden 5. 1 Auf das erste hier vorgestellte Gewicht hat mich Hans Taeuber (Wien) aufmerksam gemacht, und Thomas Corsten (Wien) hat die Erlaubnis zur Publikation erteilt. Dafür sei ihnen gedankt. Vera Hofmann und Christoph Samitz (beide Wien) danke ich für die Durchsicht früherer Versionen des Manuskripts, für wertvolle Hinweise und Anregungen. Für die Beschaffung der Bilder des ersten Gewichts und für Auskünfte über seinen Fundkontext bin ich Vera Hofmann, Elisabeth Rathmayr, Martin Steskal und Helmut Schwaiger (alle Wien) zu Dank verpflichtet. Die Bilder des zweiten Gewichts stellte mir dankenswerterweise Hazel Ozmen, die Zuständige für die Anatolian Weights and Measures Collection des Pera Müzesi in Istanbul zur Verfügung. Schließlich möchte ich noch Karin Wiedergut (Wien) für ihre Hilfe bei der Lesung des zweiten Gewichts, Dimitrios Sidiropoulos (Thessaloniki), der seine Kenntnisse und Erfahrungen bezüglich Bleisiegel mit mir teilte, und dem/der von den ÖJh bestelltem/n Gutachter/in für seine/ihre Literaturhinweise danken. Inschrifteneditionen werden nach der Liste der Abkürzungen von Editionen und Standardwerken der griechischen Epigrafik (GrEpiAbbr Version 2022) https://www.aiegl.org/grepiabbr.html (16. 3. 2022) abgekürzt. Außerdem gilt die Abkürzung SkB = Skizzenbuchblatt (im Archiv des ÖAI Wien). Die im Text fett hinterlegten Nummern beziehen sich auf die Einträge in Tabelle 1. Wenn nicht anders angegeben, sind alle Zeitangaben nach unserer Zeit (n. Chr.) aufzufassen. Damit der Text im Folgenden nicht mit einer zu großen Anzahl an Bildern belastet wird, wurden nur Abbildungen der zwei hier zu edierenden Stücke aufgenommen. Für alle weiteren wird unten entweder auf die jeweiligen Publikationen oder auf die frei zugängliche »Pondera Online Database« https://pondera.uclouvain.be/ (20. 4. 2022) hingewiesen. 2 Weiß 2005, 405. 3 Die Standardwerke und älteren (Sammlungs-)Publikationen zu den Gewichten und der Metrologie in der Antike im Allgemeinen entstanden bereits im Laufe des 19. und am Anfang des 20. Jhs. (Überblick bei Hitzl 1996, 3-5 [auf S. 6-41 ausführlicher Bericht über den Forschungsstand]; Killen 2017, 18-19). In den darauffolgenden Jahrzehnten ließ aber das Interesse der Forschung nach. Erst 2016 legte Oğuz Tekin ein neues Handbuch vor, in dem Gewichte ausgewählter griechischer Städte vor allem vor der Kaiserzeit zusammengestellt und unter Einbeziehung der metrologischen Aspekte behandelt werden. Eine ebenso rezente und grundlegende Untersuchung rechtshistorischer sowie metrologischer Aspekte der Messinstrumente publizierte Rizzi 2017 anhand des Volksbeschlusses IG II² 1013 aus dem späthellenistischen Athen.