Altägyptische Heilpflanzen - eine Perspektive für die moderne Phytotherapie? (original) (raw)

2005, Zeitschrift für Phytotherapie

und einen Arzt in die Hauptstadt des Hethiterreiches, um dem Gesuch nachzukommen (1). Dass der Ruf der ägyptischen Medizin auch bei den Griechen ungebrochen war, lehrt uns eine Passage der Odyssee über Ägypten (2): »... dort bringt die fruchtbare Erde/ Mancherlei Kräuter [griech. pharmaka] hervor, mit vielen guten auch böse./ Dort ist jeder ein Arzt, der kundiger ist als die andern/ Menschen ...«. Angesichts dieser, seit jeher bestehenden Ehrfurcht verwundert es nicht, wenn manch ein Pharma-oder Lebensmittelhersteller des 21. Jahrhunderts ein vermeintliches oder tatsächliches Heilmittel dadurch anpreist, dass es bereits von den Alten Ägyptern verwendet worden sei. Wie der Papyrus Ebers 782 (93,3-5) Heilmittel für das Beseitigen von vielem Kindergeschrei. spnn (Frucht/Körner) derspn-Pflanze (Mohn?); Kot von Fliegen, der an der Mauer ist; werde zu einer Masse gemacht, werde durchgepresst, werde getrunken vier Tage lang. (Es) hört schnell auf. K A S T E N 1 Papyrus Ebers 751 (89,18--20) Beseitigen der (dämonischen) nsj.t-Krankheit in den beiden Augen. bsbs-Pflanze/Frucht: 1 (Quantum); afA-Pflanze: 1 (Quantum); DAs-Pflanze: 1 (Quantum); jHw-Pflanze/Frucht: 1 (Quantum) süßes Bier: 1/64 (Oipe) [300 ccm] werde durchgepresst; werde getrunken vom Mann, der unter der nsj.t-Krankheit leidet. K A S T E N 2 Heruntergeladen von: Joh.-Gutenberg-Universität. Urheberrechtlich geschützt. hierbei die Abschätzung, ob die antiken Arzneimittel angemessen dosiert gewesen sind (16) -eine Frage, die weit über die simple Feststellung der Wirksamkeit einzelner Bestandteile hinausgeht, denn es soll zusätzlich beurteilt werden, ob man im Alten Ägypten die Herstellung »sinnvoller«, d.h. indikationsbezogen wirksamer, aber nicht toxischer Arzneimengen beherrscht hat. Nicht nur die Anwesenheit einer Pflanze in einem Rezept entscheidet daher über deren wissenschaftlichen Wert aus heutiger Sicht, sondern auch die Überlegung, ob man die therapeutische Breite eingehalten hat. Dieser Zugang fand bei der bisherigen historischen Aufarbeitung zu wenig Berücksichtigung, obwohl doch Dosierungen in den modernen Diskussionen über die Wirksamkeit von Phytotherapeutika eine wesentliche Rolle spielen. Gerade die innerlich anzuwendenden Mittel sind in den altägyptischen Rezepten genau volumenbemessen (8). Ob eine sinnvolle Dosis-Wirkungs-Beziehung hergestellt wurde, lässt sich am einfachsten bei Pflanzen klären, die fast stets in gleicher Menge in die Rezepturen Eingang fanden. Dazu zählt der Kreuzkümmel (Cuminum cyminum L., altägypt. tpnn) (17): In 25 von 27 Fällen wird die Droge in der Menge 1/64 Dja (18), das sind etwa 4,8 ccm, dosiert und ist innerhalb eines Kompositums in der Regel über vier Tage verteilt einzunehmen. Die Tagesdosis ist demnach 1,2 ccm. Ist diese Menge sinnvoll? Die reifen, getrockneten Früchte des Kreuzkümmels, die im Vergleich zu unserem Kümmel (Carum carvi) heller gefärbt sind