Koloniale Repräsentationen Südwestafrikas im Spiegel der Rheinischen Missionsberichte, 1842-1884 (original) (raw)
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Koloniale Repräsentationen Südwestafrikas im Spiegel der Rheinischen Missionsgesellschaft, 1842-1884
Stichproben, Vienna Journal of African Studies, 2012
Der vorliegende Beitrag strebt es an, den repräsentativen Gehalt vorkolonialer Missionsberichte über Südwestafrika im Zeitraum zwischen 1842 und 1884 zu prüfen. Die Berichte der Rheinischen Missionsgesellschaft, die konstanteste und zugleich ausführlichste vorkoloniale Informationsquelle über Südwestafrika, werden – angeleitet durch das Konzept „geteilter Geschichten“ – aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet: Zum einen wird die Konstruktion inferiorer Andersartigkeit in bestialisierenden und exotisierenden Darstellungen in Hinblick auf ihre legitimatorische Wirkung missionarischer vorkolonialer Interventionen überprüft. Zum anderen wird ein neuer Interpretationsrahmen für die Verbindung missionarischer Erzählungen mit der deutsch‐kolonialen Expansion innerhalb Deutschlands vorgeschlagen, der das missionarische Netzwerk in den Blick nimmt.
Diese Arbeit wirft einen Blick auf das Spannungsfeld in dem sich Missionare der Rheinischen Missionsgesellschaft und englische Akteure in Südwestafrika während der einsetzenden Kolonisation durch das Deutsche Kaiserreich in den Jahren 1884 bis 1890 befinden. Ziel ist es herauszuarbeiten, welche Einschränkungen und Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit anderen „ausländischen Weißen“ für die Missionare existieren und wie sie diese wahrnehmen. Die Untersuchung erfolgt anhand von Schriften des Rheinischen Missionars Philipp Diehl, der zu Beginn des Deutschen Kolonialismus auf der Missionsstation Okahandja mit der Herero-Mission betraut ist. Diehl berichtet in seinen Briefen wiederholt vom englischen Händler Robert Lewis, der versucht den Einfluss der englischen Kapregierung im Herero-Gebiet zu erweitern. Der Missionar stellt sich hingegen verstärkt auf die Seite der deutschen Regierung und sieht in Lewis einen Widersacher, der sich gegen die Mission stellt. Lewis Rolle selbst wird in der Forschung jedoch recht unterschiedlich bewertet, wobei mehrheitlich davon ausgegangen wird, dass seine Bedeutung für die Kolonisation Südwestafrikas gering ist. Seine Bedeutung für die Missionare erfährt bisher keine Bewertung. Die grundlegende These dieser Arbeit ist, dass Robert Lewis zwar einen wichtigen Antagonisten für die Missionare darstellt, dieser Antagonismus jedoch hauptsächlich für eigene Zwecke instrumentalisiert wird. So sollen anhand bewusst gewählter Narrative, vor allem dem Mutterhaus gegenüber, fehlende Konvertiten erklärt werden. Darüber hinaus erhofft sich Diehl durch die Verwendung solcher Narrative ein verstärktes koloniales Vorgehen der deutschen Re-gierung während er diese gleichzeitig nutzen kann um die Herero von der Richtigkeit der christlichen Mission und dem „Schutz“ der Deutschen zu überzeugen. Durch die Überprüfung dieser These werden konkret folgende Fragen beantwortet: Welche Rolle spielt Robert Lewis für die Rheinische Missionsgesellschaft in Okahandja zur Zeit der einsetzenden Kolonisation durch das Deutsche Kaiserreich? Welche Schwierigkeiten und Handlungsspielräume ergeben sich für die Missionare durch die Präsenz des Robert Lewis im Umgang mit dem Mutterhaus, mit der deutschen Regierung und den Hereros?
Zeitschrift für Weltgeschichte -Interdisziplinäre Perspektiven, 2018
,,Die protestantische Mission entwickelte sich aus der eng mit der Abolitionsbewegung verknüpften evangelikalen Erweckungsbewegung. Dabei ist es eine besondere Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die Abolitionisten in gewisser Weise zu den Wegbereitern der kolonialen Expansion in Afrika gehörten. Die Abschaffung des Sklavenhandels hatte […] zu einer Intensivierung der Sklaverei in Afrika geführt. Der Aufruf der Missionare zum Kampf gegen die Sklaverei und tyrannische Sklavenhalter bot wiederum einen zentralen Vorwand für europäische Mächte, in Afrika zu intervenieren.“
For today’s Namibia the dealing with its own past is still relevant, as well as for other former colonies. In this context, the experiences of the colonial era still play an important role, which is closely related to the struggle for independence and questions of nation building. As in many former colonies there was a lack of inner connections and overarching national and cultural identities, so it was necessary to seek for commonalities or, if required, to construct them. Thereby, however, it turned out that these were often of colonial origin. In particular, the former colonial language and the Christian religion were central components of these Commonalities. But here the question arises as to what extent these elements are in fact due to the colonial era. So the changes and developments in terms of language and religion are not due solely to the colonial era, but also to the work of Christian missionaries, which reached the country decades before the colonialists and shaped the country far beyond the colonial period. In addition to these aspects of language and religion the missionaries also performed a enormous influence on the knowledge within the colonies and about them. Especially the school system and the associated access to this knowledge thus represents another essential aspect of sustainable influence of German Missionaries in Southwest Africa, which affected the further development of the country during the colonial period and beyond. The aim of this work is to show that it was the missionary work and thus the political and social influence of missionaries, which fundamentally changed the country and influenced its post-colonial history and development. The focus should thereby be primarily set on the work of the missionaries in precolonial South West Africa, because here the first touch of the Indigenous and European cultures took place, which laid the foundation for further developments in the fields of language, religion and education policy.
Mission als theologisches Labor. Koloniale Aushandlungen des Religiösen um 1900
2020
Protestantische Missionen erlebten am Ende des 19. Jahrhunderts einen wahren Boom. Ab 1893 unterhielt die lutherische Leipziger Mission ein Missionsgebiet am Kilimandscharo. Karolin Wetjen nimmt diese Missionierung der Chagga in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika als Ausgangspunkt einer Untersuchung von Aushandlungsprozessen des Religiösen. Sie zeigt in einer Verflechtungsgeschichte, die sowohl theologische Debatten im Kaiserreich als auch die Vorgänge im Missionsgebiet berücksichtigt, wie Missionare, lokale Christinnen und Christen, Theologen, Religionswissenschaftler und Ethnographen um Definitionen und Grenzziehungen des Religiösen, des Säkularen und sogenannten Heidnischen rangen und wie in der Mission auch Kernaspekte des Christentums immer wieder verhandelt werden mussten. Die im Missionsgebiet gesammelten Erfahrungen wurden schließlich als Ergebnisse aus dem Missionslaboratorium im deutschen Kaiserreich als Lösungsansätze zur Überwindung der "Krise", in der sich die protestantischen Kirchen um 1900 sahen, propagiert. In einer Verbindung von Kolonial-, Wissens- und Religionsgeschichte geht Wetjen so der Bedeutung von Mission für Religion und Christentum in der Moderne nach.