Vorwort zur 11. Auflage (original) (raw)
2020, Geschichte der deutschen Sprache
Seit dem Erscheinen der 10. Auflage im Jahre 2009 sind nicht nur mehrere Sprachgeschichten erschienen, sondern auch eine Reihe von Publikationen, die ihren Gegenstand in der ‚historischen Sprachwissenschaft' bzw. der ‚historischen Linguistik' sehen. Und es hat den Anschein, dass diese neuere Tendenz die Sprachgeschichte ablösen will. Es schien mir daher nützlich zu sein, sich einmal mit ‚Sprachgeschichte' und ‚historischer Linguistik' als konkurrierendenen Konzepten auseinanderzusetzen. Deshalb wurde die Einführung völlig neu geschrieben, wobei einige Passagen immer noch aus der Feder von Peter von Polenz stammen, d. h. aus früheren Auflagen übernommen worden sind, ohne dass ich sie eigens gekennzeichnet habe. Daneben habe ich den ganzen Text aufs Neue durchgesehen, orthographische Fehler, die zu einem großen Teil aus der Technik der Retrodigitalisierung resultieren, beseitigt. An zahlreichen Stellen habe ich neue Forschungsliteratur eingearbeitet und deutlicher als bisher zu bestimmten Meinungen und Äußerungen Stellung genommen. Die Abschnitte über die deutsche Sprache seit 1945 wurden weitgehend neu geschrieben, die Darstellung bis in die jüngste Vergangenheit fortgeführt. Für wertvolle Anregungen danke ich nicht nur den Rezensenten/innen der 10. Auflage, sondern vor allem Elisabeth Kempf, Annika Goldenbaum und Rainer Rutz, die das Manuskript ausführlich lektoriert haben. Zwei grundsätzliche Probleme haben sich bei der 11. Auflage noch deutlicher als früher gezeigt:-Die 9. Auflage der Polenz'schen Sprachgeschichte ist im Jahre 1978 erschienen. Die Forschung ist auch im Bereich der historischen Sprachwissenschaft und der Sprachgeschichte weiter gegangen. Dennoch sind die meisten Literaturhinweise im Text stehengeblieben, dies aus zwei Gründen: Einerseits wurden zahlreiche Forschungsfragen in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr so einlässlich gestellt wie etwa in den 60er und 70er Jahres des letzten Jahrhunderts. Andererseits halte ich es für eine fundamentale Aufgabe der Wissenschaft, das bereit zu halten, was wir schon wissen können. Und das ist nicht wenig. Das sollen diese Literaturhinweise dokumentieren.-Nicht nur die Forschung ist weiter gegangen, sondern die Sprache, vor allem der öffentliche Sprachgebrauch hat sich seit den späten 70er Jahren weiterentwickelt. Dies manifestiert sich sowohl in objektsprachlichen Beispielen, die heute kaum noch so wie damals verwendet werden (etwa dolle Masche oder heiße Musik), als auch in metasprachlichen Bezeichnungen, die heute oft negativ konnotiert sind (z. B. Überfremdung, undeutsch, entartet). In beiden Fällen wurde behutsam modernisiert. Ich danke Rainer Rutz, dass er mich besonders auf diese Problematik hingewiesen hat.