Auswärtiges Amt, Sicherheitsdienst und Reichssicherheitshauptamt 1933 bis 1942 (original) (raw)

Das Reichsministerium des Innern unter Heinrich Himmler 1943–1945 (The Ministry of the Interior under Heinrich Himmler, 1943–1945)

Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2006

Der Aufsatz untersucht Personal und Personalpolitik im Reichsministerium des Innern in der Zeit von 1943 bis 1945. Unter dem an seinem Amt nicht interessierten Minister Heinrich Himmler wurde der Staatssekretär Wilhelm Stuckart zum faktischen Leiter des Ressorts. Himmlers Einfluss auf die Innenverwaltung ist als eher marginal einzustufen, er vertraute Stuckarts Sachkenntnis und dessen Identifikation mit der SS. Der Staatssekretär zeichnete sich durch eine radikale völkische Grundhaltung ebenso wie durch sein Streben nach einer perfekten administrativen Neuordnung eines deutschen Europas aus. Dabei stellte er durchaus das Fachwissen der Beamten über deren Parteizugehörigkeit, wenn ihm das für seine Pläne sinnvoll erschien. Das entscheidende Ergebnis der Personalpolitik bestand in einer Halbierung der Zahl der Spitzenbeamten. Dennoch bewahrte die Führungsebene des Ressorts insgesamt ihre – dem Nationalsozialismus zugeneigte – Gruppenhomogenität; im Ministerium konnte die beabsichtigte...

Aspekte der Personalentwicklung im Auswärtigen Amt – der höhere Auswärtige Dienst 1933–1945

Das Auswärtige Amt in der NS-Diktatur

Auch Zahlen können eine Geschichte bekommen-insbesondere dann, wenn sich Historiker mit ihnen beschäftigen. Und manchmal werden Zahlen-nur weil Historiker sie in die Welt bringen-zu geschichtlichen Tatsachen. In dem Buch "Das Amt und die Vergangenheit" wird die Zahl der Mitarbeiter des Auswärtigen Amts für das Jahr 1943 mit punktgenau 6458 angegeben 1. Als Beleg verweisen die Autoren auf einen 1985 erschienenen Aufsatz von Hans-Adolf Jacobsen 2 , zweifelsfrei ein Kenner der NS-Außenpolitik, ihrer Institutionen und Organisation. Folgt man der dort ungenau angegebenen Belegstelle, landet man bei einer 1970 veröffentlichten Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Auswärtigen Amts. Darin findet sich die Zahl dann ohne jeden Quellenhinweis 3. Jacobsen hatte die "6458" aber schon einmal 1968 in seiner großen Studie über die nationalsozialistische Außenpolitik angeführt 4. Dort hatte er auf einen undatierten Sonderdruck aus der Feder von Heinz Günther Sasse verwiesen. Sasse war in den Jahren 1966 bis 1971 Leiter des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts. Von ihm stammten auch weite Teile der 1970er-Festschrift. Er hatte die "6458" erstmals 1959 in einem kleinen Beitrag in einer Vereinszeitschrift unter die Leute gebracht 5. Das war wohl auch der Sonderdruck aus Jacobsens Fußnote. Sasse war ein Vielschreiber aus den Akten des Auswärtigen Amts, die er, was sein im Politischen Archiv verwahrter Nachlass zeigt, weitgehend als Privatbesitz betrachtete und entsprechend nutzte. Er arbeitete jedoch stets völlig ohne Quellenbelege. Deshalb ist die Zahl auch hier leider unbelegt. Und sie bleibt es auch, wenn man sich in den überlieferten Akten umschaut. Sie ist jedenfalls weder in Sasses Notizen noch in den Dutzenden von überlieferten Haushaltsakten zu finden, sie ist auch aus keiner möglichen Addition verstreuter Angaben zu errechnen. Hier findet man bestätigt, was alle wissen und selbstredend stets beherzigen: Erstens: trau keiner Statistik! Zweitens: alles immer selbst nachrecherchieren! Mit Recht ist einzuwenden, dass die in der hohen Zahl sich zeigende Entwicklung doch stimmt, dass nämlich das Auswärtige Amt im Verlaufe seiner Geschichte und ganz besonders während des Zweiten Weltkriegs einen personellen Zuwachs erfahren hat. Was aber zeigt dieser Trend tatsächlich? Doch nur, dass im Falle eines Krieges Arbeit anfällt, die es zuvor nicht gab, dass sie umfangreich ist und zusätzliches Personal erfordert. Nicht besonders bemerkenswert! Zudem lehrt die Erfahrung mit jeder Art von Verwaltung: Behörden wachsen! Oder wie es ein Außenamtsdiener 1919 ausdrückte: "Ick weeß nich, wat det is,

Der Staatssicherheitsdienst der DDR, das Ibero-Amerikanische Institut und seine verschwundenen Buchbestände 1945- 1969/70

2017

der DDR, das Ibero-A m erikanische Institut und seine verschw undenen B uchbestände 1945-1969/70 Angesichts der Spekulationen, die sich um die Geschichte des Ibero-Amerikanischen Instituts rankten, kann es nicht verwundern, dass auch das ostdeutsche Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Ende der sechziger Jahre begann, sich für das LAI zu interessieren. Es war kein Geringerer als der C hef des Staatssicherheitsdienstes, Erich Mielke, der durch seine Anweisung eine aufwändige Untersuchung der Ver gangenheit des Instituts durch den ostdeutschen Geheimdienst auslös te. Es soll im Folgenden kurz nachgezeichnet werden, welches Inte resse das MfS am Ibero-Amerikanischen Institut hatte und welches die Ergebnisse seiner Ermittlungen waren. Vier Sachverhalte scheinen in diesem Zusammenhang von Bedeutung: Erstens sollte das MfS Mate rial sammeln, das Aufschluss über die Tätigkeit zwischenstaatlicher Verbände der Bundesrepublik geben konnte, die sich auf Lateinameri ka spezialisiert hatten. Zweitens sollte die Geschichte des LAI zwi schen 1933 und 1945 von den zuständigen Stellen des MfS analysiert werden, da eine institutioneile Kontinuität zwischen den nationalso zialistischen und den westdeutschen Ibero-Verbänden vermutet wur de. Drittens begann das MfS, nach den umfangreichen Buch-und Archivbeständen des Ibero-Amerikanischen Instituts zu suchen, die seit 1945 als vermisst galten. Dem ehemaligen Generalsekretär des Instituts, von Merkatz, schließlich galt das besondere Augenmerk der "Tschekisten", hatte er doch in der Ära Adenauer mehrere M inister ämter bekleidet. Das MfS suchte im Zuge der Ermittlungen, die sich gegen das Ibero-Amerikanische Institut richteten, auch nach Material aus der NS-Zeit, das geeignet erschien, den Bundesminister a.D. in M isskredit zu bringen. Dokumentiert sind die gesamten Recherchen des MfS im "Forschungsvorgang 8/69" (FV 8/69). Die betreffenden

Berufsständische "Selbstverwaltung" in der österreichischen Diktatur 1933-1938

Regulierte Selbstregulierung in der westlichen Welt des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, 2014

Regulierte Selbstregulierung als Potemkinsches Dorf I Einleitung »Wir wollen den christlich-deutschen Staat Österreich auf ständischer Grundlage.« Das verkündete am 11. September 1933 aus Anlass des Katholikentags in Wien Engelbert Dollfuß, 1 seit Mai 1932 Bundeskanzler einer Regierungskoalition aus Christlichsozialen, dem bäuerlich dominierten Landbund und dem Heimatblock (dem seit 1930 als Partei kandidierenden politischen Arm der bürgerlichen paramilitärischen Verbände, also der Heimwehr 2). Vorangegangen waren dieser Ankündigung Mitte März 1933 die Ausschaltung des Nationalrats (also de facto des österreichischen Parlaments), Ende März 1933 die Auflösung des Republikanischen Schutzbundes (des paramilitärischen Verbandes der Sozialdemokratie), im Mai 1933 das Verbot der KPÖ und die Lahmlegung des Verfassungsgerichtshofs, im Juni 1933 das Verbot der NSDAP sowie eine Fülle von weiteren verfassungswidrigen Regierungsverordnungen grundrechtseinschränkenden und polizeistaatlichen Charakters. An die Stelle der parlamentarischen Demokratie, wie sie mit der Bundesverfassung 1920 etabliert worden war, sollte der »autoritäre Ständestaat« treten. Ein besonderer Stellenwert sollte dabei anstelle der parlamentarischen Demokratie nun der berufsständischen Selbstverwaltung zukommen. Wie Dollfuß bereits in einer Rede im April 1933 mit Zielrichtung gegen den gerade ausgeschalteten Nationalrat betonte, könne es »auf die Dauer keine Selbstverwaltung in einem Volke geben, wenn praktisch nichts geschehen darf, was diejenigen, die keine Verantwortung tragen, nicht gutheißen. Das darf nicht