Die Kleinregion Heiligenstedten-Itzehoe-Schenefeld – Eine repräsentative Burgenlandschaft des frühen Mittelalters in Nordelbingen (original) (raw)
Moderne nachfahren der Wikinger-Schafe? die von Menschen auf die Inseln verbracht wurden und dort bereits Jahrtausende vor Christus verwilderten. Wann die Soay-Schafe auf ihre entlegene Insel gelangten, ist noch unklar, doch Vergleiche zwischen ihrem Fell und archäologischen Textilfunden legen nahe, dass dies während der Bronze-oder Vorrömischen Eisenzeit geschah. Damit sind sie eine wertvolle Reliktpopulation vorgeschichtlicher Schafe, die in ihrer genetischen Integrität, also ohne sie mit anderen Schafrassen zu vermischen, bewahrt werden muss. In einer zurzeit laufenden Studie soll eine endgültige Beantwortung der Frage erfolgen, ob die Soay-Schafe von heute den Wikinger-Schafen von Haithabu gleichen. Dies ist nur mithilfe genetischer Analysen möglich. In einer Zusammenarbeit zwischen dem Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA), Schleswig, und dem Tierpark Arche Warder wird der Verwandtschaftsgrad zwischen Soay-Schafen und Wikingerschafen untersucht. Dazu sind Speichelproben von Soay-Schafen und anderen alten Rassen wie Rauwolliges Pommernschaf, Rotkopfschaf, Jakobschaf, Walachenschaf und Skudde aus dem Bestand der Arche Warder genetisch analysiert worden. Später wird daraus ein umfassendes Bild von den verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den überlebenden alten Schafrassen entstehen. Doch der entscheidende Aspekt der Untersuchungen ist die erstmalige archäogenetische Analyse von Überresten wikingerzeitlicher Schafe, die bei den archäologischen Ausgrabungen in Haithabu gefunden wurden. Damit wird es erstmals möglich, direkten Einblick in die Schafpopulation von Haithabu zu erlangen. Die archäogenetische Untersuchung erfolgt an Zähnen, da in ihnen unter günstigen Bedingungen selbst nach Jahrhunderten und Jahrtausenden noch Bruchstücke der Erbsubstanz konserviert sind. Dies gilt besonders für einen bestimmten Typ der Erbsubstanz, der sich in den Mitochondrien bef indet, einem Zellbestandteil, der in jeder Zelle in großer Zahl vorkommt. Untersucht wird die sog. Kontrollregion, einem Genomabschnitt, der ausgesprochen variabel ist und gut für Untersuchungen zu Abstammung und Verwandtschaft von Populationen geeignet ist. Auch Engpässe, wie sie z. B. durch die Isolation eines Haustierbestandes auf einer Insel oder in einer ablegenden Siedlung gegeben sind, können an diesem Genomabschnitt, besonders gut nachgewiesen werden. Erste Laborergebnisse zeigen, dass in Haithabu tatsächlich Schafe lebten, deren Erbsubstanz Ähnlichkeiten zu der von Soay-Schafen aufweist. Damit scheint sich die enge Verwandtschaft zwischen beiden Populationen auch genetisch zu bestätigen. Doch die Analysen belegen noch etwas Anderes: eine große genetische Variabilität der in Haithabu gehaltenen Schafe. Es wurden mehrere genetische Varianten nachgewiesen, darunter auch Formen, die bereits über ein Haarkleid verfügt haben könnten, das weniger Stichelhaare enthält als das von Soay-Schafen. Doch ist dies noch kein Beweis für die Existenz klar voneinander abgegrenzter Schafrassen bereits zur Wikingerzeit. Ähnlich wie es für andere vielseitig nutzbare Haustierarten, z. B. für Rinder oder Hunde, zu vermuten ist, fand bei Schafen damals keine auf bestimmte, klar definierte Ziele ausgerichtete Zucht statt. Ein durchdachter und planvoller Zuchtbetrieb, wie er etwa aus dem Römischen Reich überliefert ist, führt zu morphologisch voneinander abgrenzbaren Rassen, d. h. zu innerartlichen Typen, die sich hinsichtlich Größe und Gestalt der Knochen deutlich voneinander unterscheiden. Insbesondere Rassen, die zur Fleischnutzung herangezogen wurden, sind in solch geregelten Systemen anhand der Knochen relativ einfach zu identifizieren. In Haithabu wird dagegen eine "Nutzung nach Verwendbarkeit" praktiziert worden sein. Dabei entscheidet der Schaf halter aus der großen Variabilität seiner Tiere heraus, das eine Individuum früh zum Verzehr zu nutzen, das andere wegen seines feinwolligen Fells zunächst zur Schur zu verwenden. In nächster Zeit werden diese ersten Ergebnisse und Interpretationen anhand weiterer umfangreicher Untersuchungen überprüft. Außerdem laufen vergleichende Analysen an Zähnen von Schafen aus anderen wikingerzeitlichen Plätzen, darunter die schleswig-holsteinischen Siedlungen Elisenhof an der Eidermündung und Starigard, dem heutigen Oldenburg/Holstein. Die Forschungen lassen weitere detaillierte Einblicke in einen speziellen Aspekt des Lebens im frühmittelalterlichen Schleswig-Holstein erwarten.