Arnold, Antje, Rhetorik der Empfindsamkeit: Unterhaltungskunst im 17. und 18. Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 73 [307]), De Gruyter, Berlin / New York 2012 (original) (raw)
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Ich werde in meinem Beitrag zur Geschichte des Gewissens in der Epoche der Aufklärung auf die wichtige Rolle der Scham eingehen, genauer gesagt auf die Idee der Beschämung. Diese Kategorie der Beschämung bzw. des "shaming" entwickle ich aus einem theoretischen Hintergrund, der dem Diskurs der "restorative justice", also dem Ende der 1980er Jahre entstammt und auf das Werk des australischen Kriminologen John Braithwaite zurückgeht. In seinem äußerst einflussreichen Buch crime, shame and reintegration von 1986 unternahm Braithwaite den Versuch, anhand der Emotion der Scham Alternativen zur klassischen Strafgerichtsbarkeit zu entwickeln. 1 Dabei geht es um die Funktionalisierung der Scham im Rahmen einer effektiven, das Strafrecht ergänzenden Sozialkontrolle. Die öffentliche Beschämung (shaming) begreift Braithwaite als eine gegenüber einem Straftäter zum Ausdruck gebrachte soziale Diskreditierung einer verübten Untat. Die derart beim Täter ausgelöste Form der schamhaften Erregung lasse sich als Alternative Form der gängigen Sanktion verstehen, also zur erzieherischen Disziplinierung und zur Änderungen der Wertorientierung nutzbar machen. Zudem habe das drohende Szenario potentieller shamepenalties auch eine abschreckende Wirkung. Die Angst davor, bedeutsame Bezugspersonen (sog. significant others) aufgrund eines öffentlich angeprangerten Fehlverhaltens, also die soziale Anerkennung und das Gesicht (face) zu verlieren, führe letztlich zu einer sehr effektiven Form der Verhaltenskonformität und sei daher der im herkömmlichen Strafrecht zentralen Furcht vor einer Geld-oder Freiheitsstrafe vorzuziehen. Shaming ist also die entscheidende Sanktionsform, wenn es um Delikte geht, die keine Straftat im juristischen Sinne darstellen, die also nicht von einem staatlichen Rechtswesen sanktioniert werden bzw. werden können.
DVjs, 2021
Dieser Beitrag untersucht die Beziehung zwischen dem Geniediskurs und der Faszination für ungelehrte Autorschaft im 18. Jahrhundert. Literaturgeschichtlich erschließt er Konstellationen, in denen die Hallische Aufklärung am Beispiel der Dichterinnen Anna Dorothea Lange und Anna Louisa Karsch das Schreiben von Ungelehrten studierte und so Konzepte des Naturgenies vorbereitete. Systematisch hinterfragt er das Modell einer autonomen Rede, indem er diese Versuche auf Sprechmodelle der religiösen Inspiration zurückführt, in denen der inspirierte Status stets durch eine externe Instanz zugeschrieben werden musste. This paper examines the relationship between discourses of genius and the fascination with untaught poets in the 18th century. In terms of literary history, it shows how authors of the Enlightenment in Halle studied women poets Anna Dorothea Lange and Anna Louisa Karsch as examples of the writing of the untaught, thereby preparing concepts of the natural genius. On a systematic level, the article challenges the idea of autonomous speech by tracing this constellation back to models of religious inspiration, in which the inspired status of the speaker had to be affirmed by an external authority.
Körpernarrative, Maskerade, Crossdressing in der Unterhaltungsliteratur um 1700, 2023
Wolfgang Wüst, Divertissements und Kurzweil in der Reichs- und Residenzstadt – Augsburgs „Theater“-Bestand im illustrierten Vergleich urbaner Unterhaltungsformen der Frühmoderne, 2021
Wolfgang Wüst, Divertissements und Kurzweil in der Reichs- und Residenzstadt – Augsburgs „Theater“-Bestand im illustrierten Vergleich urbaner Unterhaltungsformen der Frühmoderne = “Amusement” and “Pastimes” in the Imperial and Residential City – the Augsburg “Theatre” Archival Collection in an Illustrative Comparison of Urban Forms of Entertainment in the Early Modern Period, in: Olga FEJTOVÁ/ Martina MAŘÍKOVÁ/ Jiří PEŠEK (Hg.), A city entertains itself – From the Middle Ages to 1848. Prague as the centre of cultural life = Mesto se baví – Od Stredoveku do roku 1848. Praha jako centrum kulturního života. Articles and longer works from the 38th international research conference of the Prague City Archives […] on 22 and 23 October 2019 at the Academy of Sciences of the Czech Republic in Prague (Documenta Pragensia 40) Praha/Prag 2021/2022, S. 393–433. Nr. 372 PDF-Eingabe
Rhetorik der Aufklärung — das 18. Jahrhundert in Deutschland
Grundriß der Rhetorik, 2011
Ftir die erste Generation der AufkHirer bildeten die Opposition zur scholastischen Pedanterie, die Verbreitung des Wissens tiber den engen Kreis der Gelehrtenrepublik hinaus, die Bemtihungen urn ein neues Publikum und die Beziehung des Wissens auf das Leben den einheitlichen Beweggrund ihrer Tatigkeit, ob sie als Universitatsprofessoren (Christian Thomasius), hi:ifische Beamte (Gottfried Wilhelm Leibniz) oder als Lehrer und Erzieher (Christian Weise) wirkten. Nicht dem Denkinhalt, sondern der Denkart wurde die Prioritat eingeraumt, und Ernst Cassirer hat dieses allgemeinste, doch pragnante Merkmal der Aufklarung mit Recht zur Grundlage seiner Darstellung gemacht. »Die Vernunft ist weit weniger ein [ ... ] Besitz, als sie eine bestimmte Form des Erwerbs ist. Sie ist nicht das Arar, nicht die Schatzkammer des Geistes, in der die Wahrheit, gleich einer gepragten Mtinze, wohlverwahrt liegt; sie ist vielmehr die geistige Grund-und Urkraft, die zur Entdeckung der Wahrheit und ihrer Bestimmung und Sicherung hinftihrt [ ... ] Das