[Rezension zu:] Christina Kott, Bénédicte Savoy (Hg.), Mars & Museum. Europäische Museen im Ersten Weltkrieg, Köln, Weimar, Wien (Böhlau) 2016 (original) (raw)
Der vorliegende Sammelband dokumentiert die von der Technischen Universität Berlin und dem Bode-Museum, Berlin, durchgeführte Tagung gleichen Titels (18.-20.9.2014), die die beiden Herausgeberinnen-zwei Kunsthistorikerinnen und exponierte Expertinnen der Museumsgeschichte-verantworteten. Christina Kott und Bénédicte Savoy generieren über die Bindung an die hundertjährige Wiederkehr von Eckdaten des Ersten Weltkriegs hinausreichende grundsätzliche Leitfragen nach dem Verhältnis zwischen der überzeitlichen Anlage von Museen (»strukturelle Stabilität«) und der Dynamik des Krieges, nach dem Einfluss des Krieges auf Museumsarbeit und nach der Reaktion der Museumsfachleute (Mobilisierung, Selbstmobilisierung, Rückzug in den »Elfenbeinturm«). Der Band enthält eine Einführung und 15 Einzelbeiträge, gruppiert durch fünf Zwischentitel: »Museen im Krieg-Krieg im Museum«; »›Business as usual‹ oder der Kampf um die Moderne«; »Museen und Propaganda«; »Displaced Museums«; »Krieg, Revolution und die Folgen für Museen«. Folgt man stattdessen den Leitfragen, belegen etliche Beiträge nachdrücklich, wie-mit sehr verschiedenen Wirkungszusammenhängen-der Erste Weltkrieg in die scheinbare Stabilität von Museen einschnitt und die Arbeit einzelner Museen beeinflusste. John Horne verdeutlicht, dass der Krieg staatliche Militärmuseen veranlasste, sich von Trophäenschauen zu komplexen dokumentarischen Sammlungen (von Kriegsgerät bis zu »Schützengrabenkunst«) zu erweitern, soweit nicht der Gegenentwurf als Gedenkstätte griff wie in Australien und Kanada. Thomas Weißbrich stellt für das Berliner Zeughaus heraus, dass im Ersten Weltkrieg das Kriegsministerium lebhafte Sammlungsaktivitäten entwickelte, anstatt die Trophäensammlung von der Front abzuwarten, und daraus großformatige Präsentationen ableitete, insbesondere Benefizausstellungen und das Projekt eines Reichskriegsmuseums. Alan Crookham und Anne Robbins schildern, wie der ältere, nur schleppend realisierte Plan einer Sammlung moderner ausländischer Kunst in der National Gallery in London durch eine im Krieg veränderte Weltsicht und dadurch geschrumpfte Reserviertheit der Trustees Fahrt gewann. Julien Bastoen zeigt einen doppelten Kriegseinfluss im Musée du Luxembourg: Es beauftragte Gemälde vom Kriegsgeschehen für Ausstellungszwecke und festigte seinen internationalen Ruf durch eine Weltausstellungsbeteiligung 1915 in San Francisco, aus der eine sich bis 1919 fortschreibende Wanderausstellung durch die USA erwuchs. Géraldine Masson behandelt die Präventionsarbeit in nordfranzösischen Provinzmuseen im Spannungsfeld französischen Verwaltungshandelns und deutschen Kunstschutzes, aus der ein deutlicher Professionalisierungsschub der französischen Museen resultierte, z. B. bei der Entwicklung vorbildlicher Transportkisten und nach dem Krieg aufgegriffenen »deutschen« Ideen in der