Alte Akten - Neue Gräber? Marginalien zu Julius Naue und Johannes Dorn (original) (raw)
In der Literatur zu den vorrömischen Metallzeiten Süddeutschlands werden Ausgräber des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts häufig nicht gerade positiv beurteilt. Genannt werden können hier die fast schon als ›ausfallend‹ zu bezeichnenden Äußerungen Paul Reineckes über das Wirken Julius Naues. 1 Hart ging beispielsweise auch Walter Torbrügge mit dem vor allem im Gebiet um Beilngries tätigen Medizinalrat Theodor Thenn ins Gericht. 2 Diese massiven Angriffe wurden zum Teil durch die ursprünglichen ›Ankläger‹, zum Teil auch durch spätere Forschergenerationen relativiert. So bemerkte Torbrügge (1965, 26 mit Anm. 25), er habe »Thenns Verhalten wenigstens in bezug auf die Steindeckengräber doch etwas zu hart beurteilt«. Harald Koschik (1981, 25) vertrat die Meinung, man sei »bei der Beurteilung … Naue[s] aus heutiger Sicht allzu leicht geneigt, harte Kritik walten zu lassen.« Man dürfe »trotz aller negativer Seiten, … nicht vergessen …, daß wir es hier mit einer Erscheinung zu tun haben, die aus den Umständen der Zeit heraus entstanden ist«. Der vorliegende Beitrag hat nicht ein komplexes, mit einem guten Schuß Einfühlungsvermögen geschriebenes ›Psychogramm‹ zum Ziel, wie es z. B. in vorbildhafter Weise von Torbrügge (1964, 20 ff.; 1965, 22 ff.) über Thenn vorgelegt wurde. Auch kann hier nichts wesentlich Neues zur Biographie Naues, wie sie von Jacob Heierli (1907) skizziert wurde, beigetragen werden. Der Aufsatz versteht sich vielmehr als ein kleiner Baustein zum Verständnis jener »Umstände der Zeit«, in denen Julius Naue wirkte. Im Archiv der Universität Tübingen werden unter der Signatur 131/37b, Nr. 8 die Akten zur Promotion Julius Naues verwahrt. Diese bestehen aus dem Promotionsgesuch, einem sowohl in deutscher als auch in lateinischer Sprache verfaßten Lebenslauf, einem 1 Reinecke (1902, 18 ff.) meinte bezüglich der Fundvergesellschaftung von Achtkantschwertern mit nordischen Bronzen: »Um so mehr muss es auffallen, dass die süddeutsche prähistorische Schule in Naue'schem Fahrwasser, trotz ihrer unter volltönenden, gelehrten Titeln vorgebrachten typologischen Spitzfindigkeiten, die doch nur ein mangelhaftes Verständniss für die richtige Beurtheilung unserer prähistorischen Altsachen bekunden, bei ihrer Gruppirung der Bronzezeitfunde dieses Zusammentreffen nicht verwerthet hat.« Bezüglich chronologischer Fragen zieh Reinecke (1905, 113 f. Anm. 3) Naue gar »dilettantischer Unfähigkeit«. 2 So bezeichnete Torbrügge (1959, 38) einen großen Teil der Thennschen Unternehmungen als »eindeutige Lustgrabungen«.