III. Ausschluss, Verfolgung und Widerstand (original) (raw)

3 Differenz, Ausschluss und Solidarität

2018

Solidarität ist eine notwendige Grundbedingung von Demokratie-nur aufgrund von Solidarität sind die BürgerInnen bereit, ihren MitbürgerInnen Gleichfreiheit zuzugestehen (Balibar 1998). Demokratien sind nationalstaatlich verfasst und Solidarität begründet sich auf die Vorstellung der gemeinsamen Nation als »historischer Schicksalsgemeinschaft« (Habermas 1996 : 139). Zugleich jedoch beansprucht Demokratie für sich den »Universalismus einer egalitären Rechtsgemeinschaft« (Habermas 1996 : 139). Wie Habermas weiter bemerkt, bleibt »diese Ambivalenz ungefährlich, solange ein kosmopolitisches Verständnis der Staatsbürgerschaft Vorrang behält vor der ethnozentrischen Deutung der Nation, die sich auf Dauer im latenten Kriegszustand befindet« (Habermas 1996 : 139). Doch genau dieser »latente Kriegszustand« wird in zeitgenössischen Migrationsgesellschaften ständig angerufen und aktualisiert. Die »konventionelle« kollektive Identität der BürgerInnen, die sich auf eine nicht weiter hinterfragte gemeinsame Sinnwelt stützt, wird in der Begegnung mit Gegen-Identitäten als kollektive Identität bewusst und führt zu Exklusion (Habermas 1976/1982). Zugleich wird in Migrationsgesellschaften aber auch die universelle, egalitäre Rechtsgemeinschaft der Demokratie in Frage gestellt, denn immer mehr Menschen bleiben auf dem nationalstaatlichen Territorium von demokratischen Rechten ausgeschlossen, da sie nicht StaatsbürgerInnen des Landes sind, in dem sie leben. Vor dem Hintergrund dieser Problemstellung fragt dieser Text nach Möglichkeiten und Bedingungen von Solidarität in Migrationsgesellschaften und leitet Antworten sowohl aus der politischen Theorie als auch aus den Erfahrungen des politischen Aktivismus in Bewegungen von MigrantInnen und Geflüchteten ab.

Abseits von Flucht und Widerstand

2012

In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, das Verhältnis zwischen dem österreichischen Adel und dem NS-Regime zu beschreiben und herauszufinden, ob und in welchem Ausmaß sich der österreichische Adel für das NS-Regime und primär für die NSDAP sowohl aktiv als auch passiv engagierte hat. Nach der Definitionen der Methode, wird zuerst die aktuelle, etwas dürftige Forschungslage analysiert und anschließend den historische Kontext zusammengefasst. Folgend wird die Entwicklung des Adels in Österreich ab 1918 genauer untersucht, um Änderungen aufzuzeigen und die Reaktionen des Adels auf die geänderten Verhältnisse besser verstehen zu können. Im Mittelpunkt stehen hierbei die offen zum Ausdruck gebrachten Ressentiments des Adels gegenüber der Ersten Republik, zu denen das "Adelsaufhebungsgesetz" entscheidend beigetragen hat. Nach einer Neuorientierungs- und Organisationsphase in den 1920er Jahren erlebte der Adel spätestens unter den Regimen von Engelbert Dollfuß u...

Emanation, Umkehrung, Ausstreichung

Zeitschrift für Medienwissenschaft

Sich mit Naturvorstellungen in der Medienwissenschaft zu beschäftigen, erscheint auf den ersten Blick obsolet. Schließlich wird hier gerade an der Auflösung ahistorischer oder eben: quasinatürlicher Grundvorstellungen gearbeitet. Auf die technische Bedingtheit und Kontingenz von Subjekt-, Gesellschafts-, Kultur-und eben auch von Naturbegriffen hinweisend bewegt sich die Medienwissenschaft damit innerhalb des Rahmens einer Kulturwissenschaft, welche die Denaturalisierung des vorgeblich Natürlichen vorantreibt. Vorstellungen von natürlichen Gesellschaften, von ahistorisch-souveränen Subjekten und noch von ‹der Natur›-bis hin zur Natur im Sinn einer gegebenen, basalen physis-erscheinen hier nicht als unhintergehbare Voraussetzung, sondern als Gegenstand; und werden so hinsichtlich ihrer Bedingtheit und Kontingenz befragbar. Auch auf der Ebene der Medientheorie, also dort, wo weniger nach den konkreten Implikationen unterschiedlicher Medien gefragt, sondern um die adäquate Formulierung von Medialität gerungen wird, spielt der Begriff der Natur nur noch insofern eine Rolle, als er einer solchen Formulierung entgegensteht. Vor allem innerhalb der Medienökologie, also der spätestens mit Marshall McLuhan einsetzenden Tradition, die in den letzten Jahren einen starken Aufschwung genommen hat, 1 mehren sich die Stimmen, die nicht bloß fordern, bestimmte Naturvorstellungen über den Nachweis ihres medientechnischen Aprioris zu dekonstruieren-also sie als historisch kontingent und sozial bzw. kulturell ‹produziert› auszuweisen-, sondern schlechterdings ‹die Na-tur› auszustreichen. Schon in seinem Parlament der Dinge von 1999 hat Bruno Latour die ersatzlose Abkehr vom Naturbegriff gefordert, 2 und Erich Hörl hat jüngst-u. a. mit Blick auf Timothy Mortons Ecology without Nature-darauf verwiesen, dass gerade im Bereich der Medienökologie noch der Begriff der Ökologie selbst «zunehmend denaturalisiert» wird. 3 So unterschiedlich die von der Medienökologie auf-oder selbst vorgenommenen Versuche, Ökologie jenseits der Natur zu denken, im Einzelnen sein mögen: sie eint, dass sie sich gerade nicht zwanglos der oben skizzierten

Widerstand und Befreiung

Verlag Neue Impulse, 2024

Diese Studie befasst sich als einige der wenigen in deutscher Sprache und als einzige aus marxistischer Perspektive mit irischer Literatur – angefangen vom eisenzeitlichen Gründungsepos Táin Bó Cúailnge bis zu Autoren der Gegenwart.

Entzug und Behauptung. Reaktionen auf den Souveränitätsverlust

Ästhetik, Produktion, Institution, 2000

»Zur Demokratie gehört nicht nur die Diskussion, sondern auch die Aktion« (Rischbieter 1968: 1). So kommentierte der Theater-heute-Herausgeber Henning Rischbieter 1968 die Debatte über die Vietkong-Sammlung nach den Aufführungen des Stückes VietNam Diskurs von Peter Weiss an den Münchner Kammerspielen. Dokumentiert ist sie im Septemberheft 68 von Theater heute. Stein des Anstoßes war die Programmatik einer Aufführung, die nicht nur »›einen Missstand in der Welt bloßstellen‹, sondern zur Behebung dieses Missstandes konkret auffordern will« (Schwiedrzik/Stein 1968: 3), so die Regisseure Peter Stein und Wolfgang Schwiedrzik, indem unmittelbar im Anschluss an die Vorstellung eine Sammlung für Waffen für den Vietkong durchgeführt wurde. Knapp 40 Jahre später, im Februar 2008, resümiert der Regisseur Volker Lösch in einem Gespräch über die neuen Formen eines zeitgenössischen ›politischen Theaters‹ eine zentrale Schwierigkeit des Theatermachens, die zugleich den Motor seines Arbeitens bildet: »Wir kommen ja gar nicht ran an die Wirklichkeit« (Behrendt/Burckhardt/Wille 2008: 12). Seine Arbeiten sind der Versuch, diesem »Erfahrungsmangel« (Merck/Pilz 2005: 17) entgegenzuwirken. Man bemerkt den Abstand, der zwischen diesen Konzeptionen liegt: Der souveräne Gestus kritischer Selbstvergewisserung ist abhandengekommen und wird im Zeichen des Verlusts registriert. Die Tatsache, dass wir im Theater an die Wirklichkeit im Sinn einer uns unmittelbar umgebenden sozialen Realität nicht »rankommen«, hat sicher zu einem guten Teil mit den institutionellen Eigenheiten des realen Theaterbetriebs und seiner Tendenz zur Selbstreferenz zu tun. Die angesprochene Unzugänglichkeit ist aber zugleich in einem Begriff von ›Wirklichkeit‹ selbst begründet, der totalisierenden Wahrnehmungsmustern längst nicht mehr zugänglich ist. Insofern ist der ›Verlust von Wirklichkeit‹ als gesellschaftliches Phänomen zu begreifen, das aus der kollektiven Erfahrung der Unübersichtlichkeit und Unsicherheit einer in mehrfachen Moderni

Flucht - Repräsentation, Reflexion, Widerstand

2018

The contributions collected in this special issue of "psychosozial" are primarily dedicated to qualitative social research on flight, migration and representation of refugees in terms of perspectives and methodology. Some of the contributions refer to current topics in the context of the unusual migration movements of recent years, such as the analysis by Annett Schulze on the representation of migration and refugees in media coverage or Miltiadis Oulios' contribution on the subject of deportation. Others deal with the subject area of "flight and its consequences" in a reflexive way, either through in-depth self-reflection or in contrast to the classical forms of representation of refugees - such as the contributions by Lisa Doppler and Monique Kaulertz. Finally, the contributions by Tobias Neef and Astrid Utler look at the perspectives of refugees through different methodological approaches. All in all, this special issue would like to make a contribution to critical migration research that reflects on its own research practice and the associated conditions of representation.

Bestraft, entweiht, geschändet

Bestraft, entweiht, geschändet, 2022

The article deals with punished and desecrated works of art. Over thousands of years, man has mistreated cultural assets, political as well as cultural, religious as well as fashionable beliefs or ideological change wreaked destruction. Many examples are used to illustrate these less than praiseworthy deeds. Der Beitrag behandelt bestrafte, entweihte und geschändete Kunstwerke. Über Jahrtausende hinweg hat der Mensch Kulturgüter misshandelt, politische wie kulturelle, religiöse wie auch modische Überzeugungen bzw. ideologischer Wandel richteten Zerstörungen an. Anhand vieler Beispiele werden diese wenig rühmlichen Taten aufgezeigt.