Das Land Israels als Mitte einer jüdischen Theologie der Tora. Synchrone und diachrone Perspektiven (original) (raw)
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Gemäß Nachmanides, einem der bedeutendsten und vielseitigsten jüdischen Gelehrten des Mittelalters, 1 scheint die Beziehung vom Menschen zu seiner Erde und das parallele Verhältnis von Israel zu seinem Land so etwas wie die Mitte der Bibel zu sein. Als Ausdruck der Nähe Gottes zum Menschen ist das Land Israel in seinen Augen bereits in der Urgeschichte das implizite Thema der Bibel. 2 Ebenso misst Moshe H. Goshen-Gottstein in einer Bemerkung über den möglichen Inhalt einer jüdischen Theologie der Bibel einer »Theology of the Land« große Bedeutung zu. 3 Wenn für eine jüdische Theologie das eigentliche Thema der Tora von Anfang an Israel und sein Land ist, dann ist die Tatsache, dass die Erzählung der Tora gerade vor der Landnahme abbricht, theologisch erklärungsbedürftig. Im Gegensatz zu dieser kanonischen Abgrenzung der biblischen Erzählung kommt im folgenden Ausspruch aus dem babylonischen Talmud eine Vorstellung von einer idealen -wenn auch hypothetischen -Einheit der Tora und des Buches Josua als ihrer natürlichen Fortsetzung zum Ausdruck: 4
Die biblische Landverheißung und der Staat Israel aus talmudischer Sicht
Biblische Landverheißung und politische Realität, 1998
Von der biblischen Landverheissung zur aktuellen Politik in Israel / Palästina Seien Sie darauf vorbereitet, dass ich einen weiten Bogen zu schlagen beabsichtige. Ich möchte bei der biblischen Landverheissung beginnen und dann mit der talmudischen Sicht der Dinge weiterfahren. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob und wie sich die Historiographie, die Beschreibung des Geschehenen, von der Bibel zum rabbinischen Schrifttum verändert hat. Im dritten Teil meines Referats werde ich einige Aspekte zur aktuellen politischen Diskussion in und um Israel / Palästina einbringen. Kein anderes Volk in der Geschichte befasste sich dermassen intensiv mit dem Land, in dem es lebte-oder auch nicht lebte-, wie es Israel tat. Ein grosser Teil der Historiographie der Bibel konzentriert sich auf das Land. Das Buch Genesis führt zur Landverheissung an die Patriarchen und ihre Nachkommen, die Geschichten des Exodus und der Wüstenwanderung sind eine Vorbereitung zur Landnahme. Die Geschichte der Eroberung beschreibt den Kampf mit den Kanaanitern um das Land. In Josua wird die Verheissung an Abraham als erfüllt betrachtet: "So gab der Ewige den Israeliten das ganze Land, wie er es ihren Vätern zugeschworen hatte [...] Nichts fiel dahin von all dem Guten, das der Ewige dem Haus Israel versprochen hatte; alles traf ein." 1 In der Periode der Richter und der Monarchie wird der graduelle Verlust des Landes beschrieben. Wegen der Verfehlungen zur Zeit der Richter konnten die Israeliten das verbleibende Land 2 nicht erobern. Viel Land wurde während der Monarchie verloren: zuerst der Verlust des nördlichen Königreichs wegen der Sünden Jerobams und Ahabs, dann der Fall Jerusalems und das Exil Judahs wegen der Sünde Menasses 3. Woher rührt dieser starke Bezug zum Thema Land? Israels Beschäftigung mit der Landfrage kann durch seine Art der Geschichtsschreibung erklärt werden. Viele antike Völker beschreiben das von ihnen bewohnte Land als Geschenk ihrer Götter an das jeweilige Volk. Anders als andere antike Völker bewahrte Israel aber die Erinnerung an die Zeit vor der Besiedelung Kanaans. Nach der Tradition kamen die Vorfahren aus dem Zweistromland, gelangten dann nach Ägypten und erst nach dem Exodus wurde das Land Israel besiedelt. Das Wohnen in Kanaan war nicht selbstverständlich; es handelte sich um einen Gnadenakt, um ein Geschenk Gottes, das der Loyalität der Vorfahren zu verdanken war 4. Nicht das göttliche Versprechen ist das Spezielle an Israels Beziehung zu seinem Land, sondern der Glaube, es sei notwendig-um das Land in Ruhe und Frieden bewohnen zu können-die Gebote Gottes zu erfüllen, der das Land geschenkt oder besser verliehen hat. Das Land darf nicht auf Dauer verkauft werden, "denn mir ist das Land, Einwohner
2011 Das synchronistische Exzerpt aus den Annalen der Könige von Israel und Juda
Vetus Testamentum, 2011
Das Rahmenwerk der Bücher der Könige beruht auf einem kombinierten Exzerpt aus den Annalen der Könige von Israel und den Annalen der Könige von Juda. Diese Quelle hat das Ziel, die Geschichte Israels und Judas nachträglich als Einheit erscheinen zu lassen. Sehr wahrscheinlich vertritt dieses offizielle Dokument den Anspruch der Könige von Juda auf die Vertretung der Gesamtheit von Juda und Israel im letzten Drittel des 7. Jahrhunderts. Aus diesem Grund, und weil die Verfasser auf das Archiv der Könige Zugriff hatten, muss es noch in der Königszeit entstanden sein. Damit eröffnet sich ein Ausweg aus der Alternative, zwischen einer vorexilischen Entstehung der Königebücher (Kuenen, Cross) und der exilischen Datierung der deuteronomistischen Redaktion (Noth, Smend) entscheiden zu müssen. Auf die Unterscheidung von Quelle und Redaktion angewendet, treffen beide Optionen zu.
Beitrag / Der judische Dialekt von Betanure (Koya 2012)
Bétanūre -nannten die Einwohner einer jüdischen Siedlung ihr Dorf, das in einem schmalen Tal des Barwari Bala Gebirges in der Provinz Dihok des heutigen Irakischen Kurdistan liegt. Der Name stammt vom Ausduck "be tanūre" ´das Haus oder der Ort des Ofens´ und wird auf eine Legende zurückgeführt, die besagt, dass ein Ofen in der Ortschaft das Leben eines adligen kurdischen Jungen rettete, der sich in einem der Öfen versteckt hatte und so einen Brand der Zitadelle in Bétanūre überlebte. Aus der Ethymologie des Ortsnamen lässt sich
Synchronie und Diachronie im Pfarramt
Arcturus. Deutschsprachiger Raum und Europäischer Nordos-ten. Blätter der Aue-Stiftung Hel-sinki für Geschichte und Kultur-kontakt. Nr. 2 (2004) 25-41, 2004
Hans-Christian Daniel Synchronic and diachronic elements in the office of a minister The cited dichotomy, well known from Saussurean linguistics, can also be applied to the work of a minister. Can he in the frame of a (synchronic) interaction understand a fellow Christian in his tribulations although the (diachronic) history of his client's experiences is unknown to him. This question is taken up from Luther's emphasis on diligently translating the pronouns. This seems to be warranted as the wish to make one's troubles and experiences understood as well as the endeavour to communicate the consolation in the faith are both dependent on the word. Moreover, the Lutheran doctrine of justification combines both diachronic and synchronic elements. God's eternal love for the sinners as well as Christ's historically unique sacrifice (in which the justification of man in his faith becomes manifest) belong to the diachronic sphere. On the other hand, by man's love for his fellow man, which is active in the faith, the Christian assumes responsibility and has the synchronic experience of a common belonging to the category of sinners justified before God. Luther insisted on what could be called pronominal analysis because he wanted that by exegetic methods man should be made feel in respect to the Scriptures as an affected partaker and not just as an objective witness. It is the dimension of pro nobis ("for us") in the history of salvation that gives it an existential and not only a historical meaning. Enhancing the faith by preaching the word bridges the gap between the diachronic character of the plan of salvation and the synchronic character of Christ's presence in the life of the Christian. By the same token both the historicity and ubiquity of Christ becomes fathomable. Luther's concept of Ministerial work is influenced by the concept of the presence of Christ as personally affecting the Christian. It must not be limited to interpreting the Gospels, but it means as well caring for man in all his needs, because as Christ is present in the life of the Christian, it is also he who suffers the sufferings in our world. As man lives in Christ by virtue of the faith, he lives in his fellow man by virtue of love. He thus transcends "upwards" to God as well as "downwards" into the world by trying "to be Christ for his fellow" man. And it is in turn Christ himself who communicates his needs in the needs of our fellow man. Thus, the minister listens to the Christian speaking about his needs as if listening to Christ himself. The client's words become as important as the words of Christ himself. The minister therefore is not called to analyse the causes of the tribulations. But his same words uttered in the intention of caring for all the needs of man flow again from this source. This prevents a hierarchical positioning of client and minister and makes their mutual communication possible as listening to the voice of Christ who is present in the faith.
2004
Die Erzahlungen des ersten Samuelbuches uber Saul und David gehoren zu den schonsten der Bibel. Zu ihrer Interpretation gibt es heute zwei hauptsachliche Vorgehensweisen: die "synchrone", die den vorliegenden Bibeltext literaturasthetisch zu erfassen sucht, und die "diachrone", die literaturhistorisch nach seiner Entstehung fragt. Die beiden Ansatze, das beweist dieser Band, schliesen einander nicht aus, sondern erganzen und befruchten sich gegenseitig. Die in dem Buch vereinten Studien gliedern sich in funf Kapitel: I. Methodische Entwurfe; II. Methodische Etuden; III. Davids Anfange bei Saul (1Sam 17–19); IV. Die Konfrontation zwischen David und Saul (1Sam 24–26); V. David als Erbe Sauls (1Sam 28 – 2Sam 1). In der grundsatzlichen methodischen Reflexion wie in den konkreten exemplarischen Textanalysen spiegelt sich der gegenwartige Stand der Diskussion um das Verstandnis und die Auslegung biblischer Erzahltexte. Die siebzehn Autorinnen und Autoren des Bandes sin...
Protokolle zur Bibel, 2016
Ps 104 und der große Sonnenhymnus des ägyptischen Königs Achnjati stellen seit jeher ein vielzitiertes Beispiel ägyptischen Einflusses auf das Alte Testament dar. Die Probleme, die sich ergeben, wenn man Texte miteinander in Beziehung zu setzen versucht, welche 600-800 Jahre oder noch weiter auseinanderliegen, werden dabei häufig ignoriert oder mit Ratlosigkeit behandelt. Eine Untersuchung der ägyptischen Hymnenliteratur aus der Zeit nach dem Neuen Reich ergibt jedoch ein motivgeschichtliches Kontinuum bis weit in die Spätzeit und die hellenistisch-römische Periode Ägyptens hinein, das eine wesentlich breitere Basis für einen Vergleich mit einzelnen Psalmen und weiteren alttestamentlichen Texten bietet. Alle Motive der Schöpfungspsalmen (v.a. Ps 104), die angeblich ihre Vorbilder nur in der Theologie der Amarnazeit haben können, lassen sich problemlos in zahlreichen kultischen und funerären Texten späterer Epochen nachweisen.
Die Bedeutung des Landes Israel in den jüdischen Schriften der hellenistisch-römischen Zeit
Welche Rolle spielt das Thema »Land«l in den jüdischen 2 Schriften der hellenistisch-römischen Zeit? Das ist die Frage, die im Folgenden aufgenommen wird. Dazu ist den Wandlungen des Themas »Land« sowohl hinsichtlich seiner Relevanz als auch seines konkreten Bezugs nachzugehen. Im Alten Testament 3 spielt das Land bekanntlich eine herausragende Rolle. Das zeigt sich zum einen in der Fülle der Texte, die das Land betreffen; man denke an die Texte zu Landverheißungen, Landnahme, Landverteilung und auch zum Verlust des Landes, zur Wegführung aus dem Land und Rückkehr dorthin. Zum anderen gibt es eine besondere, historisch und theologisch geprägte Beziehung zum Land, die mit der Trias »Gott -Volk -Land« zusammengefasst werden kann 4 . Doch wie gingen Juden mit diesem Erbe 1 Im Folgenden bezieht sich »Land«, wenn nicht anders erwähnt, immer auf das, was gemeinhin »Land Israel/Palästina« genannt wird. Diese Bezeichnungen wiederum sind ungenaue Wiedergaben einer Größe, deren politische und ideologische Grenzen wechselten und für deren Territorium es umgekehrt in unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Perspektiven heraus viele Benennungen gab. 2 Das, was wir jetzt als »Judentum/jüdisch« beschreiben, gehörte für das damalige Verständnis zum z&VOC; -Begriff; für Religion gab es keinen Oberbegriff; vgl. dazu detailliert S. Mason, Jews, Judaeans, Judaizing, Judaism. Problems of Categorization in Ancient History, in: JSJ 38 ,457-512. 3 Der Terminus »Altes Testament« ist bekanntlich nicht unproblematisch, aber das sind die Alternativen »Erstes Testament«, »Alter/Erster Bund« oder »die Schriften des Ersten Bundes« auch nicht. Der Terminus »Hebräische Bibel« träfe in diesem Aufsatz nicht immer zu, weil ich mich -wie man es auch in der untersuchten Zeit zu tun pflegte -meistens auf die LXX beziehe. »Jüdische Bibel« wäre zum Teil angemessen, doch diese Bibel war später gleichzeitig die Bibel der Christen, und der Begriff sollte für diese Zeit aus heuristischen Gründen nicht angewandt werden. Darum benutze ich den von meiner Tradition vorgegebenen Begriff »Altes Testament«, ohne dabei das Alte Testament gegenüber dem Neuen oder Juden gegenüber Christen disqualifizieren zu wollen. 4 Forscher wie William D. Davies und Walter Brueggemann betrachten »Land« sogar als das Hauptthema des Alten Testaments; vgl. W.D. Davies, The Gospel Jahrbuch für biblische Theologie 23 (2008), 73-99 ]. Cornelis de Vos Die Bedeutung des Landes Israel in den jüdischen Schriften ...
By naming Micah and citing Mi 3:12 the book of Jeremiah (Jer 26:18) provides an explicit example of the reception of older prophetic texts and traditions in later compositions. In addition, Jer 26:18f. also offer a historical setting for Micah’s message, namely the time of Hezekiah and most probably the events of 701 BCE. The paper will argue that the literary history of the book of Micah substantiates the assumption of an early Micah collection originating from late 8th century BCE. It will discuss the extent, composition, and pragmatics of the composition which comprises Mi *1:5-3:12. Focussing on the situation of the eminent Assyrian threat, Micah uses the the fate of Samaria as a rhetorical device in order to persuade his Judean adressees of his message. In doing so, Micah not only displays a familiarity with North Israelite prophetic traditions, the book also adopts compositional elements and rhetorical strategies found especially in the Book of Amos.
Sacra Scripta, 2007
This article focuses on the relation between two scenes from the complex of Elijah-narratives in 1Kgs 17–18, known as the “story of the draught”: 1Kgs 17,17-24, which refers to the resurrection of a widow’s boy, performed by the prophet, and the well-known gods-contest on Mount Carmel (1Kgs 18,20-40). The structural analysis emphasizes the numerous elements these two scenes have in common. Moreover, both episodes share the theme of the ‘knowledge of Jahwe’ and the failing of the draught. Thus we can assert that the resurrection scene (17,17-24) functions as a bridge in the story of the draught, and as a prelude to the combat on Mount Carmel: what Israel will confess in 18,39 is anticipated by the widow’s confession in 17,24. The relation between the two scenes and the function of 1Kgs 17,17-24 indicate the probability of their literary dependence. It appears that the resurrection scene was introduced in its present place during a pre-deuteronomistic stage of redaction of the story of the draught.