Das Jugendangebot ist das Nadelöhr für den Fortbestand öffentlich-rechtlicher Medien (original) (raw)

Die öffentlich-rechtlichen Medien stehen vor zwei großen Herausforderungen: dem digitalen Medienwandel und dem Verlust des jungen Publikums. An ihnen entscheidet sich die künftige Legitimation des öffentlich-rechtlichen Systems insgesamt. Die Lage ist in ganz Europa ähnlich. In Deutschland hat die Politik einen mutigen Beschluss gefasst, um beide Fragen anzugehen. Auf ihrer Konferenz im Oktober 2014 beauftragten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder ARD und ZDF, ein Angebot für 14- bis 29-Jährige zu konzipieren – ausschließlich im Internet, ohne Sendungsbezug, ohne Drei-Stufen-Test, ohne Verweildauerbeschränkungen und mit einem Etat von 45 Millionen Euro. Die große Gefahr ist, dass das Jugendangebot zum Alibi dafür wird, nicht über eine Generalreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems zu reden. Eine Content-Strategie, die nicht auch strukturverändernd wirkt, kann nicht nachhaltig sein. Content ist gar nicht das Problem. Davon haben ARD und ZDF reichlich, den können sie. Aber es reicht nicht, ihn nur neu zu formatieren und im Internet zu verbreiten, auch die Institutionen, die ihn erschaffen, müssen vom Internet aus neu gedacht werden. Die große Chance liegt darin, dass der Elefant tatsächlich durch das Nadelöhr Jugendkanal geht. Dass sich an ihm die Möglichkeit erweist, jungen Menschen von ihnen gewünschten und gewürdigten Public Value anzubieten, sie in einem horizontalen Medium zu Partnern und Teilhabern zu machen. Wenn wir ehrlich sind, bräuchte es für eine faire Chance nicht 45, sondern 450 Millionen, was wiederum auf einen notwendig damit einhergehenden Auftrag zu einer Generalreform der Anstalten verweist. Schließlich trägt das Jugendangebot die ganze Bürde nicht nur von digitalem Medienwandel und Generationenabriss, sondern die, wahrgenommenen und nicht nur anhand von Quoten gemessenen Public Value zu schaffen, ARD und ZDF insgesamt zu verjüngen und zu digitalisieren und damit neue Formen der Legitimation zu finden für Medien, die wir alle beauftragen, bezahlen und kontrollieren.