Die spanische Aufklärung in Deutschland (original) (raw)

2005, Göttinger Bibliotheksschriften

Die Erforschung der deutsch-spanischen Beziehungen im 18. Jahrhundert hat lange unter zwei Vorurteilen gelitten. Zum einen nahm man an, dass sich die Entwicklungen in Spanien grundlegend von jenen in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Frankreich und England, unterschieden hätten. Spanien wurde, gerade auch von interessierten Kreisen in Spanien selbst, zu einem Bollwerk der Tradition und des Katholizismus stilisiert. Dieses Bild hat nie gestimmt, und schon im 18. Jahrhundert gab es heftige Proteste gegen eine solch verzerrte Darstellung. Die Historiographie der letzten Jahrzehnte hat in zahlreichen Studien zeigen können, wie viele Parallelen und Verzahnungen es zwischen Spanien und seinen nördlichen Nachbarn gab. Das zweite Vorurteil betrifft die Art der Beziehungen. Lange Zeit studierte man diese, so als ob es sich bei zwei Ländern um isolierte Blöcke handele, deren Dynamik sich in erster Linie aus ihrer nationalen Verfasstheit und den sich daraus ergebenden Unterschieden, Konflikten und Kontakten erklären ließe. Die nationalgeschichtliche Perspektive dominierte in der Geschichtswissenschaft ebenso wie in der Literaturwissenschaft. Eine solche Sichtweise wird nun zunehmend überwunden. In der Literaturwissenschaft verblasst das Paradigma der Nationalliteraturen, und man betont die Hybridität, Trans-und Internationalität. Ein ähnlicher Perspektivenwechsel ist in der Geschichtswissenschaft zu beobachten, in der zunehmend Prozesse der Verflechtung und Verkreuzung analysiert werden, welche die nationalen Grenzen überschreiten, wodurch die Nation als analytische Kategorie an Bedeutung verliert. Für die Beschäftigung mit den deutsch-spanischen Beziehungen im 18. Jahrhundert haben diese Paradigmenwechsel erhebliche Konsequenzen. Denn wer mit wem Kontakt hatte, und wer durch wen wie beeinflusst wurde, ist keineswegs eindeutig geklärt und vermutlich auch nicht zu klären. Schließlich verliefen die wichtigsten Trennlinien häufig nicht zwischen Deutschen und Spaniern, sondern innerhalb des eigenen Landes zwischen den verschiedenen politischen und weltanschaulichen Strömungen. Ein einheitliches Spanienbild konnte es weder in Deutschland noch in Spanien geben. Ein Spanier und ein Deutscher, die ähnliche politische Vorstellungen vertraten, waren sich in ihrer Beurteilung der spanischen Entwicklungen vermutlich näher als zwei Spanier aus feindlichen politischen Lagern. Gut erforscht ist vor allem das sich im 18. Jahrhundert entwickelnde Spanienbild der Romantik, in dem Spanien als der Hort des Urwüchsigen und Unverfälschten imaginiert wurde. Dieses romantische Spanienbild nahm Spanien ernst, aber Die besten deutschsprachigen Überblicksdarstellungen zur spanischen Geschichte sind: