9. Workshop der ERZ "Konzeption, Materialität und Rezeption von Meister Eckharts Raum- und Zeitvorstellungen" in Kooperation mit dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt und dem King’s College London (25.&26.01.2016) (original) (raw)
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2005
Andreas Speer (Köln) I. Meister Eckhar t in Erfur t: ein Forschungsdesiderat An keinem Ort ist er länger gewesen und nirgends hat er länger gewirkt als in Erfurt. Das zeigt bereits ein flüchtiger Blick auf die biographischen Daten des Eckhart von Hochheim. Doch zugleich ist über kaum eine Periode seines Lebens und Schaffens so wenig bekannt wie über die Erfurter Zeitselbst wenn man die frühesten Jahre ausklammert, über die wir keine Quellen besitzen: sein Noviziat und Hausstudium im Erfurter Predigerkloster, einem der ältesten und angesehensten Konvente der Dominikanerprovinz Teutonia, seine Gelübde und die Priesterweihe, sodann die weitere Ausbildungs-und Studienzeit zunächst wahrscheinlich in Kölnein Hinweis in Eckharts erster überlieferter Predigt auf Albertus Magnus legt dies nahe 1und schließlich in Paris. Erst von dort besitzen wir ein erstes Dokument, als der frater Eckhardusinzwischen Lector sententiarum an der Theologischen Fakultät von Parisam Ostertag des 18. April 1294 als Festprediger buchstäblich aktenkundig wird 2 . Mit Paris verbinden sich gewöhnlich die akademische Karriere des Tambacher Rittersohnes und das lateinische Werk: Denn selbstverständlich schreibt der Pariser Theologieprofessor in der damaligen lingua franca. Die Straßburger Zeit zwischen 1313 und 1323 als Vikar des Ordensgenerals hingegen steht im Zeichen wachsender innerkirchlicher Auseinandersetzungen mit den so genannten ,Brüdern und Schwestern von der Sekte des freien Geistes und der freiwilligen Armut' und unter dem Einfluss der Beginenspiritualität. Der Schwerpunkt verlagert sich auf die Predigten. Eckhart spricht und schreibt nunmehr vorwiegend Deutsch, und dies auch in Köln, seiner letzten Station, die mit dem Prozess, der ihn bis nach Avignon an den päpstlichen Hof führt, einen jähen Abschluss findet 3 . Und schließlich weist die biographische Forschungstopologie über Eck-1 Sermo Paschalis a. 1294 Parisius habitus (LW V, 145, 5). 2 Cf. den in einer Kremsmünster Handschrift überlieferten ,Sermo Paschalis a. 1294 Parisius habitus' (LW V, 133-148; siehe auch nt.
Eberhards frühe Auseinandersetzung mit Kant um die Auffassung von Raum-Zeit
Ein Antipode Kants? Johann August Eberhard im Spannungsfeld von spätaufklärerischer Philosophie und Theologie, pp. 43-59, 2012
Der Ursprung des berühmten Streits über die Vernunftkritik, der seit dem Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts Johann August Eberhard beschäftigt hat und eines der wichtigsten Kapitel seines gesamten Denkweges bildet, geht auf ein anonymes Dokument zurück, das ihm erst vor kurzem zugeschrieben worden ist. Diese Schrift besteht nur aus zwei Blättern und betrifft die Lehre von Raum und Zeit, wie sie von Kant in der »Dissertatio pro loco professionis«, d.h. in »De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis« vom August 1770, noch vor ihrem Auftauchen in der KrV dargestellt wurde.
Karin Leonhard_Raum als Medium und als Amme : zur Raumdiskussion um 1300
2010
Panofsky hat in seinem Aufsatz viel geleistet, mit seiner Einführung historisch strukturierender Raumbegriffe (Aggregatraum -Systemraum) jedoch auch viel verunklärt. Bereits mit der Feststellung, die Antike habe sich auf ein Raumverständnis als Zwischenraum beschränkt, führt eruns auf eine falsche Fährte. Platons Raumkonzeption beispielsweise hatte ganz andere Prämissen gesetzt und wurde im Mittelalter stark rezipiert; so haben wir es u.a. im späten 13. Jahrhundert mit einer großartigen Stimmenvielfalt innerhalb der Raumdiskussion zu tun. In diesem Sinne möchte ich die Frage nach dem Raum noch einmal -und anders -stellen und als ordnendes Prinzip den Begriff der Medialität ins Zentrum führen.
Für die Raumplanung sind der räumliche und der zeitliche Bezug von gleichermaßen wesentlicher Bedeutung. Der Gegenstand der Raumplanung ist das räumliche Nebeneinander des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Das Verfahren der Planung besteht in der konzeptionellen Vorwegnahme noch nicht existierender zeitlicher Zustände des Planungsgegenstands. Raumplanung ist der Versuch, das Nebeneinander konkurrierender und komplementärer Raumnutzungen rational zu gestalten. In allen ihren Formen stellt Planung den Versuch des rationalen Umgangs mit dem Sachverhalt dar, daß der gegebene Zustand der Welt einem unablässigen und gerichteten Wechsel unterworfen ist. Die systematische Verknüpfung des räumlichen und zeitlichen Bezugs fehlt bisher im wichtigsten EDV-Werkzeug der Raumplanung: in geographischen Informatonssystemen. Geographische Informationssysteme sind a-historisch, sie sind leer in der Dimension zeitlicher Veränderung. Es ist zwar möglich, verschiedene Zustände des Planuungsgegenstands festzuhalten. Geographische Informtionssysteme kennen aber weder den Objekttyp des Prozesses, noch kennen sie den Unterschied zwischen realer und temporaler Veränderung. Prozesse sind Objekte, zu deren wesentlichen Eigenschaften die Mehrzahl und Verschiedenheit von Zuständen gehören. Es sind Objekte, zu deren Eigenschaften eine bestimmte Dynamik ihrer Veränderung gehören kann. Nicht j ede Veränderung schließt nun aber ein, daß die Zustände, die sich im Datum unterscheiden, auch in der Sache verschieden sind. Der Begriff der Veränderung hat zwei wohl zu unterscheidende Bedeutungen: Es gibt die reale Veränderung in dem Sinn, daß Zustände mit unterschiedlichem Datum auch in Struktur oder Funktion verschieden sind; und es gibt die temporale Veränderung in dem Sinn, daß Zustände, die zunächst künftig sind, gegenwärtig werden, um in vergangene überzugehen. Für die Planung sind reale und temporale Veränderung gleichermaßen konstitutiv. Ohne reale Veränderung hätte die Planung keinen Gegenstand, ohne temporalen Wechsel hätte sie keinen Sinn. Der Begriff des 'temporal reasoning' wird im Folgenden unübersetzt aus dem Englischen übernommen, da in i hm der Umgang mit beiden Bedeutungen von Veränderung bereits erfaßt ist. Der Begriff lehnt sich an den des 'geometric reasoning' an. Unter geometric reasoning versteht man den Versuch, unseren intuitiven Umgang mit räumlichen Objekten zu formalisieren und zu programmieren. Dieser intuitive Umgang schließt neben dem stillschweigenden Rechnen mit der Dreidimensionalität auch das stillschweigende Rechnen mit dem Standpunkt des Hier ein. Er schließt, anders gesagt, die Anlage und Pflege einer kognitiven Karte ein, die uns wissen läßt, wo wir uns im Raum befinden. Analog zu unserem intuitiven Umgang mit räumlichen Objekten schließt unser intuitiver Umgang mit zeitlichen Objekten sowohl das stillschweigede Rechnen mit realer Veränderung auch dasjenige mit dem Standpunkt des Jetzt ein. Er schließt wiederum die Anlage und Pflege einer kognitiven Karte ein. Nur dadurch, daß wir vergangene Zustände unserer selbst und unserer Lebenswelt festhalten und zu einem Bild der Vergangenheit fügen, können wir uns in der Zeit orientieren. Der Versuch, unseren intuitiven Umgang mit realen Prozessen zu programmieren, schließt also ganz von selbst denjenigen ein, unseren Umgang mit dem Prozess zu formalisieren, den wir als das Vergehen der Zeit erleben. Reale Veränderung Die bisher verfolgte Ansätze, Zeit in geographischen Informationssystemen zu repräsentieren, folgen dem Zugang, den die Zeitgeographie erschlossen hat. Die Zeitgeographie verfolgt die Umstellung des traditionell getrennten räumlichen und zeitlichen Bezugs der Geographie auf den in der Physik entwickelten Begriff der Raumzeit. Die Zeitgeographie faßt die Erdoberfläche als Teil des vierdimensionalen 'Block'-Universums auf, in dem die zeitlich verschiedenen Zustände wie in einer weiteren räumlichen Dimension geordnet sind. Um die Schwierigkeiten vierdimensionaler Vorstellung zu umgehen, geht die Zeitgeographie so vor, daß sie eine der Raumdimensionen (typischerweise die z-oder Höhen-Achse) durch die chronometrische Achse t ersetzt.