"Schundliteratur" und Jugendschutz im Ersten Weltkrieg. Eine Fallstudie zur Kommunikationskontrolle in Deutschland (original) (raw)

„Disziplinlosigkeit des Wissens“ und Regulierung neuer Medien um 1900: Jugendmedienschutz im Spiegel des kaiserzeitlichen Schundkampfs

URL: http://www.medialekontrolle.de/beitrage/%E2%80%9Edisziplinlosigkeit-des-wissens-und-regulierung-neuer-medien-um-1900-jugendmedienschutz-im-spiegel-des-kaiserzeitlichen-schundkampfs/

Der Beitrag entwickelt folgende zentrale These: Um 1900 'begann unsere Gegenwart‘ insofern, als in den Städten der Übergang in eine moderne Mediengesellschaft erfolgte. Deren kompetenteste Nutzer waren Kinder und Jugendliche. Bemühungen, die Heranwachsenden vor ‚Schmutz und Schund‘ zu bewahren, thematisierten zentral, dass die neue Medienumwelt Heranwachsenden den unkontrollierten Zugang zu Wissensbeständen eröffnete, die als „erziehungswidrig“ galten. Diese Konstellation besteht in Grundzügen bis heute, und viele aktuelle Reaktionsmuster gehen auf den Schundkampf der Kaiserzeit zurück. Die Kulturanthropologin Margaret Mead hat ein Modell entwickelt, das den Konflikt um die Regulierung des Wissenszugangs in den historischen Wandel der Generationenbeziehungen einzuordnen ermöglicht.

„Schundliteratur“ und das deutsche Problem mit der Unterhaltung

Franz-Heinrich Hackel (Hg.), Die schwere Kunst der leichten Unterhaltung, Bergisch Gladbach 2004, S. 208-218.

Der Aufsatz befasst sich mit der ästhetischen Abwertung populärer Literatur in Deutschland. An den Anfang wird die Abwertung unerwünschter Texte als "Schundliteratur" durch Lessing 1756 gestellt; auch in der Folge waren die Maßstäbe für die Ausgrenzung so willkürlich, dass man "Schund" nicht als definierbares literarisches corpus bestimmen kann, sondern nur als Abwertungs-Argument. Der wichtigste Gesichtspunkt war lange Zeit die Absicht, Heranwachsenden Wissen vorzuenthalten, das als unzuträglich galt. Inzwischen ist aber die ausschließende Entgegensetzung von Kunst und Unterhaltung so durchlöchert, dass man sich schwer tut, Motive für die anhaltende Abwertung des Unterhaltenden zu erkennen - einer Abwertung, die zur problematischen Fehlallokation künstlerischen Talents führt.

Kinder- und Jugendliteratur der DDR

Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur, 2008

Es ist derzeit üblich, Beiträge in Zeitschriften oder anderswo, die sich mit DDR-Themen befassen, mit folgender Floskel beginnen zu lassen: "Wer hätte vor einem halben Jahr gedacht, daß so etwas nun so einfach möglich ist!?" Also: Wer hätte zu Beginn der Planungen des diesjährigen Remscheidseminars des Arbeitskreises für Jugendliteratur (in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlegern und dem Deutschen Bibliotheksinstitut) zum Thema "Kinder-und Jugendliteratur der DDR" vor reichlich einem Jahr gedacht, daß zum Zeitpunkt der Durchführung eine kaum zu übertreffende Aktualität gegeben sein würde. Das Interesse an DDR-Themen war allerdings schon seit einiger Zeit deutlich spürbar größer geworden, Kontakte zwischen Autorinnen, Vermittlerinnen usw. bestanden bereits vor der Wende auf unterschiedlichen Ebenen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Studienreise von Kinder-und Jugendbibliothekarinnen in die DDR im September 1989 (Bericht s. BuB 2/90, S. 155-158) sowie an die Rote Elefanten-Tagung "Die DDR und ihr Jugendbuch" im November 1989, die im sehr lesenswerten Heft 34 der Zeitschrift "Kinder Bücher Medien" ausführlich dokumentiert ist. Der Andrang war entsprechend groß und mit über 90 Teilnehmerinnen und Referentinnen war das Seminar nahe an der Grenze zur Unüberschaubarkeit.

Zwischen re-orientation und „Kampf gegen Schmutz und Schund“. Ö sterreichische Kinder und Jugendmedien in der Nachkriegszeit (1945–1960

„Läßt sich überhaupt voraussagen, wann die Spuren und Folgen dieses faschistischen Systems in Herz, Gehirn und Gemüt unserer Jugend getilgt sein werden?“ fragt der österreichische Politiker Franz Kittel nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches (Kittel 1946: 119). Dieses Problem bewegte sowohl die Bildungsexperten der alliierten Mächte als auch die der neu installierten österreichischen Regierung. Man war sich im Klaren, dass Kinder und Jugendliche einer besonderen Unterstützung bedurften, um sich in bisher unbekannten demokratischen Verhältnissen zurechtzufinden. Ab dem Jahr 1930 Geborene hatten mit dem Ständestaat und dem Dritten Reich in bewusster Wahrnehmung nur autoritäre Regime erlebt. Kinder waren der Meinung, deutsche Bürger und Bürgerinnen eines „Großdeutschen Reiches“ zu sein, wie Christine Nöstlinger, geboren 1936 und spätere Schriftstellerin, verdeutlicht: „Die Sache mit den „Österreichern“ und den „Germanski“ verstand ich (…) nicht. „Germanski“ sagten die Russen zu den Deutschen. So viel war klar. Warum wir jedoch plötzlich keine Deutschen mehr waren, das begriff ich nicht. Wo ich doch in der Schule mindestens einmal am Tag gehört hatte, daß ich von der Vorsehung dazu auserwählt war, ein deutsches Mädchen zu sein.“ (Nöstlinger 1996: 93)

Das deutsche Kolonialerbe in der Jugendkolonialliteratur der BRD und der DDR

2021

Author(s): Kebe-Nguema, Joseph | Abstract: Dieser Beitrag setzt sich mit der Behandlung des deutschen Kolonialerbes in der Jugendkolonialliteratur der DDR und der BRD auseinander. Da die untersuchten Werke – genauso wie die Mehrheit der bis zur deutschen Teilung veroffentlichten Jugendkolonialbucher – an historische Ereignisse und Staatsideologien anknupfen, wird im ersten Teil des Beitrags der gesamtdeutsche kulturgeschichtliche Kontext und der gesellschaftliche Status des Schwarzseins dargestellt. Das Hauptaugenmerk des zweiten Teils liegt auf der staatsideologischen Pragung dieser Werke. Dabei wird der Fokus vor allem darauf gelegt, wie diese Pragung sowohl bei der Darstellung der deutschen Kolonialgeschichte als auch bei Race- und Genderkonstruktionen verschiedener Figuren festzustellen ist. Auf den ersten Blick zeichnen sich die westdeutschen Jugendkolonialwerke durch kolonialrevisionistische Aspekte und thematische Vielfalt aus, wahrend bei der ostdeutschen Jugendkolonialliter...

Zwischen Wagnis und Zensur - Zur Kinder- und Jugendliteratur in der DDR von 1945 bis 1965

Der Aufsatz konzentriert sich auf die Entwicklungen in der Kinder-und Jugendliteratur in den Anfängen der DDR bis 1965. Zentraler Gedanke ist, dass dezidierte Entwicklungen in der Literatur an sich verändernden Kinderbildern zu beobachten sind, welche analog zu gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Weiterentwicklungen und auch dem Beispiel der sowjetischen Literatur verlaufen.

Die Jugend literarisch auf Linie bringen. Die Ermordung der Herero im Diskurs des Deutschen Kaiserreichs

2005

Beschönigt oder verschwiegen wurde nichts in den zahlreichen Büchern über den Völkermord an 80.000 Herero, den die deutschen Kolonialherren von Südwest-Afrika zwischen 1904 und 1908 begingen. In den international erfolgreichen Romanen, die sogar Schullektüre waren, stellen die Autoren die Grausamkeiten als notwendig und rechtmäßig dar. Die sprachlichen Strategien decken Forscher des Instituts für Diaspora-und Genozidforschung auf. M. Brehl M. Dabag

Die ‚junge Generation‘ im Krieg. Zur Funktionalisierung des Kriegsbildes für das Projekt ‚junge Generation‘ in „Die Geschlagenen“ von Hans Werner Richter

Orbis Linguarum, vol. 38, 2012

Die Geschlagenen by Hans Werner Richter written in 1949 was one of the first literary texts exploring the themes of WWII and the Nazi past. It was published in the time when the defi nitions and patterns of interpretation of the recent past had only started to take shape. It was addressed to former participants of the war and offered structural patterns of self-perception and auto interpretation. Experience, memory and narration are interrelated to create a literary image of the participation in the war, where the most essential mechanism here is the rules of selection and the combination of material from these three areas. These rules – which are what constitutes the thesis of this article – are a fictional transposition of the concept of the German “young generation” co-coined by H. W. Richter. As a consequence the image of war is constructed according to a traditional matrix foreclosing ideological, racial and political components. The rejection of diachrony and thinking in terms of cause and effect can however be understood as the price, which the author pays for the desire to stop the dissociation trend in German society, as well as maintaining the impetus to carry out the democratic transformation which was imposed on Germany after WWII.