Die neue Lust am Ersatz (original) (raw)

Die neue Lust am Ressentiment

Affekt Macht Netz

Der Aufstieg des Nationalpopulismus mit Phänomenen wie Donald Trump, der Alt-Right, der sogenannten Neuen Rechten in Europa und der AfD zeugt von einer neuen Lust am Ressentiment. Diese Lust, wenngleich sie strategisch verwendet wird, ist, wo immer sie erscheint, anti-intellektualistisch, diffus-emotional, affektiv. Die affektiven Dimensionen des Ressentiments sollen im Folgenden beleuchtet werden. Der Begriff des Ressentiments hat auch außerhalb akademischer Debatten und politischer Feuilletons Eingang in den Sprachgebrauch gefunden. Dabei wird er vorwiegend als Synonym zu Vorurteil, feindseliger Voreingenommenheit oder hasserfüllter Abneigung verwendet und bezieht sich somit auf primär kognitive Vorgänge-darauf, als was jemand jemanden sieht und wie dabei geurteilt wird. Ich werde im Folgenden von kognitisivtischen Vorurteils-und Ressentiment-Theorien sprechen, dessen zentrales Postulat der jetzige Bundesaußenminister Heiko Maas auf den Punkt gebracht hat: »Gewalt entsteht im Kopf.« 1 Vorurteile, ›Ideologie‹, Ressentiments seien Kopfgeburten eines Hasses, der nach legitimierenden Rationalisierungen späht. Ressentiment und Hass lassen sich nicht einfach wegdenken. Den Begriff des Ressentiments affekttheoretisch zu reformulieren, um ihn dem Primat des Kognitiven zu entreißen, ist der Erkenntnisanspruch des vorliegenden Textes. Für diesen theoretischen Problemaufriss wird zunächst eine

Die Gier nach Neuem und Unbekanntem

Neugier ist eine entscheidende Triebkraft, die Neues entstehen lässt, Wissensgewinn fördert und biologisch tief verwurzelt ist. Dies zeigt sich auch daran, dass die Erfüllung der Neugier, also die Reduktion des Nicht-Wissens, das neuronale Belohnungssystem aktiviert und dass das Fehlen von neuen Reizen (sensorische Deprivation) einen unerträglichen Zustand darstellt. Sowohl im individuellen als auch im evolutionären Maßstab sind Entwicklungen schwer vorstellbar ohne den Drang, Neues zu erleben, neue Handlungen auszuprobieren und Unbekanntes zu entdecken. Biologische Studien zeigen, dass sowohl Neophilie als auch Neophobie situativ vor- und nachteilig sein können, und ein Individuum Gewinn und Risiko jeweils gegeneinander abwägen muss. Zuwenig Neugier schränkt die Möglichkeit des Lernens ein, wohingegen zuviel Neugier Gefahren bergen kann. Vielleicht ist dies ein Grund, weswegen wir unsere Neugier auch im künstlerischen Modus zu stillen suchen. Die künstlerische Rahmung bietet einen Raum, in dem wir Erfahrungen sammeln können, ohne dabei allzu große Risiken eingehen zu müssen. Auf diese Weise erlaubt der künstlerische Modus, tief genug in eine Erfahrung einzutauchen, und dennoch gleichzeitig die Möglichkeit zu empfinden, trotz des Erkenntnisgewinns ohne andere gravierende Konsequenzen in das nicht künstlerisch gerahmte Leben zurück zu kehren. So bietet die Kunst einen geschützten und gleichzeitig potentiell wirklichkeitsverändernden Raum für Erfahrungen. Diese künstlerischen Erfahrungen sind auch die Quelle für eine künstlerische Art zu forschen, die zu spezifischen Erkenntnissen führen kann. Auch wenn die Neugier in der Kunstwelt eher eine periphere Rolle spielen mag, kann sie auf diese Weise dazu beitragen, unser Wissen über uns und die Welt zu verändern und zu vermehren.

Der Geschmack einer anderen Möglichkeit

Elke Smodics und Nora Sternfeld (Büro trafo.K) in http://iae-journal.zhdk.ch/no-10/texte/ Mit diesem Text möchten wir aus einer Perspektive der Praxis die schillernde Logik des Geschmacks verfolgen. Wie lässt sich diese zwischen der normierenden Herstellung von Sicherheit einerseits und der Möglichkeit, gerade Sicherheiten zu stören andererseits verstehen? Und um es noch komplizierter zu machen, interessieren uns diese ambivalenten Momente besonders dort, wo die Selbstverständlichkeiten von Geschmacksurteilen in der Vermittlungspraxis selbst dekonstruiert werden sollen. Denn auch dabei entstehen Unsicherheit und Norm, Dekontextualisierung und Rekontextualisierung, Anpassung und Widerstand sowohl auf Seiten der Teilnehmenden als auch auf Seiten der Vermittler_innen.

Die alte Hoffnung auf den neuen Menschen

Die alte Hoffnung auf den neuen Menschen. Variationen zum Denken des Neuen aus alttestamentlich-frühjüdischen Debatten, in: C. Wulf, J. Zirfas (Hg.), Den Menschen neu denken, Paragrana 29, (1) (2020), 216-226., 2020

The old hope for the new man. Variations on Thinking the New from Old Testament-Early Jewish Debates

Die Unmöglichkeit des Neuen

Horizonte, Zeitschrift für Architekturdiskurs, 2011

Die Unmöglichkeit des Neuen oder die Mehrfachbedingtheit einer epochefähigen Architekturausbildung In: Horizonte, Zeitschrift für Architekturdiskurs, Nr. 03 / 2011: "Re-Definition" Quer durch disparate Positionen und konträre Lager – Eisenman bis Eberle, Lootsma bis Lampugnani – innerhalb wie außerhalb der Disziplin erscheint, bei aller Vielfalt, zumindest der große epistemologische Erkenntnisstand auf Konsenskurs: das reich zitierte, oft angefragte und noch mehr gesuchte ›Neue‹ in der Architektur kann es zurzeit nicht geben.

Austauschbarkeit. Die »kognitive« Offensive

Bologna Bestiarium

1. Die Schlagwörter »Bologna 1999«, »Lissabon 2000« sowie »Göteborg 2009« und »Strategie Europa 2020« bezeichnen Meilensteine einer Offensive des liberalen Kapitalismus in seinem kognitiven Stadium. Dieses ist erreicht, wenn Wissen zu dem »Rohstoff« wird, den das System benötigt, um seine Leistungen hervorzubringen, seine ökonomische Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und seinen Mehrwert zu steigern. Anders gesagt, wenn Wissen zum Einsatz in einem Interessenskrieg aller gegen alle wird. 2. Diese Offensive etabliert auf europäischer sowie weltweiter Ebene Schritt für Schritt eine neue Form der Systemregulierung, die auf der »Valorisierung des Wissens als Ware«, auf dessen Herstellung, Übermittlung und Anwendung gründet. Daher rührt jene berühmte »Wissensökonomie«, die von den internationalen Organisationen, den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der OECD, dem European Round Industrialists und der Weltbank aufgebaut und befördert wird -in einem Wort: der besagte »↑ Bologna-Prozess«. Seit zwei Jahrzehnten wird daran gearbeitet, mit allen Mitteln das Gesetz des Tauschwertes (↑ Leistungspunkte/ECTS) auf jene Orte auszudehnen, an denen Wissen programmatisch Gestalt annimmt und vermittelt wird: An der Universität und in den Netzwerken von Instituten, Zweigstellen und Forschungszentren nimmt das Gesetz des Tauschwertes immer mehr Raum ein. Allein hierin liegt der ganze Sinn der Neuerungen, die an diesen Orten stattfinden: die Reform der universitären Abläufe in Europa, die mit der Auferlegung neuer Rhythmen verbunden ist (wie in einer Fabrik werden Studenten zu Kunden und anschließend zu Diplomierten gemacht); die sogenannte »Autonomie der französischen Universitäten« (auf Manager-Neusprech); das »neue Management« und die neuen »Lenkungsformen« der Universitäten mit ihrer Ideologie von »Evaluierung« und »Exzellenz« und der Einrichtung sogenannter »Leuchttürme der Exzellenz«; das neue Zeitregime und die Bevorzugung der »professionellen« Spezialisierung, die auf die Interessen von Unternehmen reagieren (↑ Employability), usw. Die Kräfte des Geistes -die Neigung zu forschen und zu lernen, zu experimentieren und zu erfinden, sich gleichermaßen in Gedankengebäuden und im praktischen Leben zurechtzufinden -sollen zu größter Leistungsfähigkeit mobilisiert werden.

Fürs Echte gibt es keinen Ersatz!

A Key to Locked Doors. Festschrift for Gerrit Bos on the Occasion of his 75th Birthday, 2024

Edition and commentary on the Latin translation of Ps.Gal. de succedaneis (Drug sustitutions) in one of the oldest, if not the oldest Latin witness, Glasgow UL Hunter.93, 3rd text on drug substitutions; its relation to Bamb. med. 1 (Lorscher Arzneibuch). In the Glasgow ms., both Galen and Hippocrates are the authors of this text, which corresponds closely to Paul of Aegina 7.25 rather than to 19.721-747 in the Kühn ed. of Galen.

Das Gegenteil von Appetit

2019

Pudding mit Sahnehäubchen, gekauft von einem jungen Israeli in Berlin, sorgte 2014 für Aufsehen. Auf der Facebook-Seite Olim-le-Berlin (hebräisch für: Auswandern nach Berlin) postete der Fünfundzwanzigjährige seinen Einkaufszettel: Drei Becher Pudding hatte er in einem Discounter für je neunzehn Cent gekauft. Ein Becher Milky, wie diese Art von Pudding in Israel genannt wird, kostet dort mehr als das Dreifache. 1 Mit seinem Post und dem Aufruf nach Berlin zu ziehen, wo das Leben günstiger war, knüpfte er an eine Debatte um hohe Lebenshaltungskosten in Israel an, die bereits 2011 innerhalb des Landes zu Demonstrationen für günstigere Nahrungsmittel und Mieten sowie für bessere Sozialstandards geführt hatte. Das Symbol dieser sogenannten Boycottage-Kampagne war damals der in Israel beliebte Hüttenkäse (englisch: cottage cheese) geworden, dessen Preis innerhalb der letzten drei Jahre um vierzig Prozent gestiegen war. 2 Nun jedoch wurde die Debatte nach Berlin verlagert und der Aufruf, dorthin auszuwandern, weg vom zu teuer gewordenen Israel, provozierte die Öffentlichkeit und die israelische Regierung gleichermaßen: Wie * "Don't be a Chocolate Soldier" ist der Titel einer Arbeit des Künstlers Micha Laury, die als Anti-Kriegs-Kunstwerk gilt: