Schmitt, Rudolf (2001b). Rezension zu: Kopp, Richard R. (1995). Metaphor Therapy. Using Client-Generated Metaphors in Psychotherapy, Bristol, Brunner/Mazel. In: Journal für Psychologie, 9(4), S. 93 - 97. (original) (raw)

Schmitt, Rudolf (2016). Arbeiten in und mit Metaphern: eine konzeptionelle Anregung. In: Resonanzen. E-Journal für biopsychosoziale Dialoge in Psychotherapie, Supervision und Beratung, 4(1), S. 25-44. Verfügbar unter https://www.resonanzen-journal.org/index.php/resonanzen/article/view/383

Resonanzen – E-Journal für biopsychosoziale Dialoge in Psychosomatischer Medizin, Psychotherapie, Supervision und Beratung, 2016

Der Umgang mit Metaphern in Beratung und Therapie wird oft selbst nach der Logik eines Werkzeugs diskutiert, als wären Metaphern Instrumente, die man kunstfertig einsetzen könnte. Die von der kognitiven Linguistik (Lakoff & Johnson, 1980, 1998) abgeleitete Metaphernanalyse erschüttert dieses naive Selbstverständnis: Auch BeraterInnen und TherapeutInnen leben in ihren kaum bewussten metaphorischen Mustern, und qualitative Forschung zeigt, dass metaphorische Kommunikation ein situatives und interaktives Phänomen ist, zu dem alle Teilnehmenden beitragen. Der Aufsatz fasst den aktuellen Diskussionsstand zusammen und schlägt eine behutsame und reflexive Vorgehensweise vor.

Schmitt, Rudolf (2013). Zuwendung zum Menschen und andere Bilder sozialer Interaktion. Metaphernanalyse als Forschungsmethode in der Sozialen Arbeit. In: Wolf Rainer Wendt (Hg.) (2013). Zuwendung zum Menschen in der Sozialen Arbeit. Festschrift für Albert Mühlum, S. 165-178. Jacobs: Lage.

Zuwendung zum Menschen und andere Bilder sozialer Interaktion: Metaphernanalyse als Forschungsmethode der Sozialen Arbeit 1) Warum Metaphernanalyse? Albert Mühlum sieht die Sozialarbeitswissenschaft, an Vorläufer anknüpfend, in einer Entwicklung zu einer "transdisziplinären oder multidisziplinären Disziplin" (Mühlum 2004, 134), und nennt die Überschneidungen zu vielen Disziplinen, von der Soziologie über die Psychologie und Politologie, Ökonomie und Rechtswissenschaften bis hin zur Erziehungswissenschaft und anderen. Der Bogen ist weit gespannt -das begründet einige der Schwierigkeiten einer Sozialarbeitswissenschaft. Dennoch soll hier ein kurzer Blick auf eine weitere Wissenschaft gelenkt werden, die der Sozialarbeit zuarbeiten kann: die Linguistik, insbesondere jene Teile der Pragmalinguistik, denen es um Sprechen, Sprache und Denken unter Alltagsbedingungen geht. Selbst diese Spezifikation ist hier nicht auszuloten, der folgende Text beschränkt sich auf die sog. "kognitive Linguistik", die sich in Anknüpfung an eine erste Publikation der Sprachwissenschaftler George Lakoff und Mark Johnson (1980, vgl. 1999) zur qualitativen Forschungsmethode weiterentwickelte und inzwischen einige sozialarbeitsbezogene Studien aufweisen kann. Warum könnte diese neue Betrachtungsweise hilfreich sein? Es sind drei Ebenen, die in den folgenden Studien angesprochen werden: a) Muster des alltäglichen Sprechens und ihre Implikationen für Beratung, Intervention und Prävention: Wenn z.B. männliche Alkoholkranke oder Alkoholmissbrauchende ihr Trinken als "Leistung", "Kampf" oder "Sport" sprachlich darstellen, dann sind nicht nur metaphorische Heldentaten gemeint, sondern auch Selbstdefinitionen, deren Veränderung zuweilen an sprachlich unattraktiven Metaphern von unmännlicher "Abstinenz" oder "Nüchternheit" scheitert (Schmitt

Schmitt, Rudolf (2000). Metaphernanalyse und helfende Interaktion. In: Psychomed. Zeitschrift für Psychologie und Medizin. Heft 3, 12. Jahrgang, Reinhardt-Verlag, München 2000, S. 165-170

Metaphernanalyse und helfende Interaktion Der Aufsatz führt in das Phänomen alltäglicher Metaphorik praktisch wie theoretisch ein, bevor er an einem Fallbeispiel die Möglichkeiten der Metaphernanalyse in der Supervision und einen Überblick über Möglichkeiten metaphorischer Intervention in Beratungsgesprächen zeigt. Der Ablauf der Metaphernanalyse als Forschungsmethode wird skizziert. 1. Metapher und Alltag; oder: Verstehen und Nichtverstehen An einem meiner ersten Arbeitstage in einer psychiatrischen Klinik führte mich eine Kollegin in den schwierigen Umgang mit einer noch akut psychotisch kranken Patientin erzählend ein: Diese Patientin hatte sie vor der Stationstür um einen kleinen Geldbetrag angebettelt, und sie hatte das mit der Notlüge (so ist der Alltag) abgelehnt: Das ginge nicht, sie sei selbst im Moment "abgebrannt". Die Patientin wäre sehr erschrocken und hätte dann versucht, einen Feuerlöscher aus seiner Halterung an der Flurwand zu reißen, um, wie meine Kollegin dann verstand, sie zu löschen. Wenn unsere alltäglichen Bilder nicht mehr verstanden werden, stoßen wir darauf, daß es Bilder sind, die zwar noch einen engen Zusammenhang mit dem gemeinten Sinn haben, jedoch nicht wörtlich zu nehmen sind: "Abgebrannt" zu sein bedeutet real wie bildlich eine empfindliche Verminderung unserer materiellen Ressourcen. Dieses Vermögen der Metaphorik, mit kräftigen Bildspendern ("Brand") alltägliche Phänomene zu beschreiben, läßt sich jedoch auch in Formen erkennen, in denen diese Trennung zwischen "wörtlicher" und "übertragener" Bedeutung verschwimmt. An einem transkribierten Interview will ich dies im mikroskopischen Ausschnitt zeigen. Eine Sozialarbeiterin beschreibt, wie die von ihr betreute ältere Frau versucht, die Helferin zu bemuttern (Schmitt 1995/181ff): Helferin: ... oder wenn sie die Stimmen hört, die reden ihr ja manchmal auch ein, Rabenmutter zu sein, und dann hat sie eben Gewissensbisse, weil die Ehe damals halt so schlimm war, und sie denkt, daß das Kind viel davon abgekriegt hat von ihrem Frust. Und daß sie jetzt halt versucht, bei mir keine Rabenmutter zu sein, jetzt halt eine richtige Mutter zu sein, aber es ist schwierig. Interviewer: Und Dir ist das zu dicht? Helferin: Mir ist es, mir ist es zu dicht, ja. Sie weiß es aber auch, also sie nimmt mich in den Arm, und sagt dann gleich: "Ich weiß, ich weiß .." oder so, so war es zumindest gestern. "Aber ich freue mich halt so, daß Sie da sind." Mir ist es zu dicht, auf jeden Fall. Was ist an dieser Stelle passiert? Der Interviewer versucht nach den Regeln der Interviewführung von Witzel (1989) durch Reformulieren und Spiegeln des Gesagten das Interview in Gang zu halten. Schneller als es seine theoretischen Überlegungen zulassen, hat er das für die Sozialarbeiterin zu enge Verhältnis zur Betreuten in der Metapher, es sei "zu dicht" reformuliert-also eine räumliche Metaphorik für das Beziehungsverhalten gewählt. Und da zögert die Sozialarbeiterin zunächst-die Kommata stehen in der Transkriptionsanleitung für eine kleine Pause mit Stimmsenkung-und erzählt dann, daß diese

Schmitt, Rudolf (2015). Metaphern der Erfahrung von Krebserkrankungen. In: sozialmagazin 7-8.2015, S. 58-64.

Metaphernanalysen erfassen individuelle und kollektive Muster des Denkens und Handelns. Wenn im folgenden Fallbeispiel eine Brustkrebserkrankung als "Kampf" metaphorisiert wird, dann sind darin gleichermaßen produktive wie blockierende Selbstdefinitionen angelegt. Die Analyse individueller und kollektiver Sprachbilder könnte helfen, die Reflexion von professionell in der Sozialen Arbeit Tätigen zu verändern und somit die Beratung Betroffener zu verbessern.

Rezension zu: Jon G. Allen & Peter Fonagy (Hg.) (2009) Mentalisierungsgestützte Therapie. Das MBT-Handbuch – Konzepte und Praxis.

systeme 23(2): 231-233, 2009

Das hier besprochene Buch ist die Übersetzung des im Jahr 2006 erschienenen Originals. Als Handbuch verspricht es sowohl Klärendes zu den Grundlagen als auch einen fundierten Einblick in die Erfahrungen einer Vielzahl von AutorInnen, die in unterschiedlichen Bereichen mit mentalisierungsgestütztem Vorgehen arbeiten. Mir gefällt, dass trotz der immens fundierten und gedanklich sowohl konzentrierten wie umfassenden Darstellung das Schillernde des Begriffs nicht geleugnet wird. Hier wird nicht so getan, als verstehe sich der Begriff von selbst, und auch das Bemühen um ein möglichst präzises Erfassen verleugnet nicht, dass es damit kaum ein einseitig definiertes Ende haben dürfte.

„indem er Feuer und Würmer in ihr Fleisch gibt“ (Jdt 16,17). Die Metaphern in Jdt 16,17 vor dem Hintergrund von Jes 66,24 (zusammen mit Judith Gärtner), in: M. Witte (Hg.), The Metaphorical Use of Language in Deuterocanonical and Cognate Literature (DCLY), Berlin / New York 2014, 107-123.

„indem er Feuer und Würmer in ihr Fleisch gibt“ (Jdt 16,17). Die Metaphern in Jdt 16,17 vor dem Hintergrund von Jes 66,24 (zusammen mit Judith Gärtner), in: M. Witte (Hg.), The Metaphorical Use of Language in Deuterocanonical and Cognate Literature (DCLY), Berlin / New York 2014, 107-123. Following the narration of a rescue from a hopeless situation the book of Judith ends with a hymnically fashioned song, which combines the gratitude for the rescue with a review on what occurred. Remarkably, this narratological important part of the narrative ends with a phrasing which not only differs from the characteristic style of the final speech but also cites the end of the book of Isaiah (66:24). This is the point of departure for the considerations. They are going to trace the meaning and literary function of this foreign imagery from Isaiah 66:24 in the narrative of Judith. Das Buch Judit erzählt von der großen Bedrohung Israels durch den assyrischen König Nabuchodonosor und der Rettung Israels aus dieser ausweglosen Situation durch Judit. Die Erzählung endet mit einem hymnisch gestalteten Loblied Judits in Jdt 16, das Judit singt, als sie zusammen mit dem Volk nach Jerusalem zieht, um dort am Tempel Gott zu danken und den Sieg zu feiern. Das nach er-folgter Rettung gesungene Lied verbindet den Dank für die Rettung mit einem Rückblick auf das Geschehene. Dazu wird im ersten Teil (Jdt 16,1–12) dieses zwei-gliedrigen Lieds zurückgeblickt, und die Ereignisse werden nacherzählt. Dieser Rückblick ist im Kontext der Juditerzählung eigenwillig gestaltet. Judit schildert, dass Assur aus den Bergen von Norden gekommen sei und mit Zehntausenden der Streitmacht die Bach(täler) verstopft und die Hügel bedeckt habe (Jdt 16,3). Weiterhin erzählt sie, dass das Gebiet verbrannt, die jungen Männer umgebracht, die Säuglinge zu Boden geworfen und die jungen Frauen zur Beute gegeben wor-den seien (Jdt 16,4). Aber Gott habe durch die Hand einer Frau eingegriffen (Jdt 16,5), so dass die Assyrer nicht kampfstarken jungen Männern, sondern Judit und ihrer Schönheit erlegen seien (Jdt 16,6–10). Mit diesem Rückblick repetiert Judit das Geschehene nicht nur, sondern sie interpretiert es auch.