Martina Dlugaiczyk: Showrooms & Think tanks - Atelierinszenierungen als Vermarktungsstrategien. Ein Blick in Akademien, Künstler-Villen und Technische Hochschulen, in: Lutz Hieber (Hg.): Gesellschaftsepochen und ihre Kunstwelten, Leibniz Universität Hannover, Heidelberg 2017, S. 179-196. (original) (raw)
(Hg. vom Institut fuer Soziologie Leibniz Universität Hannover) Abstract "Obwohl es im 19. Jahrhundert für das mittlere und gehobene Bürgertum als oberste Prämisse galt, das gesellschaftliche Prestige durch kulturelles Engagement z.B. in Form von Kunstbesitz zu steigern, übertrug man dem Künstler nach wie vor die besondere Rolle des kreativen Außenseiters der Gesellschaft, der ein bohemienhaftes Leben führt. Diese bürgerliche Projektion bot den Künstlerfürsten fruchtbaren Nährboden für aufwendig inszenierte Selbstdarstellungen, die sich verstärkt in repräsentativ ausgestatteten und mit auf gesellschaftliche Außenwirkung bedachten Künstlerhäusern und Ateliers widerspiegeln. Das heißt, neben einer exquisiten Kunstsammlung bedurfte es eines architektonischen und kunsthandwerklich angemessenen Umfeldes. Das galt nicht allein für den einen Künstler, das Genie, sondern gleichermaßen für Künstlergruppen respektive Gemeinschaften, die sich und ihre Profession über das klug gewählte und inszenierte Sammlungsgefüge präsentierten. Interessant ist dabei die Verschränkung von Sammlungsort und Atelier als semiöffentliche Präsentationsfläche, da der Arbeitsraum immer auch Empfangsraum für Besucher und Kunden war, den es durchdacht und dem Geschmack der Zeit entsprechend zu inszenieren galt. Das sich diese Strategien um den ‚Schöpfungsort‘ nicht allein bei Künstlerpersönlichkeiten finden lassen, sondern etwa auch in Gemeinschaftsatelier oder Sammlungsgefügen im Sinne eines think tanks wird anhand prägnanter Beispiele innerhalb des Zeitfensters 1900 thematisiert. Da es sich bei den Ateliers um semiöffentliche Präsentationsfläche handelt – Kaulbachs Atelier in der Akademie hatte gleich einem Museum Öffnungszeiten; Lenbachs Privatatelier konnte gleich einer Audienz besucht werden; (Privat-,Öffentliche-) Sammlungen öffneten ihre Türe, um etwa einen Berufsstand (neu) zu konturieren – werden im Abgleich mit der Lebens- und Arbeitswirklichkeit des Künstlers/ der Künstlergruppe Aspekte wie öffentliche Meinungsbildung, das Atelier als ‚Geburtsort der Reklame‘ (vor Ort und mittels Fotografien), der Showroom als ‚Kunstmarkt‘ und rezeptionsgeschichtlichen Ansätzen (Lenbach als Rubens / Person und Werk) in den Blick genommen. Aus sich mehrfach verkehrenden Perspektiven wird demanch dem Fragenkomplex nachgespürt, inwieweit die Lebenswirklichkeit des Künstlers in den Inszenierungen ein Abbild gefunden haben und – darauf aufbauend – wie und ob das Abbild eine neue Lebenswirklichkeit kreiert hat. Dazu gehört auch die Konstruktion vom Bild als Bild und ferner dem Bildakt, also das Bild als Akteuer transparent zu machen."
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