Sich verbiegen lassen oder aufrecht gehen? Zur Psychopathologie arbeitsbedingter psychischer Erkrankungen (original) (raw)

Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt

Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt

Die Reihe »Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung« bietet einem breiten Leserkreis wissenschaftliche Expertise aus Forschungsprojekten, die die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat. Die Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs-und Studienförderungswerk des DGB. Die Bände erscheinen in den drei Bereichen »Arbeit, Beschäftigung, Bildung«, »Transformationen im Wohlfahrtsstaat« und »Mitbestimmung und wirtschaftlicher Wandel«. »Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung« bei transcript führt mit fortlaufender Zählung die bislang bei der edition sigma unter gleichem Namen erschienene Reihe weiter.

Psychisch belastende Arbeitssituationen und Erkrankungen - die Frage der Kausalität

Arbeits und Industriesoziologische Studien (AIS), 2021

Psychische Erkrankungen gewinnen eine große Bedeutung in den Betrieben. Umstritten ist hierbei die Rolle der Arbeitsbedingungen. Der Beitrag präsentiert verschiedene psychisch belastende Arbeitssituationen, die in einem qualitativen, auf Basis narrativer Interviews in einem Längsschnittdesign angelegten Forschungsprojekt identifiziert werden konnten. Anhand zweier Fallbeispiele wird das Zusammenspiel belastender Arbeitsbedingungen und individueller Vulnerabilität in verschiedenen Arbeitssituationen dargestellt. Vor diesem Hintergrund wird die Frage der Kausalität erörtert. Sie ist betriebspolitisch umstritten, da sie Verantwortlichkeiten thematisiert. Zugleich ist sie auch für eine kritische Soziologie relevant. Es wird die These vertreten, dass die Soziologie trotz richtiger sozialkonstruktivistischer Einsichten nicht auf kausale Argumente verzichten darf, will sie nicht ihre Bedeutung in betriebspolitischen und anderen sozialen Auseinandersetzungen verlieren. Der Beitrag schlägt e...

Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt Detachment

2016

Fragestellung und Ziele In den letzten Jahren wurde das mentale Abschalten von der Arbeit während der Ruhezeit als bedeutende Kenngröße für die individuelle Erholung ermittelt. Ziel dieser Metaanalyse mit k = 73 unabhängigen Beschäftigtenstichproben (N = 30.236; k = 71 peer-reviewte englischsprachige Publikationen; Zeitraum: 1998-2014) sowie einer Auswertung von k = 11 Sekundärstudien war es zu klären, inwiefern das Abschalten von der Arbeit mit Beanspruchungsfolgen (Gesundheit, Befinden, Motivation, Leistung) in Verbindung steht. Darüber hinaus wurde untersucht, welche Zusammenhänge zu potenziellen Antezedenzien (Arbeitsanforderungen und-ressourcen, Ausführen von Arbeitstätigkeiten während der Ruhezeit, individuelle Merkmale) bestehen. Definition und Operationalisierung Der Faktor Abschalten von der Arbeit (detachment from work, psychological detachment) schließt sowohl die physische, als auch die mentale Distanzierung von der Arbeit ein. Das Detachment stellt dabei nicht nur einen möglichen Bedingungsfaktor für Gesundheit, Wohlbefinden und Leistung dar, sondern ist selbst auch eine mögliche Beanspruchungsfolge von Arbeitsbedingungsfaktoren. Der Begriff wird in der Literatur recht unterschiedlich behandelt. So variieren in der arbeitspsychologischen Konzeptualisierung der Zeithorizont (vergangenheits-, gegenwarts-und zukunftsorientiert), die Dimensionalität (als das ‚mentale Beschäftigen mit der Arbeit-' vs. das ‚Loslösen von der Arbeit') und die Valenz (negativ, neutral, positiv) arbeitsbezogener Gedanken. In der vorliegenden Arbeit greifen wir diese Konstruktfacetten auf, beschränken uns aber auf Erfassungszeiträume während der Ruhezeit, also zwischen zwei Arbeitstagen/Arbeitsschichten. Wir operationalisieren hier das mentale Abschalten von der Arbeit als eigenständige Prozessvariable für die Beziehung zwischen Arbeitsbedingungsfaktoren und kurz-bis langfristigen Beanspruchungsfolgen. Das gedankliche Beschäftigen mit belastenden Inhalten ist aber auch Merkmal verschiedener weiterer allgemeiner (z. B. Rumination, Worry, negative Affektivität/Neurotizismus) und arbeitsspezifischer (z. B. Workaholism, Overcommitment, Erholungsunfähigkeit) Persönlichkeitskonstrukte. Diese Annahmen haben wir hier aufgegriffen und berichten die eigenständigen Varianzanteile des exzessiven Arbeitsengagements, des Job Involvements und der negativen Affektivität/Neurotizismus am Detachment. Messmethodik Das Abschalten von der Arbeit wird ausschließlich fragebogenbasiert, meist mit dem Recovery Experience Questionnaire von Sonnentag und Fritz (2007; 54 Prozent aller kodierten Studien) erfasst. Messgenauigkeit Die internen Konsistenzen der genutzten Skalen lagen im Durchschnitt bei αs > ,80. Die Messgenauigkeit der untersuchten Antezedenzien und Folgen des Zielkonstrukts kann insgesamt als ausreichend bewertet werden (alle mittleren αs > ,70). Bis auf die Ermittlung physiologischer Korrelate (z. B. Blutdruck, Speichelcortisol) überwog die Erhebung als Selbstbericht. Für eine Validitätseinschränkung unserer Ergebnisse durch Publikationsverzerrungen fanden sich keine Hinweise. Stichprobenbeschreibung Das mittlere Alter der Untersuchungsteilnehmer betrug 39,4 Jahre, das Geschlechterverhältnis in den Studien war im Durchschnitt ausgeglichen. Der Großteil der integrierten Befunde entstammt europäischen Stichproben. Die Studien wurden überwiegend als Querschnittserhebungen bzw. als Tagebuchstudien durchgeführt.

Arbeitsplätze sind Beziehungsplätze – Suizidalität im Unternehmen

essentials, 2019

Suizide in Unternehmen und Organisationen sind ein Tabuthema, das bislang kaum untersucht wurde. Dabei sind Suizide im arbeitsnahen Umfeld keine Seltenheit: Adolf Merckle (1934–2009) lies sich von einem Zug uberrollen, nachdem sein Grosunternehmen in Folge der Finanzkrise des Jahres 2008 in Liquiditatsnote geraten war. Pierre Wauthier (1962–2013), Finanzchef des Ruckversicherers Zurich, brachte sich um, weil er unter den aggressiven Umgangsformen im Unternehmen litt.

Psychische Arbeitsbelastungen in Deutschland: Schwerpunkte - Trends - betriebliche Umgangsweisen

WSI-Mitteilungen, 2010

An medialer Aufmerksamkeit für das Thema psychischer Arbeitsbelastungen hat es in der jüngeren Vergangenheit nicht gemangelt. Wenn etwa über die Zunahme psychischer Störungen berichtet wird, kommen vielfach auch Phänomene der modernen Arbeitswelt zur Sprache, seien es wachsender Leistungsdruck, gestiegene Flexibilitätsanforderungen und erhöhte Verantwortungslast, oder sei es die um sich greifende Unsicherheit der beruflichen Stellung und Perspektive. In der Tat existiert inzwischen eine Fülle von wissenschaftlichen Belegen für die-psychischen wie körperlichen-Gesundheitsrisiken, die mit solchen Arbeitsbedingungen verbunden sind. Hinweise auf deren Verbreitung und Entwicklungstendenz liefern großangelegte repräsentative Beschäftigtenbefragungen. menhänge haben theoretische Modelle mit langer Forschungstradition, so das Demand-Control-Support-Modell von Kara sek/Theorell (1990) oder das Modell beruflicher Gratifikationskrisen von Siegrist (1996), einen wichtigen Beitrag geleistet. Danach hängt das "Risikopotenzial" hoher Arbeitsanforderungen auch von uwe Lenhardt, Dr., wissenschaftlicher Mit arbeiter an der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Arbeitsschwerpunkt: Strategiefragen des Arbeitsschutzes und der Arbeitsschutzforschung.