Allokative und distributive Aspekte des Bürgerentlastungsgesetzes (original) (raw)

Distributive Gerechtigkeit

2015

In diesem Artikel wird die Entwicklung der Idee der distributiven Gerechtigkeit von ihren aristotelischen Anfängen bis in die Gegenwart nachgezeichnet. Dabei wird gegenüber dem aristotelischen Paradigma die strukturelle Neuartigkeit des modernen Verständnisses der distributiven Gerechtigkeit als einer Form der sozialen Gerechtigkeit herausgestellt. Die aristotelische Einteilung Aristoteles unterscheidet im fünften Buch der Nikomachischen Ethik (NE) zwischen der Gerechtigkeit in einem allgemeinen und in einem speziellen Sinn, wobei letztere noch einmal in die austeilende und die ausgleichende Gerechtigkeit unterteilt wird. Die Gerechtigkeit im allgemeinen Sinn besteht in der Fähigkeit und Bereitschaft zum Handeln in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Polis und wird gelegentlich auch ‚Gesetzesgerechtigkeit' genannt. ‚Gesetz' (nomos) ist bei Aristoteles in einem weiten über das Juridische hinausgehenden Sinn zu verstehen und schließt alle sozialen Regeln ein, von denen Aristoteles annimmt, dass sie in einer wohlgeordneten Polis zum tugendhaften und damit ethisch richtigen Handeln anleiten. (Vgl. NE 1129b-1130a u. Kraut 2002, Kap. 4.5) Die Gerechtigkeit im speziellen Sinn bezieht sich auf Güterverteilungen und ihr allgemeines Kriterium ist die Gleichheit. Als ungerecht gilt nach Aristoteles, wer ‚mehr haben will' und eine ‚Einstellung der Ungleichheit' hat. Gerecht handelt dagegen, wer anderen nicht um des eigenen Vorteils willen oder wegen der Lust daran, mehr zu haben als diese (pleonexia), Güter vorenthält oder entwendet, die ihm unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit nicht zustehen. (NE 1129a-1130b) Die Gerechtigkeit im speziellen Sinn unterteilt sich in die ‚austeilende' und die ‚ausgleichende' Gerechtigkeit. Erstere befasst sich mit der Güterverteilung an Bürger, letztere mit dem freiwilligen und unfreiwilligen Austausch von Gütern unter Bürgern. In den Anwendungsbereich der austeilenden Gerechtigkeit fällt bei Aristoteles die Vergabe von politischen Ämtern und Ehren, aber auch die Verteilung von Kriegsbeute, Ländereien und Tri-

Distributivgesetze und DEDEKIND'sche Schnitte

1982

The DEDEKIND-MACNEILLE completion by cuts as weil as FRINK's ideal completion are used in order to introduce distributive laws in partially ordered sets. Replacing each identity of the form x =y Y by ~x = ~ Y, where ~ Y is the least cut (i.e. the intersection of all principal ideals) containing Y, we transform the distributive law (d y) x /\ (yyz) = (x/\y) Y (x/\z) into the identity (ö y) ~x n ~{y,z} = ~(~x n n (~y u ~z», and the infinite distributive law (dy) x /\ YY = Y {X/\Y:YEY} into (öy) ~x n ~ Y = ~(~x n U {~Y:YEY}). Accordingly, we call a quasiordered set Q with cut operator ~ weakly distributive or strongly distributive, respectively, if (ö y) or (öy) are satisfied. Replacing the cut operator ~ with the ideal operator I (which associates to each subset the least ideal containing it), we arrive at the notion of ideal distributivity. Finally, we say Q is cut distributive if (ö y) holds at least for all sets Y which are finite unions of cuts. Besides various different characterizations of these distributivity concepts, we obtain the following facts: (1) Q is strongly distributive if and only if the cut completion ö(Q) satisfies the infinite distributive law (d y). (2) Q is weakly distributive if and only if the least sublattice of ö(Q) containing all principal ideals is distributive. (3) Q is cut distributive if and only if ö(Q) is distributive. (4) Q is ideal distributive if and only if the ideal completion L(Q) is distributive. Most of the results are extended from cut resp. ideal completions to arbitrary c10sure systems. Furthermore, it is shown by counterexamples that for arbitrary quasiordered sets, all four types of distributivity are distinct while in lattices, (2), (3) and (4) describe the usual distributive law (d y). 1. RICHARD DEDEKIND und die Grundlagen der Verbandstheorie Hierbei verliert zwar die Untersuchung ihr arithmetisches Gepräge fast ganz, so daß sie mathematische Kenntnisse kaum noch voraussetzt, aber zugleich treten die Gesetze und ihre Gründe deutlicher hervor, und ich darf hoffen, daß in dieser Hinsicht meine Arbeit doch noch einigen Mathematikern willkommen sein mag. (R. DEDEKIND, aber Zerlegungen von Zahlen durch ihre größten gemeinsamen Teiler. Festschrift der Technischen Digitale Bibliothek Braunschweig

Substanzielle und prozedurale Gerechtigkeit in der Verteilung von Gesundheitsgütern

Politische Vierteljahresschrift, 2011

Substantial and procedural justice in the distribution of health goods Abstract: When health care resources become scarce, their distribution turns into a prob-When health care resources become scarce, their distribution turns into a problem of distributive justice. The paper starts by addressing the question which particular properties of health care goods are relevant for their allocation before assessing whether distributional conflicts in health care can be solved by recourse to abstract principles of justice. It becomes clear that the contextualisation of abstract principles involves severe problems, while at the same time consensus on eligible principles or priority rules between them is not to be expected. What is at issue thus is the development of fair decision-making procedures in the distribution of health goods -but here, too, normative criteria of procedural justice are insufficient as long as institutional design choices are not empirically informed by the distributive consequences of specific properties of procedures and institutions.

Globale distributive Gerechtigkeit

Konturen der neuen Welt (un) ordnung, 2003

Die weltweit ungleiche Verteilung der Bedingungen für ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand ist offensichtlich, umstritten ist, ob es sich dabei um eine von Menschen zu verantwortende Ungerechtigkeit handelt. Eine unparteiische Antwort auf die Frage fällt naturgemäß nicht leicht; wer mit seinem Anteil zufrieden ist, neigt dazu, im Geschick der anderen eher ein Unglück denn eine Ungerechtigkeit zu sehen. Die politische Philosophie müsste folglich ein Sensorium für Ungerechtigkeit entwickeln, ehe sie Gerechtigkeitsprinzipien begründet (vgl. Shklar, 1992). Das ist ihr zwar allenfalls beschränkt möglich, dennoch lohnt es sich, zu prüfen, in welchem Maß Gerechtigkeitstheoretikerinnen und-theoretiker über ein entsprechendes Sensorium verfügen. Wie ein Blick auf die einschlägige Literatur zeigt, bestehen diesbezüglich markante Unterschiede. Ich werde zunächst kurz die Debatte zwischen Anhängern und Gegnern kosmopolitischer Gerechtigkeitstheorien nachzeichnen. Anhand eines knappen Überblicks über internationale wirtschaftspolitische Kontroversen der Nachkriegszeit werde ich anschließend an eine Erfahrung von Ungerechtigkeit erinnern, die in der philosophischen Debatte meist verdrängt wird. Es folgen Überlegungen zum Begriff der distributiven Gerechtigkeit. Abschließen werde ich mit einigen Fragen, die sich einer philosophischen Theorie globaler Gerechtigkeit heute stellen.

Distributive Gerechtigkeit und Wohlfahrt Zum Grundproblem einer utilitaristischen Ethik und Wohlfahrtsökonomie

Distributive Gerechtigkeit und Wohlfahrt gehören zu den wenigen Themen, bei denen sich im Laufe der Zeit eine intensive und frucht bare Zusammenarbeit zwischen Philosophie und Ökonomie entwik kelt hat. Das geistige Band bildet dabei der Utilitarismus, der, im 19. Jahrhundert von Philosophen entwickelt, heute hauptsächlich von Ökonomen seine systematische Weiterführung erfährt. Als leistungs fähiges Instrument für die Auseinandersetzung mit dem klassischen Utilitarismus hat sich dabei der umfangreiche formale Apparat der Ökonomie erwiesen, durch den viele Konzepte der Ethik in einem neuen und manchmal helleren Lichte erscheinen, wenngleich nicht verschwiegen werden darf, daß der Fortschritt zu größerer formaler Präzision seinen Preis hat: Unter der scharf zupackenden Begrifflich keit der Ökonomen fiel manches aus der philosophischen Tradition als Späne zur Seite, was zumindest auf einen zweiten Blick dem Kor pus "Gerechtigkeit und Wohlfahrt" zugerechnet werden muß. Ich möchte diesem Punkt ganz besondere Aufmerksamkeit widmen, wo bei es mir weniger darauf ankommt, Interpretationen zurechtzuriik ken, als vielmehr darauf, daß einiges, was aus dem Blickfeld geraten ist, der Diskussion wieder verfügbar gemacht wird. Distributive Gerechtigkeit und Wohlfahrt stehen in der utilitaristi schen Tradition eigentlich von Beginn an in einem eigentümlichen Spannungsverhältnis. Wenn wir, wie in der Ethik üblich, mit "gerecht im weiteren Sinne" eine Gesellschaftsordnung bezeichnen, deren Normen durch ein Prinzip der Ethik gerechtfertigt sind, dann ist dem Utilitarismus entsprechend eine Gesellschaftsordnung gerecht im wei teren Sinn, in der eine sich aus den individuellen Nutzenvorstellun gen zusammensetzende Gesamtwohlfahrt optimiert wird. Das Pro blem da.bei ist, wie der individuelle Nutzen sich bilden soll, wie er aggregiert werden kann und wie das Optimum zu bestimmen ist. Die ser Gerechtigkeitsbegriff tritt in Konkurrenz zu einem engeren, der mit dem "Hauptsatz" der Theorie der distributiven Gerechtigkeit verknüpft ist: Wird ein Mitglied einer Gesellschaft dann und nur dann bei einer Verteilung bevorzugt, wenn es qualifizierter ist als die ande ren und erhalten gleichqualifizierte Mitglieder gleiche Teile, so ist die der Verteilung zugrunde liegende Gesellschaftsordnung gerecht im engeren Sinn. Als Grundprobleme ergeben sich hier die Fragen nach 67