HANDOUT Umkämpftes Erinnern. Der Morzinplatz als Gedächtnisort im Postnazismus (original) (raw)

Orte und Worte. Gedächtnisräume im postsozialistischen Berlin

Zambon Verlag, Frankfurt am Main, pp. 400, 2021

Dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung stellt das Erbe der Deut- schen Demokratischen Republik immer noch ungelöste identitäts- politische Fragen, die sich in den Widersprüchen des neuen Berlins paradigmatisch widerspiegeln. Diese Studie untersucht die verschiedenen Formen und Ausdrucks- weisen des Gedächtnisses in Bezug auf die DDR in der deutschen Hauptstadt. Dabei werden auch deren Entwicklungen und Wechsel- verhältnisse in den Blick genommen. Die Dynamiken des öffentli- chen institutionellen Gedächtnisses werden mit individuellen Erinne- rungsstrategien verglichen, wobei zerbrechliche Mechanismen der Vergangenheitskonstruktion ans Licht kommen. Die Studie verfolgt mit einem originellen multidisziplinären Ansatz die Stadtspuren, die musealen und medialen Repräsentationen, die historiographischen und privaten DDR-Bilder innerhalb einer Stadt, die sich in kontinuierlicher Gärung befindet. Dieses Buch ist eine Reise in das vernarbte Herz des vereinigten Berlins, das durch die Augen seiner Protagonisten betrachtet wird. Mit einem Vorwort von Wolfgang Kaschuba

Die erzählte Erinnerung: Ein Faszinosum aufgespannt zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

KULT_online, 2017

Erinnerungen faszinieren seit Anfang der Menschheit. Mit Rückgriff auf literarische und philosophische Werke insbesondere des letzten Jahrhunderts zeichnet der Philosoph Emil Angehrn in seiner Monographie Sein Leben Schreiben die Wege der Erinnerung nach. Er arbeitet heraus, wie sich die Erinnerung in ihrer existentiellen Bedeutung zur Lebensbeschreibung und zur menschlichen Zeiterfahrung verhält. Seine Ausführungen sind ein gelungenes und äußerst lesenswertes Abbild der Verstrickungen von Erinnerungen, Zeit, Selbst und Sprache, das sich nicht zuletzt der Frage stellt, wieso der Mensch überhaupt nach Erinnerungen verlangt. Since the dawn of men memories have been of great interest. By drawing on literary and philosophical works, especially from the last century, the philosophical monograph Sein Leben Schreiben attempts to make the ways of memories observable. Emil Angehrn explores memories in their existential meaning and their interaction with the concept of life-writing and human temporal experiences. His considerations are highly worth reading and a thoroughly well written reflection on the entanglement between memories, time, language, and the self. Moreover, he raises the question why we desire memories in the first place.

Erinnerungsorte. Erinnerungslernen an Orten nationalsozialistischer Verbrechen im Wandel der Zeiten

2020

1 EinleitungAls ich das erste Mal die KZ-GedenkstatteAuschwitz bei Os´wie¸cim/Polen im Fruhsommer2010 besuchte, hatte ich ein mulmiges Gefuhl inmir, was sich verstarkte, als ich den Parkplatz vorder Gedenkstatte uberquerte. Wurstchenbuden,Imbissstande, Eisstande, lachende Menschen: Washatte ich erwartet? Jedenfalls nicht dieses Fremdheitsgefuhl.Mit mir zusammen besuchten etwa zehn Studierendeder Sozialen Arbeit die Gedenkstatte; untergebrachtwaren wir in der Internationalen Jugendbegegnungsstatteund hatten so auch die Gelegenheit,padagogisch zu arbeiten und die Eindruckewahrend unseres Aufenthalts emotionalnachzuarbeiten.Dieses Fremdgefuhl liese sich auch als Ort derabsoluten Sinnleere sehen: Was treibt mich zu soeinem Ort – was erwarte ich? Dan Diner beschreibtdiese Ortlosigkeit von Auschwitz als ZivilisationsbruchAuschwitz und als Ereignis vollendeterSinnlosigkeit.

Erinnerungen an Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus

2017

Die Arbeit stellt, wie der Titel bereits ankündigt, dem chronologisch ersten Band der autobiographischen Erzählungen Bernhards, "Die Ursache", Gerhard Amanshausers Autobiographie, "Als Barbar im Prater", gegenüber. Die Autoren haben nicht nur den Ort ihrer Geburt Salzburg gemeinsam, sondern auch den Umstand, eine Zeit ihres Lebens in einem totalitären Regime verlebt zu haben. Die Erinnerungen an diese Zeit in Form ihrer Texte bilden die Grundlage der Analyse. Der erste Teil macht mit den für das Verständnis der Arbeit notwendigen Begrifflichkeiten vertraut. Erinnerung, kollektives Gedächtnis und Literatur sind die zentralen Stichworte. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich dem Vergleich der Texte in Bezug auf Form, Struktur und Inhalt. Es wird untersucht wie die Autoren ihre Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus literarisch verarbeiten und welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten ausgemacht werden können. Schließlich wird der Begriff 'kollektiver Text&#...

DDR-Aufarbeitung von rechts: Erinnerung als Beute

Neues Deutschland, 2023

Unter dem Deckmantel des staatlich verordneten Antifaschismus sind im Laufe der 40-jährigen Geschichte der DDR Elemente nationalsozialistischer Ideologie unbeschadet tradiert worden. Dies hat erhebliche Auswirkungen auch auf die Aufarbeitung des DDR-Unrechts. Die Deutungshoheit über den »Unrechtsstaat DDR« und seine Kontextualisierung mit nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen sowie dem Zivilisationsbruch der Shoah sind einer Aufarbeitungs-Community zur Beute geworden, deren Verbindungen zum Aufstieg des von der AfD verkörperten autoritären Nationalismus-um nicht zu sagen: Neo-Faschismus-mehr als nur einzelne Auswüchse sind. Eine Problematisierung und Diskussion dieses Umstands trifft auf Protest, Beschwichtigung und renitentes Wehklagen. Eine Aufsatzsammlung zur Tagung »Der rechte Rand der DDR-Aufarbeitung«, zu der die Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) im Februar 2019 eingeladen hatte, dokumentiert die Lage eindrücklich. Das Schweigen rächt sich Die Lektüre ist bedrückend. »Das Setting des verordneten Antifaschismus hat eine Aufarbeitung (des NS) durch die Deutschen in der DDR in starkem Maße blockiert«, schreiben die Herausgeber*innen in der Einleitung des Buches. Die Grundlage des Selbstverständnisses und der Befriedung der inneren Widersprüche der DDR bestand im dreifachen Beschweigen der Vergangenheit. Die große Zahl von deutschen Täter*innen und Mitläufer*innen, die sich am Ende des Zweiten Weltkriegs in der sowjetischen Besatzungszone aufhielten, wurde kurzerhand zu »Arbeitern und Bauern« umetikettiert, von »den Nazis« angeblich »verführt und missbraucht«. Aber auch die Nicht-Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Stalinismus durch die Gründungsgeneration der DDR zählt zu diesen folgenreichen Versäumnissen, ebenso wie das Schweigen über das eigene Schicksal etwa als überlebende jüdische Kommunist*innen. Diese gesellschaftlichen Dilemmata der DDR brachen nach dem Fall der Mauer rasch auf und amalgamierten mit den Aufarbeitung der DDR: DDR-Aufarbeitung von rechts: Erinnerung al...