20 Jahre Kritische Justiz (original) (raw)

Zwei Paradoxe sind mir bei der Vorbereitung zu dieser Ansprache aufgefallen, das eine betrifft den Verlag, das zweite die Zielsetzung der KJ: Erstens: die Kritische Justiz ist heute beim Nomos Verlag, fühlt sich-dank der Fürsorge von Herrn Schwarz und Frau Weiss, dank Herrn Fehrenbach und Herrn Bräutigam und vielen anderen-bei Nomos gut aufgehoben. So selbstverständlich ist das angesichts der Gründungsgeschichte keineswegs. In den Unterlagen der Jahre 1967 und 1968 tauchen die Verlagsnamen Nomos und suhrkamp sozusagen nur auf der »Gegenseite« auf. Nomos ist potentieller Konkurrent, Mitbewerber um eine durch die damalige Zeitschriftenlandschaft nicht abgedeckte aufgeklärte juristische Klientel. Schlimmer noch: er ist sozusagen ein Moloch, der das sich abzeichnende kritische Juristenprojekt schlucken und in ein breitenwirksameres »Kursbuch für Juristen « zu integrieren bestrebt ist. Die Entscheidung fiel damals bewußt gegen Nomos und für die Europäische Verlagsanstalt: als Entscheidung für ein politisches Projekt Kritische Justiz. Was bedeutet vor diesem Hintergrund, daß sich Redaktion und Herausgeber 1982 dann doch diesem Moloch anvertraut haben? Zweitens: In der Verlagsankündigung des ersten Heftes der Kritischen Justiz heißt es: »Die > Kritische JustIZ < will justiz und Recht nicht > politisieren<, sondern die ohnehin vorhandenen politischen Elemente und Wirkungen deutlich machen. Sie soll Öffentlichkeit für eine kritische Rechtswissenschaft ermöglichen. Kritische Rechtswissenschaft memt dabeI die Aufdeckung des Bezugs zwischen Recht und Gesellschaft, semer politIschen, sozialen und gesellschaftspolitIschen ImplikatIOnen. M ethodologische und rechtstheoretische Beiträge werden bestimmt sem, Rechtswmenschaft aus ihrer mehr oder weniger selbstgewählten IsolatIOn zu lösen und die Erkenntmsse anderer Wissenschaften wIe PolitologIe, SozIOlogie, PsychologIe, Psychoanalyse, Wirtschaftswissenschaften für RechtSWISsenschaft zu vermitteln und zu verarbeiten. «I Mit der Aufdeckung des Interessenbezuges von Recht und Rechtspraxis, mit der Transparenz juristischer Entscheidungsprozesse, mit der Interdisziplinarität des juristischen Diskurses wurde sozialer Fortschritt auf dem Gebiete des Rechts identifiziert. Das waren in der akademischen Landschaft der späten sechziger Jahre aufrührerische Parolen, ihre Beherzigung löste in der Fachwelt Staunen, Unverständnis, oft Ablehnung aus, zog auch meist Ausgrenzung aus dem Forum Internum nach sich. Die bloße Terminologie-heute empfinden wir sie kaum mehr als aufsehenerregendwurde als unwissenschaftlich und politisierend gebrandmarkt. 2