Das Phänomen des humanistisch gebildeten Buchdruckers im 15. und 16. Jahrhundert. Untersucht und dargestellt am Beispiel der Biographie von Aldus Manutius (original) (raw)

Die Selbsterfindung des Buchdrucks. Heurematakataloge und Druckerzeichen als diskurshistorische Quellen zur Analyse eines humanistischen Projekts (2020)

Marie-Laure Freyburger-Galland/ Henriette Harich-Schwarzbauer (Hrsg.), Res novae. Bouleversements dans les sources humanistes du Rhin Supérieur/ Umbrüche in den humanistischen Quellen des Oberrheins, Stuttgart 2020 (Collegium Beatus Rhenanus, 8), 125-148 [2014 im Manuskript abgeschlossen].

Wie kommt das Neue in die Welt? Vor allem aber: Wie und wo findet es dort seinen Platz? Wird es von den Zeitgenossen als etwas rundweg Revolutionäres wahrgenommen, das in die Welt platzt und sich mit brachialer Kraft einen eigenen Ort erobert, oder eher als eine allmähliche Entwicklung, die mit ruhigem Schritt das Erbe der Tradition antritt? Wie alt muss und wie neu darf das Neue erscheinen? Sind dabei unterschiedliche Darstellungsmodi für verschiedene Publika zu erkennen? Die Frage nach der Neuigkeit des Neuen ist die Leitlinie der folgenden Überlegungen, die sich exemplarisch der Etablierung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert zuwenden. Forschungssystematisch sind sie zwischen Mentalitäts-, Literatur- und Technikgeschichte einerseits, kulturhistorischer Innovationsforschung anderseits angesiedelt; pragmatisch rücken sie zwei charakteristische kulturelle Ausdrucksformen der Epoche ins Zentrum: die antik begründeten Erfindungskataloge (Heurematakataloge), die im 16. Jahrhundert durch und mit dem Buchdruck eine ungeahnte Blüte erfuhren und ihn auch selbst zum Gegenstand hatten, und die Druckerzeichen eben dieser Epoche, die als bedeutendstes Instrument typographischer Selbstdarstellung hunderttausendfach in ganz Europa Verbreitung fanden. In beiden schlägt sich der Diskurs um die Verortung des jungen Buchdrucks exemplarisch nieder, wobei im ersten Fall der Austausch innerhalb eines eng umgrenzten, humanistisch geprägten Kreises, im zweiten die Selbstdarstellung der Buchproduzenten vor einer breiteren Öffentlichkeit zugrunde liegt. Die skizzierten Leitfragen lassen sich für das gewählte Feld spezifischer fassen. Sie lauten dann: Mit welchen Argumenten wurde die Etablierung des Buchdrucks begleitet? Was macht aus Sicht der Zeitgenossen seine spezifischen neuartigen Qualitäten aus? Auf welche Erwartungen reagieren die Darstellungen des Druckens als neue Kunst oder alte Tradition? Wie stellten seine Protagonisten sich zur vorgängigen handschriftlichen Kultur? In welche Entwicklungslinien wurde der Buchdruck in seinem ersten, positionsbildenden Jahrhundert eingerückt – und von wem? Wie sah die Werbung für den Buchdruck aus, die in dieser Zeit – durch die neuen Verbreitungsmöglichkeiten begünstigt – erstmals in großem Umfang erfolgte? Mit diesen Fragen weitet sich der Blick vom technischen Verfahren auf die begleitenden Kulturphänomene aus und nimmt den Buchdruck nicht nur als Technik, sondern auch als spezifische geistige Haltung wahr. Sie erschöpfend zu beantworten, kann nicht Ziel dieser Skizze sein; eher geht es darum, zwei für die Innovationsforschung in diesem Bereich wichtige, aber wenig berücksichtigte kulturelle Formen in den Blick zu rücken und auf ihre je spezifische Aussagekraft zu überprüfen. Inhalt: Einleitung I. Der neuzeitliche Erfinderkatalog II. Der Buchdruck in Erfinderkatalogen: Das Beispiel Polidoro Vergilio 1.Drucken ist Schreiben: Der Buchdruck als jüngster Spross einer langen Tradition 2.Drucken ist die Überwindung der Abschrift: Die Überlegenheit der Moderne III. Der Buchdruck in Druckerzeichen 1. Drucken ist ein Handwerk, das Fleiß und Übung braucht 2. Drucken ist eine Wissenschaft, die philologischer Sorgfalt bedarf Schluss: Tradition und Revolution

"Bamberger Zyklus" von Albrecht von Eyb: die Schaffung der humanistischen Literatur in Deutschland um die Mitte des 15. Jahrhunderts

"Bamberger Zyklus" von Albrecht von Eyb: die Schaffung der humanistischen Literatur in Deutschland um die Mitte des 15. Jahrhunderts, 2024

Albrecht von Eyb (1420-1475) was a canon, lawyer, and writer, one of the first northern humanists of the 15 th century. Eyb went down in the history of German literature primarily as the author of a treatise on marriage (Ehebüchlein, 1472) and as the first translator of Plautus' comedies (part of Spiegel der Sitten, 1474). These significant works were preceded by the first humanist textbook of rhetoric written in Germany (Margarita poetica, 1459), which was the result of a 15-year stay in Italy and acquaintance with the humanist culture of the time. This article studies a cycle of Latin works (1451), Eyb's first attempt at writing, which were later partially included in his Margarita. The four Latin opuscula, which I call here the 'Bamberg Cycle' , were composed during Eyb's one-year visit in Bamberg, when he was forced to interrupt his studies for a while to secure an income from his prebenda. The works of the cycle are united by the young author's ambition to imitate humanist literature of his time, from which he borrows not only themes but also form. While it remains impossible to identify the precise audience for these works, or the reason that prompted Eyb to write them, a closer look at these works-exercises, which remain in the shadow of the author's more successful works, allows us to trace the ways in which the ancient and humanist heritage was received and adapted. Thus, the works of the 'cycle' become important material not only for the study of Albrecht von Eyb's writings, but also for the formation of humanist identity in mid-15 th-century Germany, at a time when the institutionalisation of the movement and its further flourishing were only just emerging.

Das Buch als Artefakt und kommunikatives Angebot. Die Exemplargeschichte des "Herbarius latinus" (Mainz: Peter Schöffer, 1484) aus der Bibliothek des Christoph Jacob Trew

Biographien des Buches, Biographien des Buches. Hrsg. von Ulrike Gleixner, u.a. Göttingen, 2018

Im Mittelpunkt des Beitrags im Sammelband „Biographien des Buches“ steht ein Exemplar des "Herbarius latinus", ein pharmakologisches Handbuch, gedruckt und verlegt bei Peter Schöffer in Mainz 1484, das sich heute im Bestand der Universitätsbibliothek Erlangen befindet. Über sechs Stationen wird die Exemplargeschichte des Buchs entfaltet: von der Mainzer Offizin zum Pariser Verleger Henri II Etienne und als Geschenk Henris zum ungarischen Humanisten Johannes Sambucus, weiter nach Nürnberg in eine unbekannte Privatbibliothek und wenig später in die bedeutende Bibliothek in die Nürnberger Bibliothek des Arztes und Naturforschers Christoph Jacob Trew. Die Trew-Sammlungen gelangten nach seinem Tod als Schenkung in die Universität Altdorf und und nach der Auflösung der Universität an ihren heutigen Aufbewahrungsort, die UB Erlangen. Diese letzte Station wurde kurzfristig unterbrochen durch einen Ausflug des Exemplars, das von dem drogensüchtigen Erlanger Bibliothekar Mehringer gestohlen wurde, in den Münchner Antiquariatsbuchhandel die Bibliothek des Bibliophilen Otto Schäfer in Schweinfurt. In der Raumsoziologie entstehen Kommunikationsräume auf der Grundlage der Wahrnehmung sozialer Güter von handelnden Akteuren in räumlichen Anordnungen. Damit ist der Rahmen für mögliche Strategien benannt, denen der Herbarius und sein kommunikatives Angebot zu unterschiedlichen Zeiten und an wechselnden Orten ausgesetzt ist. Das Schriftmedium ‚Buch‘ wird als Artefakt und Gegenstand symbolisch-kommunikativer Handlungen, von Praktiken und Bedeutungs-zuschreibungen, in den Blick genommen. Der Beitrag hat zwei Ziele: erstens zu zeigen, wie Methoden der historischen Buchforschung zur Rekonstruktion der Bewegungen eines Buchexemplars in Raum und Zeit genutzt werden können, und zweitens, das Medium Buch in den Kontext neuerer Diskussionen um das Konzept der Objektbiographie und der Materiellen Kultur zu stellen.