Im Visier des Nationalsozialismus: Die Verfolgung von Homosexuellen, in: Queer.lu 4 (2024), pp. 27-31. (original) (raw)
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Luxemburg und das Dritte Reich, 2021
JÉRÔME COURTOY / DANIEL THILMAN JÉRÔME COURTOY DANIEL THILMAN Bekämpfung der Homosexualität in Luxemburg? Die Vorkriegszeit Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gab es in Luxemburg wie in den anderen von Napoleon Bonaparte inspirierten Rechtssystemen auch "keine Gesetzgebung, die homosexuelle Handlungen anders beurteilte als sexuelle Kontakte zwischen Mann und Frau" 05. In den von Napoleon besetzten Territorien sollte mit der Einführung des Code civil ("Zivilgesetzbuch") die Ehe zwischen Mann und Frau geschützt werden. 06 Der Code pénal ("Strafgesetzbuch") hingegen sah keine Strafen für nicht heterosexuelle Beziehungen vor. Letzterer basierte "auf dem Gedankengut der Aufklärung und machte einen rigiden Unterschied zwischen Rechtsdomänen der Kirche und des Staates. Die sittliche Verurteilung homosexueller Handlungen wurde als religiöse Frage betrachtet, mit der der Staat sich nicht zu beschäftigen hatte." 07
Am 22. Oktober 1958 wies die Entschädigungskammer des Landgerichts Hannover endgültig eine zwei Monate zuvor eingegangene Klage von Hans Grans ab. 1 Der Überlebende mehrerer Konzentrationslager hatte seit Dezember 1953 erfolglos versucht, Entschädigungszahlungen zu erhalten. Begründet wurde die Entscheidung des Landgerichts damit, dass der am 7. Juli 1901 in Hannover geborene Grans als "Krimineller" verfolgt worden sei. 2 Damit fiel er nicht unter die im Bundesentschädigungsgesetz (BEG) aufgeführten Personengruppen. Denn gemäß dem Gesetz kann nur entschädigt werden, "wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat". 3 Um die Ablehnung von Grans' Antrag zu untermauern, erklärte das Landgericht Hannover, der Kläger könne entgegen seinen Behauptungen schon deshalb kein politischer Gegner der Nationalsozialisten gewesen sein, weil er sich seit 1924 ununterbrochen in Haft befunden habe. Er sei somit gar nicht in der Lage gewesen, "sich über die Fragen des Verhältnisses zwischen Staat und Einzelperson aus eigener 1 Klageabweisung der Entschädigungskammer des Landgerichts Hannover vom 22. 10. 1958, Niedersächsisches Landesarchiv -Hauptstaatsarchiv Hannover (NLA HH), Nds. 720 Hannover, Acc. 2007/112, Nr. 1702. 2 Ebenda, Bl. 9. 3 Vgl. Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz -BEG) vom 18. 9. 1953, § 1, www.gesetze-im-internet.de bundesrecht/beg/ gesamt.pdf. 4 Urteil der Entschädigungskammer vom 22.
Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 2018
Border Crossings: Homosexual Self-Images and Movement Strategies in the German Democratic Republic 1973Republic -1980 In the GDR, homosexual encounters between adults over 18 years of age were legalized in 1968 -one year prior to a similar reform in the Federal Republic of Germany. The foundation of the first East German homosexual emancipation group was, however, closely connected to events in West Berlin, as networks with western gay activists made movement ideas accessible and influential in East Berlin. But in order to bring about changes and improve the situation for gays and lesbians in the GDR, the mostly male members of the Homosexuelle Interessengemeinschaft Berlin (HIB) created an image of themselves as socialists who were helping "to build communism" and resisted the "temptations" of the "capitalist" West by taking responsibility for ordinary homosexual citizens. The article therefore argues that the East German gay activism of the 1970s took place both within the framework of socialist discourse and through a dialogue across the Berlin Wall: its strategies were therefore shaped both by western influences and eastern imperatives.
Feministische Studien, 2018
In einer Gesellschaft, in der liberale Werte wie Gleichheit und Freiheit von Diskriminierung als normative Grundlage des Zusammenlebens gelten, ist öffentlich ausgesprochene Homofeindlichkeit verpönt. Eine Partei oder eine Bewegung, die politisch erfolgreich sein möchte, wird es daher vermeiden wollen, als homofeindlich wahrgenommen zu werden, mehr noch: sie will als homofreundlich erscheinen. Rechtspopulistische, neurechte und nationalkonservative Parteien und Bewegungen haben damit ein Problem: Ihnen haftet das Image des ›Homophoben‹ an.
angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag. phil.) Wien, 2012 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 312 Studienrichtung lt. Studienblatt: Diplomstudium Geschichte UniStG Betreuerin: ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Johanna Gehmacher DANKSAGUNG Viele Menschen begleiteten und unterstützen mich bei meiner Arbeit, wofür ich Ihnen an dieser Stelle danken möchte. Mein Vater, der zwar von meiner Wahl des Studiums nicht erfreut gewesen ist, finanzierte dennoch meinen Lebensunterhalt. Ich danke meiner Familie und meinen Freunden, insbesondere meinem Partner, Edouard, der mich mit schier unendlicher Geduld ertrug, wenn ich oft schlecht gelaunt und entnervt bei meiner Arbeit saß. Ich danke meiner Betreuerin, Univ.-Prof. in Mag. a Dr. in Johanna Gehmacher (Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien). Von Anfang an unterstützte sie mein Forschungsvorhaben und ließ mir freie Hand, um mich selbst entfalten zu können. Ich danke Dr. in Claudia Schoppmann und Christian-Alexander Wäldner, B.A., M.A., B.A. sowie Mag. Andreas Brunner und Mag. Hannes Sulzenbacher (Archiv QWien) für die vielen Diskussionen und guten Ratschläge. Einige weitere Personen möchte ich ebenfalls dankend erwähnen (ich reihe die Namen alphabetisch und führe in Klammern jeweils an, in welchem Zusammenhang ich diesen
Nationalsozialismus und Geschlecht: eine Einführung
Nationalsozialismus und Geschlecht
Das Thema ›Nationalsozialismus und Geschlecht‹ eröffnet eine Vielzahl an Bedeutungsebenen, Bildern und Diskussionen. Der nationalsozialistischen Rassenideologie lagen essentialistische Männlichkeits-und Weiblichkeitsbilder zugrunde. Antisemitische Klischees, aber auch Idealisierungen des »arischen Körpers« wurden häufi g über Geschlechterbilder verhandelt. 1 Neben Ideologie und Bilderpolitik blieben auch die Lebensverhältnisse im »Dritten Reich« von der Kategorie Geschlecht nicht unbeeinfl usst. Die Handlungsräume von Männern und Frauen unter dem Regime waren verschieden. Darüber hinaus wird die Erinnerung an den Nationalsozialismus maßgeblich über Geschlechterbilder strukturiert. 2 In die allgemeine historiografi sche und mediale Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit haben diese Aspekte durchaus Eingang gefunden. Doch bei genauerer Betrachtung ist der Bezug auf die Kategorie Geschlecht nur marginal und durchsetzt von Klischees: In der Mainstreamforschung zum »Dritten Reich« werden die Ergebnisse der Frauen-und Geschlechterforschung kaum berücksichtigt. Anstatt die Kategorie Geschlecht bei der Analyse heranzuziehen, wird meist ein undifferenzierter Blick auf die Stellung von ›Frauen im Dritten Reich‹ geworfen, 3 wodurch nicht nur Frauen mit ›Geschlecht‹ gleichgesetzt werden, sondern auch die