Verwaltetes Wissen: Zum gelehrten Journalismus im maria-theresianischen und josephinischen Wien (original) (raw)

Geordnetes Wissen – Der Bibliothekskatalog des Wiener Dominikanerklosters von 1513 als Quelle

2016

Der Dominikanerorden war von Beginn an ganz auf Predigt und Seelsorge ausgerichtet. Auch das Studium, eines der wichtigsten Charakteristika des Ordens, sollte immer diesen Ordenszwecken dienen. Daher soll in dieser Arbeit die Bibliothek des Wiener Dominikanerklosters als Quelle für die Tätigkeiten der Dominikaner verwendet werden. Eine Anhäufung einer Büchermenge ist noch keine Bibliothek, sondern wird es erst durch eine systematische Ordnung und die Nutzbarmachung für Leser. So ist eine Bibliothek durch ihre Ordnung und insbesondere die Findmittel wie einen Katalog auf die Funktionen für einen bestimmten Nutzerkreis ausgerichtet. Die Ordnung und Aufstellung der Wiener Dominikanerbibliothek ist für das Jahr 1513 durch einen von dem Dominikaner Martin Purkawser verfassten Katalog überliefert. Außerdem ist heute noch etwa ein Viertel der damaligen Bestände überliefert, die mit den Katalogeinträgen identifiziert werden können. Auf diese Weise konnte in dieser Arbeit der Bibliotheksbestand von 1513 teilweise auch in seinen Provenienzen und seiner Geschichte rekonstruiert werden. Daraus konnte auch auf die Funktionen der Bibliothek für die Dominikaner rückgeschlossen werden. Sie nutzten ihre Bibliothek als Rüstkammer für ihre wichtigsten Tätigkeitsbereiche: Studium und Lehre, Predigt und Seelsorge. Für alle drei Bereiche konnte das Engagement der Dominikaner anhand der Ordnung und dem Bestand des Kataloges sowie den Nutzungsspuren der erhaltenen Bände näher umrissen werden. Anschließend wurden die Ergebnisse in den Kontext der zentralen Regelungen des Dominikanerordens für das Buch- und Bibliothekswesen eingeordnet. Hier stellte sich die Frage, ob sich von einer typischen Dominikanerbibliothek sprechen lässt, was aber nur im Vergleich mit anderen Bibliotheken anzugehen ist.

Erna Lesky, "Herrin" der Sammlungen des Josephinum. Wissensrepräsentation und Wissensproduktion im Zentrum der Geschichte der „Wiener Medizin”

Felicitas Seebacher, 2020

Abstract 1960 übergab die Medizinische Fakultät der Universität Wien die provisorische Leitung des Instituts für Geschichte der Medizin im Josephinum an die Medizinhistorikerin Erna Lesky. Das Josephinum, bis 1874 eine medizinisch-chirurgische Militärakademie, verfügte über wertvolle Sammlungen von Büchern, Handschriften, medizinischen Instrumenten und anatomisch-geburtshilflichen Wachsmodellen, bor aber ein desolates Erscheinungsbild. Das Gebäude war renovierungsbedürftig, die Sammlungen waren ungeordnet und die Wachsmodelle mussten restauriert werden. Mit Elan und Professionalität entwarf Lesky ein Generalsanierungskonzept. Um die wissenschaftlichen Objekte öffentlich präsentieren zu können, wurden die Wachsmodelle restauriert und alle Sammlungen systematisch in Katalogen erfasst. Das Josephinum wurde in vier Abteilungen gegliedert: Bibliothek, Bildarchiv, Handschriftensammlung und Museum. Durch Subventionen des Wellcome Trust und der Carnegie Mellon Foundation wurde ein international renomiertes Dokumentations-, Informations- und Forschungszentrum für Geschichte der Medizin aufgebaut, so Bruno Bauer. 1962 wurde Lesky außerordentliche Universitätsprofessorin für Geschichte der Medizin, bis 1965 war das klassizistische Gebäude des Josephinums generalsaniert. Im Rahmen der 600-Jahr-Feier der Universität Wien 1965 lud Lesky ein, ihr „zurückerobertes Josephinum“ zu besuchen. Sie personifizierte das Josephinum. Für Wissenstransfer und -repräsentation organisierte die Wissenschaftsmanagerin zahlreiche Konferenzen und baute auf internationalen Konferenzen globale Netzwerke auf. In der Wissensproduktion konzentierte sich Lesky darauf, der internationalen Scientific Community zu zeigen, dass „Wiener Medizin“ „Weltmedizin“ war. 1966 erhielt Lesky als erste Frau eine Professur an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Dieser Aufsatz stellt die Frage, wie und mit welchen Methoden Lesky die sensible Phase des Stillstands am Josephinum für die Renovierung und Neustrukturierung der Sammlungen des Josephinums nützte. Durch die Analyse von neuen Quellen aus dem Archiv der Universität Wien wird untersucht, wie sie ihre wissenschaftliche Karriere bis zur ersten Professorin der Medizinischen Fakultät aufbaute und sich als Medizinhistorikerin in der Männerdomäne Universität durchsetzte. Mit Interviews ihrer ehemaligen MitarbeiterInnen wird illustriert, wie sie Leskys Methoden der Wissensproduktion und -repräsentation einschätzten und wie ihr autoritärer Führungsstil ihre Arbeit beeinflusste.