(Post)Moderne Raumkonzepte und die Erforschung des Altertums (original) (raw)
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Raum als Medium und als Amme : zur Raumdiskussion um 1300
2010
Raum als Medium und als Amme. Zur Raumdiskussion um 1300 Karin Leonhard Raum als Medium und als Amme. Zur Raumdiskussion um 1300 In seinem Perspektivaufsatz hatte Panofsky versucht, ein antikes von einem mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Raumsystem zu unterscheiden, wobei ihm die hellenistische künstlerische Imagination, wie er schreibt, an den Einzeldingen zu hängen und den Raum als bloßen Zwischenraum aufzufassen schien-"diese bereicherte und erweiterte Welt [ist] noch keine vollkommen vereinheitlichte, d.h. keine solche, innerhalb derer die Körper und ihre freiräumlichen Intervalle nur die Differenzierungen und Modifikationen eines Continuums höherer Ordnung wären." 1 Es ist kein Zufall, dass eine Kritik an seinem Essay wiederholt an dieser Stelle ansetzte (kurz zuvor hatte er Cassirers "Symbolische Form" eingeführt), haben wir mit ihr doch das Thema und Anliegen des Aufsatzes in nuce vor uns: die Diagnostik einer historischen Entwicklung von Raumauffassungen, verbunden mit dem erkenntnistheoretischen Anspruch, eine Korrespondenz von Denkraum und Bildraum zu belegen. Und obwohl Panofsky als gewissenhafter Riegl-Leser von der historischen Arbitrarität jeder künstlerischen Darstellungsform wusste und diesen Gedanken sogar in seinen Aufsatz aufnahm, blieb es bei einem Lippenbekenntnis. Denn für den Kant-Leser Panofsky war der Raum vor allem eine apriorische Kategorie, unter der jede individuelle Anschauungsform subsumiert werden konnte. In seinem Aufsatz zeigt er dann, wie sie innerhalb des Geschichtsverlaufs zu ihrer eigenen autonomen Darstellung durch die zentralperspektivische Konstruktion drängt und dabei quasi zu sich selbst kommt. Analog ihrem jeweiligen Entwicklungsstand weist Panofsky den Denkformen von Epochen und Kulturräumen symbolische Bildformen zu. Dadurch werden sie zu Äquivalenten logischer Aussagen aufgewertet und zugleich abgewertet, denn man unterstellt ihnen eine eigentliche Bedeutung hinter ihrer phänomenalen Oberflächlichkeit, vergleichbar der ikonographischen Bildanalyse, die sich in letzter (ikonologischer) Instanz ebenfalls als umfassende Kulturanalyse verstehen will und die individuelle visuelle Darstellung darüber vernachlässigt.
In: Kerstin P. Hofmann und Stefan Schreiber (Hg.), Raumwissen und Wissensräume. Beiträge des interdisziplinären Theorie-Workshops fpr Nachwuchswissenschaftler_innen. eTopoi. Journal for Ancient Studies Special Volume 5 (2015), 9-38.
In this paper, inter-relations of space and knowledge are elucidated. Our perspective is strongly influenced by the so called spatial turn, the supposed de-territorialization of social and cultural life due to globalization, as well as the practice-based conceptualization of knowledge by science studies. Space and knowledge are here not regarded primarily as states, but instead as processes co-producing each other. These processes generate multiple figurations, which we understand as ‘travelling concepts’, and which we aim to make productive for the disciplines that study the ancient world. The focus of interest is consequently on the production (or genesis) and transformation of spatial knowledge and spaces of knowledge. The introduction to the conference volume sketches its central ideas, concepts and research questions. The nine papers are presented in thematic groups centered on 1) the interconnection of space and knowledge, 2) the discursive negotiation of spatial knowledge, and 3) spaces of knowledge as research topic and strategy both in the ancient world and also in sciences and humanities and their communicative practices. Ausgehend von der Neuperspektivierung von Raum und Wissen werden die Beziehungen zwischen Raum und Wissen beleuchtet. Hierfür wird auf den spatial turn sowie die vermeintliche Entterritorialisierung durch die Globalisierung und die praxisgeleiteten Konzeptionierung von Wissen durch die science studies eingegangen. Raum und Wissen werden dabei nicht primär als Zustand, sondern als sich gegenseitig beeinflussende Prozesse betrachtet, deren vielfältige Figurationen im Sinne von travelling concepts für die Altertumswissenschaften fruchtbar gemacht werden sollen. Im Vordergrund des Interesses stehen demnach die Produktion bzw. Genese und Transformation von Raumwissen und Wissensräumen. Zugleich werden in der Einleitung zum Tagungsband dessen zentrale Ideen, Konzepte und Fragestellungen skizziert. Die Vorstellung der neun Beiträge erfolgt thematisch gruppiert und fokussiert dabei auf 1) die Verschränkungen von Raum und Wissen, 2) die diskursiven Aushandlungen von Raumwissen sowie 3) Wissensräume als Forschungsgegenstand und Strategie zum einen im Altertum, zum anderen in der Wissenschaft und ihrer Vermittlungspraxis.
Karin Leonhard_Raum als Medium und als Amme : zur Raumdiskussion um 1300
2010
Panofsky hat in seinem Aufsatz viel geleistet, mit seiner Einführung historisch strukturierender Raumbegriffe (Aggregatraum -Systemraum) jedoch auch viel verunklärt. Bereits mit der Feststellung, die Antike habe sich auf ein Raumverständnis als Zwischenraum beschränkt, führt eruns auf eine falsche Fährte. Platons Raumkonzeption beispielsweise hatte ganz andere Prämissen gesetzt und wurde im Mittelalter stark rezipiert; so haben wir es u.a. im späten 13. Jahrhundert mit einer großartigen Stimmenvielfalt innerhalb der Raumdiskussion zu tun. In diesem Sinne möchte ich die Frage nach dem Raum noch einmal -und anders -stellen und als ordnendes Prinzip den Begriff der Medialität ins Zentrum führen.
Raumplanung im Zeitalter der Zwischenstadt
2003
Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis 3 Vorwort 5 1 Fallbeispiel "Westliches Morges" 9 2 Eine aktuelle Sichtweise der Raumplanung in der Schweiz 25 3 Der Raum als Schauplatz sozialer Beziehungen 41 4 Hilfsmittel zum Entziffern der territorialen Organisation 65 5 Sinnliche Wahrnehmung und Bilder der territorialen Organisation 97
Historische Mitteilungen, 2015
In der jüngeren Debatte um historische Räume wurde kaum über die Raumkon-zepte der Geschichtswissenschaften selber gesprochen. Das Fach verfügt seit dem 19. Jahrhundert über ein breites Instrumentarium an Methoden und Ansätzen, die jedoch einem Wandel unterworfen waren und zuweilen in Vergessenheit gerieten. Das erklärt die unterschiedlichen Urteile, die über die historiographische Raum-forschung gefällt wurden. Franz Irsigler gelangte 1987 zu dem Befund, dass die "Erforschung von historischen Räumen" schon "seit den späten 50er Jahren in der deutschen und der internationalen Forschung einen außerordentlichen Auf-schwung genommen hat." Damit pflichtete er Reinhart Koselleck bei, der die Ge-schichte von "Raum-Vorstellungen" als "gut untersucht" bezeichnete.
Zur historischen Epistemologie des Raumes
2019
In den letzten Jahren seines Lebens hat Peter Damerow ein Forschungsprojekt begleitet und mit eigenen Beiträgen bereichert, das mir sehr am Herzen lag: Die historische Epistemologie des Raumes, ein Projekt zur langfristigen historischen Entwicklung räumlicher Begriffe, das ich mit einer Forschergruppe im Rahmen des Projektclusters TOPOI am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte durchgeführt habe. Ich möchte hier zu Peters Gedenken einige Forschungsergebnisse dieses Projektes umreißen. Eine ausführliche Darstellung unserer Ergebnisse, die auch zwei bisher unveröffentlichte Beiträge von Peter enthält (Damerow 2016a, Damerow 2016b), ist kürzlich erschienen (Schemmel 2016b). Eine monographische Darstellung der historischen Epistemologie des Raumes ist Schemmel 2016a. Das Thema der Gruppe war die langfristige Transformation räumlicher Begriffe in der Wissenschaftsgeschichte. Nun sind langfristige Wissensentwicklungen nicht allein auf der Ebene wissenschaftlichen Wissens zu verstehen. Wissenschaftliches Wissen, das ist eine Grundannahme, die sich wie ein roter Faden durch Peters Werk zieht, ist Teil einer komplexen Wissensarchitektur, in der sich verschiedene Wissensformen gegenseitig beeinflussen. 1 In etwas vereinfachender Weise können wir drei Wissensebenen unterscheiden: elementares, instrumentelles, und theoretisches Wissen. Elementares Wissen erwirbt ein jedes Individuum erneut für sich im Prozess der Ontogenese, d. h. des Aufwachsens in seiner Umwelt. Aufgrund der Übereinstimmungen in der biologischen Konstitution und in den elementaren Eigenschaften der physikalischen Umwelt sind große Teile dieses Wissens kulturunabhängige Universalien. Dieses Wissen ist jedoch im Allgemeinen nicht begrifflich strukturiert, sondern bleibt, zum Beispiel als Handlungsschema, unbewusst. Instrumentelles und, ganz allgemein, praktisches Wissen wird durch den Umgang mit Instrumenten und durch das Ausüben kultureller Praktiken erwor
Raum: Konzepte in den Künsten, Kultur- und Naturwissenschaften
2013
Kaum eine Wissenschaftsdisziplin kann sich heute der Auseinandersetzung mit der Kategorie Raum entziehen. Der Band unternimmt den Versuch, raumtheoretische Ansätze künstlerischer sowie kultur- und naturwissenschaftlicher Provenienz auf ihre interdisziplinäre Anschlussfähigheit hin auszuloten und produktive Schnittstellen zwischen den Forschungsfeldern sichtbar zu machen.