Systemische Therapie und das »störungsspezifische Wissen« (original) (raw)

Ein Überblick über störungsspezifische Psychotherapieansätze

InFo Neurologie & Psychiatrie, 2017

Störungsimmanente Probleme erschweren Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen häufig die Inanspruchnahme und die Aufrechterhaltung längerfristiger Behandlungsangebote. Störungsspezifische Psychotherapieansätze berücksichtigen genau diese Besonderheiten und Herausforderungen. Der folgende Artikel gibt einen Überblick. Der jahrzehntelang vorherrschende therapeutische Pessimismus, was die Behandlungsmöglichkeiten und deren Erfolgsaussichten bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPS; ▶Tab. 1) betri , ist heutzutage weder aktuell noch angemessen. Früher wurden Patienten mit BPS* (in der ICD-10-Klassi kation als "Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung" bezeichnet, ▶Tab. 2) vorwiegend notfallmäßig behandelt, nachdem sie beispielsweise im Rahmen suizidaler Krisen oder Exabertionen anderweitiger Krankheitsbilder wie Essstörungen oder a ektiver Störungen an irgendeiner Stelle im Gesundheitssystem vorstellig geworden waren, meist außerhalb des psychiatrisch-psychotherapeutischen Kontextes. Heute dagegen ist allgemein gültiger Konsens, dass diese Patienten sehr wohl von therapeutischen Angeboten pro tieren können. Zu dieser Einschätzung kommen alle wesentlichen Behandlungsleitlinien auf diesem Gebiet [1, 2, 3] angesichts der zwischenzeitlich vorliegenden Forschungsergebnisse [4, 5]. Der psychotherapeutischen Behandlung wird dabei in allen diesen Leitlinien innerhalb einer jeweils individuellen Gesamtbehandlungsplanung, die gegebenenfalls auch eine medikamentöse Annäherung beinhalten kann, der wichtigste Stellenwert zugeschrieben.

Anerkannte Störungen. Einige Überlegungen zur Selbstvergewisserung Systemischer Therapie

systeme 21 (1): 75-91, 2007

Der folgende Diskussionsbeitrag wurde ausgelöst durch die Publikation von: Jochen Schweitzer, Arist von Schlippe (2006) Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung II. Das störungsspezifische Wissen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Aus der Lektüre ergaben sich für mich weiterreichende Irritationen. Die Überlegungen, die sich daran anschlossen, beziehen sich nicht ausschließlich auf das Buch, kulminieren jedoch in der Auseinandersetzung damit. Sie entwickelten für mich eine Eigendynamik, die mich zu der Frage führte, ob es Sinn macht, dieses Lehrbuch als Ausdruck einer aktiven Verwerfungslinie in unserem Feld zu betrachten. Und weiter, ob es Sinn macht, die im Buch diskutierten Inhalte für sich zu betrachten oder eher in ihrer Bezogenheit zu umfassenderen Strömungen und kontextuellen Rahmungen. Das Buch bot für mich in diesem Sinne Anlass, mir noch einmal über einige Quellen und Entwicklungslinien unseres Feldes klarer zu werden. Und daraus folgend, was es für mich bedeutet, mich auf „systemische Positionen“ zu beziehen. Zum Orientierungspunkt außerhalb des genuin systemischen Begriffshorizonts wurde für mich bei dieser Klärung die Auseinandersetzung mit dem Begriff „Anerkennung“. Das Ergebnis meiner Auseinandersetzung mit dem Lehrbuch bleibt für mich offen, und es umfasst Respekt vor der Leistung der Autoren, Unsicherheit über die womöglich doch durchsetzungsfähigere Kraft trivialisierender Rahmungen und die Hoffnung, dass der Gegenwind das Denken in unserem Feld weiter klärt.

Die therapeutische Beziehung aus systemischer Sicht

PiD - Psychotherapie im Dialog, 2004

Der therapeutischen Beziehung wurde in der Entwicklung von Familien-und Systemischer Therapie teilweise sehr unterschiedliche Bedeutung zugemessen. Die aktuelle Diskussion und Praxis gewichtet sie allerdings zentral. Konstruktive Kooperation ist dabei ein wesentliches Leitmotiv. In der praktischen Ausgestaltung zeigt sich dies vor allem in zwei Aspekten: positive affektive Rahmung und kontraktorientierte Haltung. Während die affektive Rahmung einer übergreifenden Metastabilität dient, unterstützt die kontraktorientierte Haltung das Ausgestalten der notwendigen Instabilität, die mit signifikanten Veränderungen verbunden ist.

Systemische Therapie mit Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung

Dieser Artikel thematisiert die Erfahrungen einer systemischen Familientherapeutin in der Arbeit mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Der Focus liegt hierbei abwechselnd auf der Beziehungs-, Prozess- und Inhaltsebene. Darüberhinaus gibt die Autorin viele konkrete Anregungen für die Therapiepraxis.

Wissenskonversion und Behandlungsfehler im Krankenhaus

German Journal of Human Resource Management: Zeitschrift für Personalforschung, 2010

Rund jeder tausendste Krankenhauspatient stirbt aufgrund vermeidbarer unerwünschter Ereignisse. Empirische Studien zeigen Zusammenhänge zwischen der Sicherheitskultur in Krankenhäusern und der Fehlerhäufigkeit. Die bisherige Forschung weist allerdings Theoriedefizite auf. Unter Heranziehung des Konzeptes der Wissenskonversion nach Nonaka und Takeuchi (1995) wird versucht, einen theoretischen Bezugsrahmen für das Lernen aus Fehlern zu erarbeiten. Auf empirischer Basis wird eine Skala entwickelt, die unterschiedliche Profile der Wissenskonversion im Umgang mit Fehlern misst. Anhand einer 420 Probanden umfassenden Stichprobe aus 11 Abteilungen von sieben Krankenhäusern gelingt der Nachweis, dass eine lernende Sicherheitskultur die Fehlerhäufigkeit zu reduzieren imstande ist. Zudem zeigt sich, dass dem Prozess der Internalisierung der höchste Stellenwert zukommt.