Zur Frage der Balkanischen Lehnwortforschung (original) (raw)

Linguistique Balkanique XXII, 1979

Die Frage lexikalischer Balkanismen 2 hat bisher relativ wenig Beachtung in der Fachwissenschaft gefunden. Das mag daher kommen, dass erstens einmal Lexemewie verbreitet sie auch immer sein mögen-nicht als sprachbundbildend anerkannt werden 3 ; zum zweiten aber erfordert die Untersuchung und Interpretation von mehrsprachigen Lehnwortbeziehungen weit mehr als nur die strukturelltypologische Auseinandersetzung mit den betroffenen Sprachen. 4 Bekanntlich spielen bei der Entlehnung sprachlichen Materials areale (dialektale), historische und typologische Momente eine wenn auch eine verschieden große Rolle. 1 Der Beitrag belegt durch das Zusammentragen sprachlicher Mosaikteilchen am gesamten Balkan, wie eng unsere Kultur mit unseren südosteuropäischen Nachbarn verbunden ist. Das Ergebnis ist in der historischen Verknüpfung des deutschsprachigen Raumes mit dem heutigen Ungarn, Bulgarien, Albanien, Rumänien sowie mit den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien zu suchen. Es ist leider die Regel, dass viele Wissenschaften nebeneinander arbeiten statt ihr Ergebnisse miteinander zu vergleichen. Linguisten und Geographen, Historiker und Politologen, Rechtswissenschaftler und Volkswirtschaftler, Literaturwissenschaftler und Volkskundler-sie alle könnten gemeinsame dazu beitragen, die enge Verzahnung einer globalisierten, europäischen Welt aufzuzeigen und zu erklären. Denn schon allein die Vielvölkerstaaten im Osten und Südosten Europas, die Habsburger Doppelmonarchie, das Osmanische Reich und das Russische Reich waren Vorläufer eine Globalisierung, über die heute so viel gesprochen wird. Unter diesem Aspekt sind auch die Wortwanderungen am Balkan ein Teil der historisch-kulturellen Globalisierungsprozesse in unserer Welt. 2 Erstveröffentlichung unter dem Titel Zur Frage der balkanischen Lehnwortforschung in Lingustique Balkanique, XXII (1979), 2, Akademie Bulgare des Sciences, S.23-29 3 Als "concordances générales en dehors dulexique" hat K. Sandfeld, Linguistique balkanique. Problèmes et resultats. (Collection linguistique publ. par la Société de Litiguistique des Paris 31) Paris 1930, S.163 die eigentlichen sprachbundbildenden Balkanismen gesehen. Diese Merkmale werden später bei H. Birnbaum, Balkanslavisch und Südslavisch. Zur Reichweite der Balkanismen im südslavischen Sprachraum. Zeitschrift für Balkanologie 3 (1965), S. 18 als "intensive Sprachbundmerkmale" bezeichnet, neben den bei Konstituierung eines Sprachbundes nicht vorrangig ausschlaggebenden "extensiven Sprachbundmerkmalen", zu denen auch die lexikalischen Gemeinsamkeiten zu zählen sind.