Bronzene Tüllenbeile in Rumänien. Chronologische und chorologische Studien (original) (raw)
Tüllenbeile stellen in mehrerlei Hinsicht Höchstleistungen der bronzezeitlichen Gießkunst dar. Der Hohlguss spart nicht nur wertvolles Metall, er bietet auch eine optimale Lösung des wesentlichen Problems aller sonstigen bronzezeitlichen Beilformen. Sowohl bei einfachen Randleistenbeilen, als auch bei Absatzoder Lappenbeilen wird das Beil mit jedem Schlag unweigerlich weiter in den hölzernen Schaft hineingetrieben und spaltet diesen letztendlich. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Tüllenbeil in evolutionistischen Gliederungsschemata des bronzezeitlichen Fundmaterials als Endpunkt einer Entwicklung, als spätestes Glied in einer langen Kette von Beilformen angesehen worden ist. 1 Mag diese Ansicht selbst für Nordeuropa, dem Musterraum typologisch erarbeiteter Chronologien, nur mit einigen Einschränkungen zutreffen, 2 so stellt sich die Situation in einem zweiten Kernraum der Tüllenbeilverbreitung, Südosteuropa, grundsätzlich abweichend dar. Generell dominieren hier Äxte vor dem ersten Auftreten des Tüllenbeils, das gemeinhin mit der Stufe Bz D bzw. deren Äquivalenten in den verschiedenen gebräuchlichen, auf der Abfolge von Depotfundhorizonten basierenden Chronologien verbunden wird. Die als typologische Vorläufer angenommenen Beilformen sind hingegen sehr viel seltener. Die südosteuropäischen Tüllenbeile sind nicht zusammenfassend aufgearbeitet und solch eine Arbeit für den Gesamtraum ist aufgrund ihrer schieren Menge auch kaum zu erwarten. Neben den Sicheln sind Tüllenbeile hier das charakteristische Gerät der Urnenfelderzeit und beide bilden das "Rückgrat" der für diese Zeit so typischen Depotfunde. Für einige Regionen Südosteuropas sind die Tüllenbeile denn auch im Rahmen der verschiedenen Depotfundcorpora erfasst. Zu nennen sind hier besonders die Arbeiten von A. Mozsolics für Ungarn, J. Kobal´ für die Karpatoukraine, V. Derga ev für die Republik Moldawien, E. N. Černych für Bulgarien, O. Kytlicová für Böhmen, P. König für Bosnien und die Herzegowina, * Der vorliegende Text stellt die überarbeitete und ergänzte Fassung eines Vortrages dar, der vor der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte am 08.02.2010 im Rahmen der Verleihung des Rudolf-Virchow-Förderpreises gehalten wurde. Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten noch einmal herzlich für die Verleihung des Preises danken.