Franz Dischinger - Visionär des Brückenbaus [2013] (original) (raw)
Related papers
Buchner Bründler – Stadt, Land, Raum-Fluss
Architekturdialoge Schweiz – Positionen Konzepte Visionen, 2011
Schweizer Architektur geniesst seit Jahrzehnten weltweit einen hervorragenden Ruf. Doch auch in der Schweiz haben sich die Arbeitsbedingungen drastisch verändert. Wie reagieren die helvetischen Architektinnen und Architekten darauf? Welche Impulse gehen aktuell von ihnen aus? In den «Architekturdialogen» befragen neun Interviewer 30 namhafte Schweizer Architekturschaffende nach Leitbildern, Tendenzen und einem Ausblick ihrer theoretischen Überlegungen und praktischen Arbeiten. Sie legen im Gespräch nicht nur ihre konstruktiven, konzeptuellen und ästhetischen Standpunkte dar, sondern ziehen auch aus den Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts Rückschlüsse auf die Zukunft ihrer Disziplin. Die in diesem Lesebuch versammelten Sichtweisen zeigen die von den Architekten artikulierten Möglichkeiten und Grenzen ihrer vielschichtigen Aufgaben- und Verantwortungsbereiche auf eine Momentaufnahme, die einen wichtigen Beitrag auch für den internationalen Architekturdiskurs liefert.
Der große Brückenbauer [Le grand pontonnier de Roger Caillois (Übersetzung)]
Ich höre noch Marcel Mauss, als er mir die erstaunliche Enthüllung in einem Kurs der Sorbonne 1937 machte. Zwei mal in der Woche sprach er mit einigen Studenten über Mythen, die die Eroberung des Himmels thematisieren und korrespondierenden Riten, von denen der Drachen und der Klettermast die grundsätzlichen Instrumente sind. Tatsächlich handelte es sich um endlose Exkurse, in denen sich die Erfahrung des Menschen auf stets unerwartete und fruchtbare Art und Weise mit der Belesenheit des Gelehrten mischte. Ich begleitete ihn oft nach dem Ende des Kurses bis zur Bushaltestelle. An jenem Tag kündigte ich ihm an, dass ich als Thema meiner zukünftigen (nie geschriebenen) Abschlussarbeit: " Das religiöse Vokabular von Römern " gewählt hatte. Er beglückwünschte mich für meine Wahl, wobei er mich gleichzeitig vor den Fallstricken warnte, die mich erwarten würden: " Um mit dem Wort religio selbst zu beginnen. Die Etymologie relegere steht hier außer Zweifel, aber man begeistert sich dabei gefährlich für das, was sie verschweigt oder verrät. Obzwar relegere niemals " verbinden " aussagen wollte, hält man es für gesichert, dass dies die Essenz der Religion ist. Aber was verbindet sie? Jeder fabuliert gemäß seiner Präferenzen: den Himmel und die Erde, die Natur und das Übernatürliche; die Menschen und die Götter; oder auch die Menschen untereinander, indem sie sie in und durch einen gemeinsamen Glauben vereint. Kurz gesagt, die Religion würde beinahe egal was verbinden. Ich überspringe die Spekulationen über die alte Bedeutung von religio: " peinliche Sorgfalt ". All das ist nichts als Blödsinn. Die Wahrheit findet sich bei Festus (das ist der Name, an den ich mich entsinne, aber Mauss hatte damals vielleicht einen anderen Lexikographen zitiert), der religio wie folgt kommentiert: " religiones tramenta erant ". Die " Religionen " waren " Strohknoten ". Es scheint, dass niemand jemals diese kleine Phrase wahrgenommen hat. Aber welche Strohknoten? Um Himmels Willen! jene, die dazu dienten, die Brückenbalken untereinander zu befestigen? Der Beleg dafür ist, dass der Herr der Religion in Rom, der höchste Priester, der " Brückenbauer " heißt: pontifex. Aber wenn heutzutage jemand über den Papst als Souverän der Kirche spricht, weiß er, dass er ihn den Großen Brückenbauer nennt! " Ich war hingerissen von der Entdeckung. Es blieb mir jedoch unklar, wie ein züchtiges Tragwerk ein derart außergewöhnliches Schicksal verdient hat. Ich stellte ihm die Frage, als der Autobus ankam. Er verabschiedete sich vorschnell und von der Plattform aus warf er mir anstatt
Willi Gehler. Karrieren eines deutschen Bauningenieurs
2017
Stahlbeton ist heute ein omnipräsentes Baumaterial, das die Druckfestigkeit des Betons mit der Zugfestigkeit des Stahls kombiniert. Graue Betonoberflächen, die versteckte Metallkerne umhüllen, prägen weite Teile des menschlichen Technotops und werden allenfalls aus ästhetischen Gründen abgelehnt. Ob verschämt mit Natursteinen verkleidet oder selbstbewusst präsentiert – die Funktionalität dieses Materials steht heutzutage nicht ernsthaft infrage. Vor einhundert Jahren war es dagegen keineswegs selbstverständlich, Bauten in Stahlbeton zu konstruieren. Vielmehr blieb es einer kleinen Avantgarde von Bauingenieuren vorbehalten, das Fundament für die heute fest etablierte Stahlbetonbauweise zu legen. Diese Schrift widmet sich einem von ihnen: dem Ordinarius der Technischen Hochschule Dresden Willy Gehler (1876–1953), der hier studierte, lehrte, forschte und mit seinen Bauten im Dresdner Stadtgebiet Spuren hinterlassen hat. Einerseits ist Gehlers Vita von wissenschaftlichem Interesse, da sie eng mit den Pioniertaten des Stahlbetons in Deutschland verbunden ist. Anderseits lässt sich an seinem Beispiel das Wirken von Technikwissenschaftlern in vier unterschiedlichen politischen Systemen untersuchen, da der Protagonist unserer Narration im Deutschen Kaiserreich, in der Weimarer Republik, in der Zeit des Nationalsozialismus und in der DDR aktiv war und als engagierter Vertreter seines Berufsstandes hervortrat. Die Beschäftigung mit Willy Gehler ist mithin geeignet, Kontinuitäten und Brüche in den Biografien bürgerlicher Eliten aufzuzeigen, und exemplarische Schneisen in die Bau-, Hochschul- und Wissenschaftsgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu schlagen. Die Gliederung orientiert sich dabei an den vielfältigen Rollen, die dieser deutsche Bauingenieur im Laufe seiner Karriere als Student, Konstrukteur, Hochschullehrer, Kollege, Normungsaktivist, Gutachter, Forscher, Materialprüfer und politisch Engagierter ausfüllte. Der Erforschung der wissenschaftlichen Verdienste Gehlers um den Stahlbetonbau sowie seines Lebens in vier politischen Systemen widmet sich das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Willy Gehler (1876–1953) – Spitzenforschung, politische Selbstmobilisierung und historische Rezeption eines bedeutenden Bauingenieurs und Hochschullehrers im ‚Jahrhundert der Extreme‘“ – eine Kooperation des Instituts für Massivbau (Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Manfred Curbach) und des Lehrstuhls für Technik- und Technikwissenschaftsgeschichte (Prof. Dr. Thomas Hänseroth) der TU Dresden – auf dessen bisher erzielte Ergebnisse sich diese Publikation stützt. Die vorliegende Broschüre begleitet zudem eine studentische Ausstellung in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), die im Wintersemester 2016/17 im Rahmen eines Praxisseminars am Institut für Geschichte der Technischen Universität Dresden erarbeitet wurde.
Ein Leben für den Orient - Zur Person des 1. Architekten Felix Langenegger (1876-1947)
N. Cholidis - L. Martin (Hrsg.), Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf. Begleitbuch zur Sonderausstellung des Vorderasiatischen Museums vom 28. 1. - 14. 8. 2011 im Pergamonmuseum, 117-127, 2011
Nichts deutet darauf hin, dass Felix‘ Heimatbegriff nur wenige Jahre später einer radikalen Metamorphose unterlag, was das Eingangszitat nahe legt: Entscheidenden Einfluss auf diese Entwicklung hatte Robert Koldewey. In dessen elitäre Schülerschar erwählt, bricht er als Mittzwanzigjähriger im Auftrag der Deutschen Orient-Gesellschaft 1903–05 in den Vorderen Orient auf, um in Babylon jenes Handwerkszeug zu erlernen, das eine ganze Generation von Architekten zu Altertums- und Bauforschern entwickelte.1908 promovierte er über die „Baukunst des Irak“, ein Standardwerk zur Lehmziegelarchitektur Mesopotamiens – übrigens zusammen mit seinem wohl bekanntesten Kommilitonen Walter Andrae – an der technischen Hochschule Dresden. Und bis zu seinem tragischen Lebensende blieb er dann unter verschiedensten Vorzeichen dem Orient verbunden, „im Banne der merkwürdigen Gewalt, welche dieses wunderbare Land auf alle ausübt“ – allerdings längst nicht mehr nur als Architekt, sondern auch als Sammler und Verehrer aller Zeugnisse arabischer Lebenskultur und -praxis.