Natur oder Arbeit? Dilemmata und Perspektiven gewerkschaftlicher Umweltpolitik, (original) (raw)
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WZB Mitteilungen, 2021
Im Konfliktfeld Arbeit und Ökologie wurde den besonderen Perspektiven gewerkschaftlicher Akteure bislang unzureichend Beachtung geschenkt. In der IG Metall spielt der Wert der Industrie auch kulturell eine wesentliche Rolle, der in der klimapolitischen Debatte hervorgehoben werden sollte. Darüber hinaus findet in der industriellen Arbeit ein wesentlicher Stoffwechsel zwischen Gesellschaft und Natur statt, der auch für umweltpolitische Gestaltung viel Potenzial bietet. Um Hindernisse für eine sozial-ökologische Transformation aus dem Weg zu räumen, sind kulturelle und politische Differenzlinien zwischen ökologischen Milieus und der Arbeiter_innenschaft zu berücksichtigten.
Jobs kontra Umwelt? Gewerkschaften als Brückenbauer für eine sozial-ökologische Transformation
Gute Arbeit Ausgabe 2018. Ökologie der Arbeit - Impulse zum nachhaltigen Umbau., 2017
"Tut einer Gewerkschaft die Integration ökologischer Fragen in ihre Politik gut oder sorgt dies letztlich nur dafür, dass Beschäftigte sich angesichts ihrer bedrohten Arbeitsplätze verärgert von ihr abwenden? In Anbetracht drohender Standortverlagerungen, prekärer Beschäftigung und tarifpolitischer Fragmentierung heißt es in gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen oft, es gäbe in den Gewerkschaften für Diskussionen um eine ökologisch sinnvolle Produktions- und Lebensweise keinen Raum. Ist es überhaupt vorstellbar, dass eine breite gewerkschaftliche Anhängerschaft sich mit dem politischen Ziel einer ökologisch verträglicheren Lebensweise identifiziert? Häufig wird angenommen, Facharbeiter_innen und erst recht prekär Beschäftigte empfänden Umweltfragen als Luxusfragen. Dies sei doch eher das Privileg von Leuten, die sich durch ihr vergleichsweise hohes Einkommen und – mehr noch – durch höhere Bildungsgrade ein gutes moralisches Gewissen im Bioladen erkauften. Oder anders ausgedrückt: Lohn- und Arbeitsplatzfragen seien etwas für die gewerkschaftlich orientierten Facharbeiter, Ökologie sei etwas für die besserverdienenden oder gebildeten Mittelschichten. Immerhin haben aber doch die Gewerkschaften sogar schon in den 1970er Jahren gesellschaftspolitische Themen, auch Fragen der Ökologie und Nachhaltigkeit, ernsthaft diskutiert, so auch die IG Metall, von der hier im Besonderen die Rede ist. Aber diese Debatten verschwanden dann auch immer wieder aus dem Tableau der gewerkschaftlichen Tagespolitik."
Gewerkschaften spielen bislang in der Debatte um eine sozial-ökologische Transformation kaum eine Rolle. Der Beitrag skizziert neben den Gründen dafür zentrale Beiträge und Anknüpfungspunkte, die am Rande der wissenschaftlichen und gewerkschafltichen Debatten darüber geführt werden. Zudem wird der Frage nachgegangen, welche Rolle Gewerkschaften in der Formulierung von Transformationsszenarien einnehmen können und inwiefern das Konzept einer " solidarischen Lebensweise" ein Einsatzpunkt für gewerkschaftliche Politik darstellt. Zentral erscheint hierbei die Notwendigkeit, dass Gewerkschaften sozial-ökologische Politik jenseits des Korridors "ökologischer Modernisierung" formulieren und jene Widersprüche anerkennen und politisieren, die bislang eine weitergehende Perspektive blockieren: Die dominante Rahmung der ökologischen Krise als weitgehend losgelöst von gesellschaftlichen Ursachen und Konflikten, die Tendenz der Individualisierung umweltpolitischer Verantwortung sowie die Ausblendung der konkreten Arbeitsverhältnisse und ihre Einbettung in die "imperiale Produktions-und Lebensweise". Gewerkschaften im globalen Norden stehen hierbei vor einem Dilemma, da die Integration breiter Bevölkerungsschichten in die " imperiale Lebensweise " historisch betrachtet eine Verbesserung des Lebensstandards darstellt, deren negative Auswirkungen auf die Umwelt und deren, global betrachtete, Nicht-Verallgemeinerbarkeit sind jedoch die Kehrseite dieser Medaille. Vor diesem Hintergrund stellt sich einmal mehr die Frage nach " einem guten Leben für alle " und inwiefern Gewerkschaften diese auf eine sozial und ökologisch solidarische Weise beantworten können.
2022
Die einen setzen sich für die Umwelt ein, die anderen vor allem für ihre Mitglieder - zwischen umweltpolitischen Akteuren und Gewerkschaften kriselt es. Gewerkschaften werden beschuldigt, die Bewältigung ökologischer Probleme nicht systematisch in ihre Politik zu integrieren und für Arbeitsplätze in umweltschädigenden Branchen zu kämpfen. Ökologisch motivierten Akteuren wiederum wird unterstellt, dass sie in ihren politischen Forderungen nur wenig Rücksicht auf die Interessen von Beschäftigten nähmen. Zugleich öffnen sich die Akteure zunehmend den Fragen des jeweils anderen, die sie nicht ausschließlich als ihr Kerninteresse betrachten. Am Beispiel der IG Metall nimmt Jana Flemming Gewerkschaften an der Schnittstelle von sozialen und ökologischen Themen genauer in den Blick und leistet so einen Beitrag zur Vermittlung der unterschiedlichen Interessen von umwelt- und gewerkschaftspolitischen Akteuren.
Nachhaltig Werte schaffen? Arbeit und Technik in der sozial-ökologischen Transformation, 2022
In Konflikten um Arbeit und Natur werden gewerkschaftliche Perspektiven häufig vernachlässigt oder ihre Positionen kritisiert. Mitunter beschuldigen umweltpolitisch motivierte Akteure Gewerkschaften, ökologische Fragen nicht angemessen in ihre Agenda zu integrieren und damit globale sozial-ökologische Ungleichheiten zu zementieren. Es wird als politisch unverantwortlich angesehen, dass Gewerkschaften für den Erhalt von Industrien kämpfen, die einen massiven Einfluss auf den Klimawandel und andere Modi ökologischer Zerstörung haben. Die IG Metall ist als Industriegewerkschaft sowohl daran interessiert, dass in ihren Organisationsbereichen die Entwicklung von Technik und Technologien vorangetrieben werden, als auch, Fragen ökologischer Nachhaltigkeit offensiv zu bearbeiten (vgl. unter anderem IG Metall Vorstand 2019). Die Ziele technischen Fortschritts mit ökologischen Werten zu vereinbaren, wird in der Politik der Gewerkschaft insbesondere in der Automobilindustrie virulent, berührt aber auch die für die Gewerkschaft historisch und kulturell bedeutsame Stahlindustrie. Wie im Folgenden ausgeführt wird, sind beide Branchen von hoher organisationspolitischer Bedeutung für die Gewerkschaft selbst, aber auch für die Gestaltung ihrer Umweltpolitik. Wie Gewerkschafter_innen technische Entwicklung vor dem Hintergrund umweltpolitischer Ansprüche betrachten, wird in diesem Beitrag vor dem Hintergrund einer Analyse der politisch-kulturellen Orientierungen unter gewerkschaftlichen Akteuren im sozial-ökologischen Feld untersucht.
jlo,i+ ,....,,.;J:1;il Li iiffi+,+; " W ir haben inzwischen verinnerlicht, was noch Marx zur ratiornlen Erkenntnis machte." Manon Maren-Grisebach Nach dem vorherrschenden Selbstverständnis handelt es sich bei den GRÜNEN nicht um eine Partei, die begrenzte Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen und ausgrenzbare Probleme im politisch-parlamentarischen Feld vertritt, an der Macht partizipiert und für ihr Klientel so viel wie möglich herausholt. Angesichts