Technologien der Scham: Agency, Identität und Sichtbarkeit (original) (raw)

Um Scham zu verstehen, muss man ihre Beziehung zur Technologie verstehen. In der Tat können wir mit wenigen Einschränkungen und Vorbehalten sagen, dass eine Kritik der Scham eine Kritik der Technologie ist. Auch wenn dieses Kapitel nicht den Anspruch erheben kann, mehr als eine Skizze dieser Beziehung oder eine Nachzeichnung dieser Kritik zu liefern, so wird es doch auf die Behauptung hinweisen, dass es keine andere Art von Scham gibt als die, die im Namen der Technologie produziert wird. In Anbetracht der Grenzen dieses Kapitels habe ich eine entscheidende Dimension der Schamerfahrung im Auge – ihre Identität mit der Sichtbarkeit. Da Scham mit Sichtbarkeit identisch ist, haben die Technologien, die Scham stützen, die sie als phänomenologische Seinsbedingung erkennbar machen, zentral mit der Dialektik von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit zu tun. Meine weitergehende Behauptung ist, dass wir in einer sich entwickelnden Schamkultur leben, dass die Vierte IR zur Konditionierung einer solchen Kultur beigetragen hat, und zwar in einer Weise, die im Großen und Ganzen mit Norbert Elias’ (1939/2000) berühmtem Nachweis übereinstimmt, dass die Moderne – und hier müssen wir die Gegenwart hinzufügen – vor allem durch einen zivilisatorischen Prozess gekennzeichnet ist, der im späten Mittelalter begann und nicht nur durch die Webersche Rationalisierung, sondern auch durch „die eigentümliche Formung der Triebökonomie, die wir Scham nennen“ (S. 292) gekennzeichnet ist.