Der Klimawissenschaftler als Prophet: Die kulturelle Dimension des Klimas (original) (raw)

Klimaforschung - zwischen akademischer Neugier und kultureller Konditionierung

Klima, genauer der Klimawandel ist in aller Munde. Das Thema hat den Elfenbeinturm der Wissenschaft verlassen -der frühere US-Vizepräsident macht einen beeindruckenden Film zum Thema, bekommt einen Oskar für die filmische Leistung, während ein britischer High Court Richter laut Times am 10. Oktober 2007 entscheidet, dass der Film zwar an allen Schulen Englands verteilt werden darf, aber nur, wenn die Schüler gleichzeitig darauf hingewiesen werden, dass der Film neun signifikante Fehler enthält. Eine Woche später kündet das norwegische Parlament an, dass Al Gore mit dem Friedensnobelpreis geehrt wird. Für friedensschaffende Kommunikation. Zusammen mit dem Klimarat IPCC für friedenschaffendes Wissenschaffen. Diverse Klimaforscher sind regelmäßige Gäste der Medien, in Fernsehsendungen, als Autoren von Artikeln und Op-Eds in Zeitungen und Zeitschriften; einige sind Celebrities, deren Name als jedermann bekannt in unterhaltenden multiple-choice Tests verwendet werden. Andere haben direkt Zugang zu Spitzenpolitikern, sprechen auf Parteitagen zu den Delegierten. Klimaforscher sind Gäste von Industrie-und Handelskammern, von Landfrauenverbänden und großen und kleineren Firmen.

Ethnologe erforscht die Klimaforschung

Auch wenn es noch exotisch anmutet, werden in Zukunft vermehrt auch Ethnologen gebraucht, um Klimawissen und dessen Bedeutung für die Gesellschaft zu analysieren.

Die Bedeutung der historischen Dimension für die Klimadiskussion

Die Bedeutung der historischen Dimension für die gegenwärtige Klimaforschung. 1. Einführung Die Diskussion über das Klima wird heutzutage beherrscht von der Sorge über den sich derzeit beschleunigten anthropogenen Klimawandel. Wie üblich in postnormalen Phasen von Wissenschaft ist zu unterscheiden zwischen einer oft schrillen, medial geführten Diskussion, wonach jedes meteorologische Extrem Ausdruck oder zumindest doch deutlicher Hinweis des nahenden Desasters sei, und einer nüchternen statistischen Analyse des vorliegenden Zahlenmaterials, wonach es in der Tat unübersehbare Hinweise auf einen anthropogenen Klimawandel gibt, der sich aber eher schleichend und wenig spektakulär entfaltet. Die Einbeziehung der historischen Dimension hilft in dieser Diskussion, einerseits indem die Klimaschwankungen in historischen Zeiten rekonstruiert werden und andererseits indem wir vergangene öffentliche Diskussionen über historische Klimaschwankungen analysieren. Historische Klimaschwankungen erlauben uns, die Schwankungsbreite natürlicher Klimaschwankungen zu bestimmen -und gegenwärtige Veränderungen an dieser Messlatte der historischen Schwankungsbreite zu bewerten. Sind die jüngsten Veränderungen größer als diese historische Schwankungsbreite, dann werten wir dies als ein "Erkennen" (Detektion) nicht-natürlicher, also anthropogener Änderungen. In einem zweiten Schritt wird dann jener Mix an möglichen Ursachen bestimmt, das die gefundene anthropogene Veränderung am besten beschreibt (Attribution). Diese Detektion und Attribution ist für viele thermische Größen, insbesondere die bodennahe Temperatur der Luft, gelungen, sofern über genügend große Gebiete gemittelt wird. Demnach sind etwa 2/3 der Erwärmung des letzten Jahrhunderts auf die erhöhte Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zurückzuführen. Für viele andere Größen, wie z.B. Starkniederschläge oder Starkwinde, ist der Nachweis eines menschlichen Einflusses zumindest für die regionale Skala bisher nicht durchgeführt worden. Diese Situation wird erörtert in Abschnitt 3 am Falle der Sturmtätigkeit in Nordeuropa, deren Verstärkung von 1960-1990 von Fachleuten Anfang der 1990er Jahre voreilig als Ausdruck des anthropogenen Klimawandels gewertet wurde. Anders als gemeinhin angenommen ist ideengeschichtlich die Bewertung von beobachteten Veränderungen und von Extremereignissen als Ausdruck menschlicher Einflüsse auf das Klima ein nicht seltener Vorgang. Der Rückgriff auf die Erklärung "menschgemacht" ist als kulturell zumindest im Westen nicht neuartig. Die historische Dimension erlaubt also auch eine Analyse der gegenwärtig ablaufenden Diskussion, insbesondere im Hinblick auf Vermeidungs-und Anpassungsstrategien. Einige Beispiele, wie etwa das Schweizer Waldpolizeigesetz aus dem 19ten Jahrhundert, werden kurz diskutiert in Abschnitt 4. Seite 1 Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften (Düsseldorf): Klimawandel in Europa 29. März 2006, Düsseldorf

Der Klimaskeptiker und ich

Das Magazin, 2023

Im Abstimmungskampf um das Klimaschutzgesetz waren sie erbitterte Gegner: Marcel Hänggi, Umweltaktivist, und Michael Graber, SVP-Nationalrat. Nun hat Hänggi seinen Kontrahenten getroffen – weil er ihn verstehen will.

Kritiken der reinen Immanenz – die Klimakrise als Religionsersatz

Globkult, 2024

This essay reviews a volume edited by the writer Sebastian Kleinschmid, longtime editor of "Sinn und Form", and by the theologians Friedemann Richert and Thomas A. Seidel, retired chairman of the Internationale Martin Luther Stiftung (IMLS). The majority of authors are German Protestant theologians who are critical of contemporary liberal doctrines related to progressive post-theist theology and derived from Dietrich Bonhoeffer´s ephemeral reflection on "abandoning the working hyopthesis of `God´". Their critique is focussed on the ecumenical trinitarian dogma of "peace, justice, and integrity of creation". With regard to nature as well as to historical and political reality, each of these postulates exhibits intellectual deficiencies. Most articles are written by German Protestant scholars, among them Ingolf Dahlfert and Ulrich Körtner. In addition, Wolfgang Thierse, Catholic and Social Democrat, and thie historian Egon Flaig ( vigorously refuting the concept of "historical justice") have contributed articles. The volume concludes with an essay by the Greek Orthodox archpriest Martinos Petzolt ("Vergöttlichung statt Selbst-Vergottung"). Sebastian Kleinschmidt / Friedemann Richert / Thomas A. Seidel (Hgg.): Bild der Welt und Geist der Zeit. Dem Zerfall von Kirche und Gesellschaft begegnen, Leipzig (Evangelische Verlagsanstalt) 2024, 387 Seiten

„Schöne Klimaprosa“, „unnötig dramatische Rhetorik“ und „Blablabla“: Sprachthematisierende Äußerungen und metadiskursive Reflexionen im deutschen Klimawandeldiskurs

Linguistik Online

The present article examines metalinguistic and metadiscursive reflections in the public discourse on climate change. The public thematisations of language play a crucial role in public discourses as they carry out strategic and action-orienting functions. The article investigates which expressions and whose language use are repeatedly the subject of metalinguistic reflections in the defined section of the discourse. In the process we also address the question of which positions and arguments are expressed or justified through the thematisation of language. Furthermore, the study investigates the metadiscursive reflections of the discourse participants, which are frequently connected with media criticism. The analysis focuses on a corpus of manually selected articles from German newspapers. In order to identify and examine the explicit thematisations of language, the paper adopts a methodological approach which combines corpus-linguistic tools with interpretive-hermeneutic analyses....

Sozialwissenschaftliche Kontextualisierung der Klimaforschung

Hans von Storch beschäftigt sich als naturwissenschaftlicher Klimaforscher seit vielen Jahren mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft. In zahlreichen Publikationen stellt er sich einem kritischen Dialog mit den Sozialwissenschaften, um folgende Fragen zu klären: Was wissen wir über Eigenlogiken im Wissenschaftssystem und in der Politik, und was sagt das über die Möglichkeiten von wissenschaftlicher Politikberatung aus? Welche Rolle spielen die Massenmedien für die gesellschaftliche Wahrnehmung der Klimaforschung? Und wie können wir die Klimaforschung selbst als einen sozialen Prozess verstehen? Seine wesentlichen Thesen des Vortrages: a) Naturwissenschaftliche Klimaforschung ohne sozialwissenschaftliche Kontextualisierung macht wenig Sinn, sofern es um die Erforschung des menschgemachten Klimawandels und des der damit verbundenen Klimawirkung geht – und darum geht es fast immer. Die Klimaforschung ist fast ausschließlich auf dieses Thema ausgerichtet. Sie wird auch in diese Richtung gepusht, sowohl was Mittel als auch öffentliche Anerkennung angeht. b) Die Naturwissenschaftliche Klimaforschung hat in den letzten 30 Jahren wesentliche Ergebnisse erarbeitet und abgesichert: Das Klima verändert sich stärker als aufgrund natürlicher Vorgänge zu erwarten ist. Eine Erklärung für die Änderungen gelingt nur, wenn die Wirkung der stark erhöhten Konzentrationen atmosphärischen Treibhausgase als dominant verstanden wird. Da der Zuwachs dieser Konzentration durch menschlichen Emissionen zustande kommt, sind die Änderungen grundsätzlich steuerbar durch entsprechende gesellschaftliche Eingriffe c) Naturwissenschaftliche Klimaforschung spricht oft direkt zu Gesellschaft. Sie befindet sich in einer postnormalen Situation, wo bisweilen die politische Nützlichkeit vor der methodischen Qualität steht. d) Klimaforschung, und öfter noch Klimaforscher sind also soziale Akteure. Bisweilen findet man diese Akteure stark involviert in die politische Willensbildung, wobei politische Präferenzen als wissenschaftliche Notwendigkeiten präsentiert werden.

„Atmosphäre“: Zum Potenzial eines Konzepts für die Religionswissenschaft

Zeitschrift für Religionswissenschaft, 2018

ZusammenfassungAusgehend von der Feststellung, dass „Atmosphären“ einerseits ein empirischer Sachverhalt im religionswissenschaftlichen Feld sind und andererseits in verschiedenen Disziplinen seit gut 40 Jahren auch als analytisches Konzept gehandelt werden, verfolgt dieser Literaturüberblick das Ziel, den Stand der Forschung zum Atmosphärenkonzept zusammenzufassen und das Potenzial des Konzepts für religionswissenschaftliche Forschung zu diskutieren. Der Beitrag stellt wesentliche Positionen zum Atmosphärenkonzept aus Philosophie, Phänomenologie, Psychologie, Ästhetik und Kunstwissenschaft sowie Architekturgeschichte, Städtebau, Soziologie, Humangeographie und Theologie vor und konstatiert ein religionswissenschaftliches Forschungsdesiderat. Auch die Religionsästhetik und einige der sogenannten turns werden thematisiert, da sie sich bereits mit Aspekten dessen befassen, was den Atmosphärenbegriff und seine Operationalisierung ausmacht. Der Artikel beinhaltet zudem einige Hypothesen...