"Politische Kultur" und "Zivilgesellschaft" in der Transformationsforschung: Versuch einer Annäherung und Kritik (original) (raw)

Die Begriffe "politische Kultur" und "Zivilgesellschaft" gehören zu den meistgebrauchten Vokabeln in der akademischen, populärwissenschaftlichen und journalistischen Literatur über die Transformationsprozesse in Osteuropa. Generell wird angenommen, daß es ohne die Verwurzelung einer demokratischen politischen Kultur und die Entwicklung einer vom Staat unabhängigen Zivilgesellschaft keine demokratische Konsolidierung geben kann. Auf der anderen Seite gibt es Stimmen in der Forschung, die diese Konzepte mangels Begriffsschärfe in Frage stellen, oder ihre Anwendbarkeit als sozialwissenschaftliche Analysebegriffe ganz ablehnen. Ziel dieses kurzen Beitrages ist es, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die Verwendung der Begriffe zu skizzieren, um dann, gestützt auf neuere Richtungen in der Literatur, eine modifizierte Konzeptionalisierung vorzuschlagen. Die These ist, daß ohne die Beachtung der historischen Entwicklung, der diskursiven Konstruktion und sozio-politischen Einbettung von "politischen Kulturen" und "Zivilgesellschaften" diese Begriffe in ihren klassischen Formulierungen bei der Analyse der politischen, ökonomischen und sozialen Umwälzungen in Osteuropa zu Fehleinschätzungen führen können.