Diskurs und Erfahrung oder: Wie machen Sinne Sinn? (original) (raw)
Related papers
Erfahrung, Diskurs und kollektives Handeln
Erfahrung, Diskurs und kollektives Handeln. Neue Forschungsparadigmen in der Geschichte der Arbeiterinnen und Arbeiter, traverse 2000/2, ”Arbeitergeschiche” Update 2000, S. 47-68., 2000
»Erleben«, das zur Sprache kommt
Journal für Psychologie, 2021
Der vorliegende Text geht davon aus, dass ein großer Teil des Forschungsmaterials der Psychologie auf Daten basiert, die aus der Perspektive der zweiten Person gewonnen sind, das heißt aus der Interaktion zweier oder mehrerer Personen resultieren. Dies wird in Bezug auf die Introspektion anhand von zwei Herangehensweisen thematisiert, die jeweils für sich in Anspruch nehmen, Erleben in einem wissenschaftlich kontrollierten Setting zur Sprache zu bringen. Am Beispiel der Würzburger Schule wird zunächst gezeigt, dass der Prozess des Protokollierens durch den Versuchsleiter in einem dialogischen Aushandeln von Bedeutungen mit der Versuchsperson besteht. Dem methodischen Vorgehen der Würzburger Schule wird hiernach das Setting der Mikrophänomenologie gegenübergestellt. Anders als in der Bühler’schen Denkpsychologie wird hier nicht die Erinnerung an vergangenes Erleben, sondern – dem Anspruch nach – aktuelles bzw. aktualisiertes Erleben untersucht.
Parfümgeschichten – Über die Sprachlosigkeit sinnlicher Erfahrungen
Ein Blick auf die alltägliche Praxis des sich Parfümierens deckt dessen Selbstverständlichkeit und Banalität auf. Die Banalität der Anwendung und die alles anderen als individualistischen oder subjektiven Bedeutungszuschreibungen enthüllen Selbstverständliches. Im westlichen Kul- turkreis werden körperliche Ausdünstungen seit Jahrzehnten reduziert und eliminiert, während der gezielte Einsatz von kommerziellen Duftstoffen die Persönlichkeit hervorheben soll. Die in- dividualisierten Erwartungen äussern sich in einem unerschöpflichen Angebot an Düften. Das Parfüm(ieren) weist auf Aspekte einer sich repetierenden Kulturgeschichte hin und transfor- miert dabei Alltägliches in einen historischen Kontext. Legitimiert wird die Relevanz des Par- füms mit der neurologischen Funktion der Nase, verbalisiert wird die sinnliche Erfahrung des Riechens dagegen kaum. Die kulturhistorischen Zuschreibungen und deren kommerzialisierten Fortschreibungen finden keine Entsprechung in der alltäglichen Lebenswelt, vielmehr kommt es zu einer performativen Überhöhung der Bedeutungszuschreibung des Parfüm(ierens)s.
Wahrnehmen von Sinn vor jeder sprachlichen oder gedanklichen Fassung? Frage an Ernst Cassirer
Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed Journal, Peer reviewed by Lambert Wiesing (Friedrich-Schiller-Universität, Germany): https://www.kunstgeschichte-ejournal.net/56, 2008
How do we understand pictures? Comparable to the perception of the world, as Cassirer´s philosophy opens up, also the picture is not initially recognized by linguistic and conceptual but affective awareness of the beholder. An approach as the study will show, which was persecuted in art theory and philosophy of arts in different ways and which could be made fruitful for future analysis. - / - Wie verstehen wir Bilder? Vergleichbar der Wahrnehmung von Welt, so eröffnet Cassirers Philosophie, wird auch das Bild zunächst nicht über sprachliche und begriffliche Bewusstseinsleistungen erfasst, sondern affektive. Ein Ansatz, der, wie die Untersuchung aufzeigen soll, in Kunstwissenschaft und Philosophie in unterschiedlicher Weise verfolgt wurde und für künftige Analysen fruchtbar gemacht werden kann.
Sinn und Nicht Sinn. Das Verstehen des Menschen
ORDO, 2013
Sinn und Nicht Sinn. Das Verstehen des Menschen Anmerkungen zu dem gleichnamigen Buch von Emil Angehrn Wenn sich einer der Meister phänomenologischer Hermeneutik daran macht, unter Rückgriff auf manche seiner viel beachteten Fachbeiträge eine umfassende Monographie für seine Hausdisziplin vorzulegen, so darf man getrost ein Feuerwerk philosophisch systematischer Reflexion und wortgewandter Spekulation auf höchstem Niveau erwarten. Wer darauf setzt, wird mit der Lektüre des hier vorgestellten Bandes nicht enttäuscht. Negative Ökonomie ist kein Außenseiter in wirtschaftswissenschaftlichen Fachdiskursen. Systeme negativer Theologie haben inzwischen erheblichen Rechtfertigungsdruck für ihre affirmativen Konkurrenten aufgebaut. Negative Philosophie hat sich demgegenüber schon lange als Mainstream hermeneutischer Spekulation etabliert. Ob Hegel, Heidegger, Husserl, Schelling, Scheler und Ricoer, ob Merleau-Ponty, Bernhard Waldenfels, Gehlen, Derrida, Dilthey oder Lévinas, die hermeneutischen Gerüste all dieser Denkergrößen stehen nach Angehrn Pate für eine solche Akzentuierung und werden in diesem Buch entsprechend ebenso sauber wie kompakt vorgestellt, um damit eine Gesamtschau auf die Grundlagen eines phänomenologischen Verstehens im Sinne der "Idee einer negativen Hermeneutik des Selbst" (S. 5) vorzulegen. Gerade in der Frage nach der Konstituierung von Sinn darf dabei eine kritische Auseinandersetzung mit Niklas Luhmanns Systemtheorie ebenso wenig fehlen wie in der Standortbestimmung der Sprache und des Logos Anlehnungen an Hans-Georg Gadamer und die Diskursethik von Jürgen Habermas. Naturgemäß erfordert die Lektüre eines solchen Handbuches hohe Konzentration. Dann kann der Einstieg in eines der auch heute noch wohl faszinierendsten philosophischen Gedankengebäude gelingen. Sechzehn aufeinander aufbauende Kapitel sind drei Teilen zugeordnet. Dabei nimmt unter dem Titel "Der Raum des Verstehens" die Vorstellung der Methoden (Kapitel 2-8) einen besonders breiten Platz ein. Hier werden die Semantik von Sinn und Sinnbildung wie der Verstehensakt, seine Weisen und die Bedeutung der Sprache dafür diskutiert. Im zweiten Teil finden sich in einer methodologischen Dialektik die ‚Grenzen des Verstehens' (Kapitel 9-13) ausgelotet. Das jeweils Andere des Sinns und des Verstehens werden nach ihrer Bedeutung für eine negativistische Hermeneutik befragt. Der abschließende dritte Teil stellt "Das Verstehen des Menschen" in den Mittelpunkt und ist programmatisch als ein nunmehr fundiertes Plädoyer für einen entsprechenden hermeneutischen Horizont konzipiert, der zugleich in der Frage nach dem, was der Mensch sei, eine negativistische Verfassung des Verstehens öffnet für eine auch affirmative Seite. Das grundsätzliche Bekenntnis aber steht am Anfang. Negativistisches Verstehen "verweist auf eine existenzielle Auseinandersetzung mit dem Negativen und wirft die Frage auf, wieweit die Widerständigkeit des Negativen nicht nur eine letzte Herausforderung, sondern einen innersten Kern des Verstehens und Verstehenwollens ausmacht" (S. 5). Wenn damit aus dem Nicht-Sinn auf Sinn geschlossen werden soll, so wird bei allem Bekenntnis zur Metaphysik (Heidegger 1976, S. 321) zugleich eine metaphysische Wesensbestimmung von einem Sein des Menschen kategorisch durch eine Wesenserkenntnis im negativen Vollzug des Fragens ersetzt. Ausgehend von den Thesen der Nichtkonstruierbarkeit von Sinn (im Gegensatz zu Niklas Luh
Mit beherzter Vernunft: Fühlen und Denken in ihrer Bedeutung für das sittliche Urteil
2015
Der Verfasser überlegt, wie ethische Entscheidungen zustande kommen und welche Rolle dabei Vernunft und Gefühl spielen. Im Durchgang durch die Geschichte befriedigen ihn weder die Trennung von beiden Kräften, wie sie griechische Philosophen Vornahmen, noch die Überordnung des Geistes über die (niedrigeren) Emotionen, gemäss mittelalter licher Theologie. Weiterführend könnte die Hypothese Francis Hutchesons (1694-1796) sein, wonach der Mensch über ein moralisches Sinnesorgan verfügt, das auch die moder ne Neurologie bestätigt (somatische Marker). Ferner hilft die Lehre des Ignatius von der Unterscheidung des Geistes durch die Erfahrung des Trostes.
Sokratische Gespräche und fachliche Erkenntnisziele
Wagenscheins Pädagogik neu reflektiert, 2022
Ausgangspunkt dieses Beitrages ist die Beobachtung, dass offenen, sokratischen Unterrichtsgesprächen in unterschiedlichen fachlichen Bezügen eine große Bedeutung zugeschrieben wird. Er richtet den Fokus auf die Frage, wie eng der Bezug zwischen dem Erkenntnisgegenstand und der Unterrichtsmethode sokratischer Gespräche in unterschiedlichen Fächern ist. Das tut der Beitrag, indem er die Rolle von sokratischen Unterrichtsgesprächen in den Naturwissenschaften am Beispiel Wagenscheins, und konkret in der Physik, der Rolle von sokratischen Unterrichtsgesprächen in der Philosophie am Beispiel des Philosophierens mit Kindern gegenüberstellt. Dabei wird die These vertreten, dass sich die erkenntnistheoretische Rolle von sokratischen Gesprächen in der Philosophie von derjenigen in den Naturwissenschaften unterscheidet.
„Das macht Sinn!" Sinnstiftung mit Kontexten und Kernideen
Herausforderung "Wozu soll ich das überhaupt lernen?" Als Lehrerin oder Lehrer, egal welchen Faches, sollte man auf diese Sinnfrage der Schülerinnen und Schüler eine gute Antwort geben können. Aber eine gute Antwort, also eine glaubwürdige und lautere, ist mitunter nicht leicht zu fi nden. Denn die geläufi gsten Antworten sind rundweg unbefriedi-
(2023) Sinn und Sozialität - Sinnereignisse in der psychotherapeutischen Begegnung
Workshop DGAP Heidelberg, 2023
Im Fokus dieser phänomenologischen Erkundung steht das Phänomen, dass sich in der psychotherapeutischen Begegnung Subjekte und Sinn ereignishaft ausbilden. Hierin sind Affekte, Sinnbildung und Sozialität ereignishaft miteinander verflochten. Im Sinne von Elodie Boublil vollzieht sich hierin »the concurrent development of the self and of intersubjective relations« (Boublil 2018, 187). Das Anliegen des Vortrags ist es, zu fragen, wie affektive Sinnbildung und Sozialität miteinanderverflochten sind und wie sich im gemeinsamen Tun der Psychotherapie neuer Sinn bildet. Der Vortrag greift zahlreiche Motive aus mehreren zeitgenössischen phänomenologischen Diskursen auf, wie etwa der Vulnerabilitätstheorie (Butler, Mackenzie, Rogers, Dodds, Boublil, Huth, Thonhauser), der Phänomenologischen Psychopathologie und Emotionstheorie (Fuchs, Ratcliffe, Waldenfels). Im Sinne der Husserl’schen Maxime »Zu den Sachen selbst« blickt sie dabei auf konkrete Phänomene und Sequenzen psychotherapeutischer Arbeit. Dergestalt sollen mehrere Aspekte der Verflechtung von Sinnereignissen und Sozialität erkundet werden: Erstens das Aufkommen neuer Erlebnisanteile in einer Arbeit an der Selbstbeziehung, zweitens die Erfahrung, sich selbst aus dem Miteinander zu gewinnen sowie drittens die Nichtung von Sinn im Verlust durch Tod und der Bildung neuen Sinns im Rahmen einer psychotherapeutischen Trauerbegleitung.