Hochtrabende Pläne und diplomatisches Ungeschick – die Angelegenheit Waldemar Belck (original) (raw)
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Vortrag im Oberseminar der Sächsischen Landesgeschichte am 6. Mai 2015, Korrekturversion 10. Januar 2020, 2015
Dieser im Mai 2015 im Oberseminar für sächsische Landesgeschichte gehaltene Vortrag setzt sich kritisch mit den von Karlheinz Blaschke 2012 veröffentlichten Thesen zur frühen Stadtentwicklung von Glauchau und Waldenburg (Sachsen) auseinander. Ausgehend davon, dass vorbildliche Beispielfälle zum Beleg von Thesen auf möglichst sicherer Quellenbasis stehen sollten, werden die von Blaschke angeführten Rekonstruktionskarten, die Belege für Flur- und Straßennamen sowie Patrozinien und Grundstücksstrukturen auf Basis der regionalgeschichtlich-wissenschaftlichen Literatur, der einschlägigen Quelleneditionen und einiger Zins-, Musterungs- und Grundregister überprüft. Leider lässt sich feststellen, dass Blaschke nicht mehr die in seinen Untersuchungen zu Colditz selbst geforderte und gezeigte Genauigkeit und Gründlichkeit bei der Suche nach Quellenbelegen anwendet. Die gesamte Darstellung muss der These genügen, dass jedes noch so spät (oder gar nicht) überlieferte Nikolaipatrozinium einen unfehlbaren Hinweis auf eine hochmittelalterliche Händlersiedlung bedeutet. Es wird gezielt weggelassen, lokal verschoben, nicht überprüft und sogar manipuliert. Flussübergänge, die nicht ins Entwicklungskonzept der Stadt passen, werden aus den Kartenausschnitten entfernt. Friedhofskapellen des 16. Jhs. werden mittelalterliche Vorgänger angedichtet. Frondienste, Zinsen etc., die noch in Colditz für den Beleg einer Händlersiedlung von Bedeutung waren, werden vollends ignoriert. Ebenso jegliche Quellen, die Hinweise auf die Tätigkeiten der Grundstücksbewohner oder Handelsumfang der Städte geben könnten. Statt dieser - seit dem ausgehenden 15. Jh. gut überlieferten - Quellen bevorzugt und verwendet Blaschke fast ausschließlich Berichte und Flurnamen aus dem 19. Jh. für seine Aussagen zu Entwicklungen im frühen 12. Jh. Letztlich bleibt die Frage, wie sich zwei Händlersiedlungen mit insgesamt 90 Familien ohne erkennbaren Grund- und Ackerbesitz in einem Umland ernähren sollten, in dem 1105 vor allem eins existierte: Wald, der in den folgenden 100 Jahren von etwa 60-80 Bauernfamilien in Waldhufenfluren umgewandelt wurde.
Baeck, Harnack und die Frage nach dem Wesen
Jüdische Religionsphilosophie als Apologie des Mosaismus, 2016
Ich verstehe meinen Beitrag hier als den Versuch, damit zu beginnen, die Sache des Harnack’schen und Baeck’schen Fragens nach dem Wesen von einer Wirkungsgeschichte zu befreien, an der wir keinen direkten Anteil mehr haben. Der Ausgangspunkt der Debatte liegt weit genug entfernt, um diese einer historisch distanzierten Betrachtung zu unterziehen. Eine solche Betrachtung selbst wird hier noch nicht vorgelegt. Vielmehr begnüge ich mich mit einigen vorläufigen Annäherungen, und zwar in der Hoffnung, dass eine Ortsbestimmung auch schon eine Art Erkenntnisfortschritt darstellt.
Wilhelm Röpke und das Problem der Souveränität in Europa. Eine Kritik der Massen und der Planung
Ziel des vorliegenden Beitrages ist es nicht, die ordoliberale Theorie in Bezug auf ihre mehr oder wenigerkohärente politische Umsetzung im europäischen Raum zu analysieren.Esgeht also nicht darum, die ökonomisch-politischen Maßnahmen zu untersuchen, welchebeispielsweise währendder vorletzten Wirtschaftskrise ergriffen wurden, und es handelt sich auch nicht um eine Interpretationder europäischen Ve rträge aus der ordoliberalen Sicht, oder aus der des sogenannten autoritären Liberalismus 1 .E in derartiges Vo rhaben würde nicht nur den dem vorliegenden Beitrag gewidmetem Raum, sondern vorallem seine theoretische Ambition übertreffen. Einführend soll daherzuerst einmal hervorgehoben werden, dass es erstens in der neoliberalen Ideengeschichte der erstenH älfte des Jahrhunderts keine kohärenteG esamtheitv on Theorieng ibt, die darauf abzielt, eine einheitliche Vision Europas und ihres möglichen zukünftigen Integrationsprozess zu liefern. Daher ist ein wissenschaftliches Unterfangen, welchesv ersucht, eine konsistente neoliberale Theorie von Europa herauszuarbeiten, in jedem Falle zum Scheitern verurteilt. Zweitens sollte beachtet werden,dass auch im Fall eines solch gewagten Unterfangens, es historisch und ideengeschichtlich gesehen höchst problematisch wäre,eine einzige politisch-soziale und wirtschaftlicheTheorie herauszukristallisieren-den Ordoliberalismus-, die den europäischen Integrationsprozessund seine Ve rträge als einziges Paradigma geprägt hätte.
Das Dilemma des Diplomaten? »Nationale Mischehen« im Deutschen Kaiserreich
Einen ausländischen Ehepartner bzw. eine ausländische Ehepartnerin zu haben, ist in der heutigen Zeit nicht nur im diplomatischen Feld kaum noch eine Ausnahmeerscheinung: Heute besitzen die Partnerinnen und Partner von immerhin 27 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Auswärtigen Dienst eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit. 1 Zu häufig sind derartige Verbindungen anzutreffen, um öffentlich überhaupt als besonders wahrgenommen und (nennenswert) kommentiert zu werden -ganz anders als etwa zu Zeiten der Nationalstaatsgründungen und des Imperialismus. Im »langen« 19. Jahrhundert, der »klassische[n] Epoche der Fremdenfeindlichkeit«, 2 unterlagen Diplomaten als Regierungsbeauftragte und Vertreter staatlicher Interessen nach außen der Aufmerksamkeit einer stark von ethnonationalen Tendenzen geprägten Öffentlichkeit. Eine binationale Ehe konnte generell skeptisch-abwehrende soziale Reaktionen hervorrufen, weil die Eheschließung als Symbol für die Entgrenzung des Nationalen bzw. des »Eigenen« aufgefasst wurde. Mit Charles S. Maier ist die Zeit zwischen den 1860er und späten 1960er Jahren als eine Epoche zu verstehen, in der sich Territorien zu einer zentralen Bezugsgröße der staatlichen Machtausübung, Sozialdisziplinierung und Regulierung entwickelten. 3 Als Folge davon wurden nationalstaatliche Kontroll-und Interventionsarrangements bezüglich Staatsangehörigkeit und Mobilität 4 installiert, die, so die Grundannahme der nachfolgenden Ausführungen, in ihren Weiterentwicklungen und Anpassungen in vielerlei Hinsicht maßgebend und mit einer bemerkenswerten Persistenz ausgestattet waren. Das (berufliche wie letztlich auch private) Agieren konkreter Individuen allerdings lag nicht selten quer zu diesen Modernisierungsprozessen. Denn just in diesem Zeitfenster, als in Europa »nationale und nationalstaatliche Grenzen zweifellos am schärfsten ausgeprägt« 5 waren, dynamisierten und beschleunigten sich Entwicklungen nicht nur in ökonomischen, sondern auch in alltagsweltlichen und geschlechterspezifischen Belangen. »Liebe« gewann in dieser Zeit als »symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium« (Niklas Luh-1 Martin Kröger, Vom Heiratskonsens. Warum englische Gattinnen als gefährlich galten, in:
Migration, Wissenstransfer und Slawistik: Der Fall Max Vasmer
L.I.S.A. WISSENSCHAFTSPORTAL GERDA HENKEL STIFTUNG https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/migration\_wissenstransfer\_und\_slawistik\_der\_fall\_max\_vasmer?nav\_id=9604, 2021
Die deutsche Slawistik vereinte von ihren Anfängen an ost- und westeuropäische Wissenschaftstraditionen und fungierte als Mittler zwischen Ost und West, wobei Slawisten mit Migrationshintergrund stets eine besondere Rolle hatten. Aus der sich etablierenden interdisziplinären Perspektive des Wissenstransfers und der Migration wurde die deutsche Slawistik bisher nicht betrachtet. Dieser auch auf einzelne Akteure fokussierte Ansatz scheint jedoch gerade in Bezug auf das Fach, das in vielerlei Hinsicht vom Wissenstransfer im Kontext der Migration geprägt wurde, vielversprechend zu sein, um tiefliegende biographische, historische und fachliche Zusammenhänge in seiner Geschichte nachzuvollziehen. Der Fall Max Vasmer (1886-1962) soll im Rahmen des Vorhabens als “scholarly persona” untersucht werden, d.h. als ein exemplarisches Beispiel des Slawisten mit Migrationshintergrund im akademischen Kontext. Daher kann das vorliegende Vorhaben auch ein methodisch erprobtes Modell für eine weitere digital gestützte prosopografische Studie der deutschen Slawisten, ihrer Migrationsverläufe und deren Implikationen für die erfolgreiche Verwissenschaftlichung der deutschen Slawistik liefern.