Der Sammler und die Lichtung. Konstruierte Verwandtschaftslinien und historische Genealogie der philosophischen Anthropologie Peter Sloterdijks (original) (raw)

Der Sammler und die Lichtung Konstruierte Verwandtschaftslinien und historische Genealogie der philosophischen Anthropologie Peter Sloterdijks "Die soziale Verfestigungsform der Vertrauenssphären wechselt im Lauf der Geschichte, nur das Bedürfnis, etwas zu haben, worin man untertauchen, aufgehen, auftauen, warm werden kann, was dem Resonanzverlangen unserer Person Befriedigung gewährt, das bleibt." 1 Die Heftigkeit der Reaktionen, die bestimmte Philosophen unter ihren Kollegen hervorrufen, erweist sich manchmal als aussagekräftiger als der eigene Gehalt ihrer Gedanken. Wenn die Feindseligkeit die Unparteilichkeit einer in angemessenen Formen geführten Kontroverse übersteigt, wird der Angegriffene zum Inbegriff einer Drohung, die an sich bereits etwas über seine Gegner aussagt. 2 Peter Sloterdijk bleibt in dieser Hinsicht ein Schulbeispiel. Die Sympathie, die Neugier, aber mehr noch die Empörung oder auch die Verurteilungen, die seine Arbeiten stets hervorrufen, belehren uns über die ambivalente Situation dieses Philosophen und Intellektuellen seit den 90er Jahren. Denn Sloterdijk ist nicht nur ein normaler, sich gut verkaufender Essayist, er ist auch der Ausdruck eines Unbehagens in der akademischen Welt, als deren scharfer Kritiker er sich versteht. Im Gegensatz zur üblichen postmodernistischen Rede von der Humanität, die, am ‚Ende der Geschichte' angelangt, zu inselhaftem Sinn verdammt sei, verrät der Erfolg, der jedes seiner auflagestarken Werke begleitet, ein kollektives Streben nach sozio-philosophischer Reflexion, nach allumfassendem Verständnis unserer Welt. Weit davon entfernt, dem Druck angeblich unvermeidlicher historischer Zustände zum Opfer gefallen zu sein, erweist sich diese Figur des Intellektuellen, der Spezialist des Allgemeinen, als ganz besonders langlebig, gehätschelt von den Massenmedien und gefördert von einem kommerziellen Erfolg, der seine soziale Legitimität garantiert, und erfreut sich einer unersättlichen kollektiven Nachfrage. So war es an Sloterdijk, zusammen mit einigen seiner Kollegen unter den Medienphilosophen, die intellektuelle Bühne zu besetzen, die von der Geistesaristokratie verlassen worden ist, wobei er sich freuen kann, dass diese nach seinen Worten die Welt der Öffentlichkeit verlassen hat, um sich in die mönchische Behaglichkeit ihres institutionellen Gefängnisses zu flüchten.