SEKTION: Dynamiken künstlerischer Mobilität und transregionale Alternativen im Cinquecento (Berlin, 8 Apr 2016) (original) (raw)

Ingolstadt oder Italien? Möglichkeiten und Grenzen akademischer Mobilität im Reich des 15. Jahrhunderts, in: Von Bologna zu ‚Bologna‘. Akademische Mobilität und ihre Grenzen (Itinera 31), hg. v. Tina Maurer/ Christian Hesse, Basel 2011, S. 23-45.

Die ERASMUS-Stipendien der Europäischen Union, die im Studienjahr 2008/09 fast 28 000 Studierende aus der Bundesrepublik Deutschland nutzten, um an einer Hochschule in einem anderen europäischen Land zu studieren oder ein Praktikum zu absolvieren, 1 stellen ein politisches Instrument dar, um akademische Mobilität im 21. Jahrhundert gezielt zu fördern. Das Programm soll «einen Teil der Mobilitätskosten tragen und es den Studierenden dadurch ermöglichen, einen Studienaufenthalt im Ausland zu verbringen, den sie sich sonst finanziell nicht leisten könnten». 2 Die Spannung zwischen den vielfältigen Vo rteilen eines Studienaufenthalts im A usland und den damit verbundenen ökonomischen und sozialen Kosten ist nicht nur eine Problemlage gegenwärtiger akademischer Mobilität, sondern stellte sich auch den Universitätsbesuchern im Spätmittelalter, obwohl die Studien-und L ebenswelten ansonsten wenig Gemeinsamkeiten aufweisen. Die überzeitliche Gegenwart des Phänomens weckt ein beständiges Interesse an der Thematik, wobei Geschichts-und Literaturwissenschaft bei ihrer Erforschung unterschiedliche Aspekte hervorhoben. Die literarische Überlieferung des Mittelalters etwa zeichnet ein faszinierendes Bild des fahrenden Scholaren. Dieser führt zwar ein ärmliches und einsames Leben, das aber zu weiten Teilen selbstbestimmt und frei von den sozialen Zwängen der ständischen Gesellschaft ist. Die sogenannte Va gantenbeichte des im Umfeld Rainalds von Dassel tätigen Archipoeta, 3 «nach Zahl der Handschriften wohl das verbreitetste aller weltlichen mittellateinischen Lieder», 4 wirkte dabei seit dem 12. Jahrhundert vorbildhaft für zahlreiche Studenten-und Trinkdichtungen. Die Auswirkungen dieser mobilen Form der Lebensführung werden aus der Perspektive *H erzlich danke ich Frau Dr. Stefanie Rüther (Münster) für die kritische Lektüre des Manuskripts und für ihre zahlreichen weiterführenden Anmerkungen. Herrn Prof. Dr. Rainer C. Schwinges, Frau Dr. Suse Andresen und den Mitarbeitern des Repertorium Academicum Germanicum (Bern) bin ich für die Erstellung und Überlassung der beiden Karten ebenfalls zu grossem Dank verpflichtet. 1V gl. Pressemitteilung des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) vom 13. 3. 2010

Expressionismus 08/2018: Berlin

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Transitraum Varieté? Zu einem Treffen zwischen Franz Kafka und Josephine Baker in Köln

Zeitschrift für interkulturelle Germanistik

A transit space may be defined as a ›liminal zone‹ (V. Turner): Social, sexual and cultural hierarchies may be reversed or temporarily dissolved, the continuity of traditions may become uncertain, and future outcomes once taken for granted may be questioned. The dissolution of an order in a liminal space creates a fluid, malleable situation that can allow for the establishment of new perspectives and conventions. In his Bericht für eine Akademie (1917), Franz Kafka casts a sceptical eye on the variety show as a liminal space. This might open new perspectives on Josephine Baker’s performances on stage and in life.

Weder Konsumismus noch Askese – Interpassivität! Über das kritische Potential des SUV-Fahrens. In: Feustel, Robert/Koppo, Nico/Schölzel, Hagen (eds.): Wir sind nie aktiv gewesen. Interpassivität zwischen Kunst- und Gesellschaftskritik; Berlin: Kadmos, pp.173-185.

Laut Robert Pfaller ist der Neoliberalismus als eine Ideologie zu verstehen, die über Techniken der Subjektivierung versucht, eine homogene Gesinnungsgemeinschaft der selbstverantwortlichen, leistungsbereiten und partizipierenden Subjekte zu erzeugen. Interaktivität ist ihr Prinzip und Ziel (Pfaller 2008, 24). Der Kulturkapitalismus hingegen ist ein Ensemble von Waren, die aufgrund ihrer symbolischen Codierung zu einem Unterlaufen der Aktivierungsstrategien des Neoliberalismus führen. Denn Waren werden nicht mehr aufgrund ihres Gebrauchswerts konsumiert, den sie für das Leben der Konsumenten haben, sondern weil sie Stellvertreter dieses Lebens sind. Sie repräsentieren durch ihre symbolische Dimension einen Lebensstil bzw. eine Überzeugung, der bzw. die so nur noch konsumatorisch angeeignet und nicht mehr praktisch gelebt werden müssen. »Mit anderen Worten: Kulturkapitalistische Waren sind Erlediger stellvertretenden Lebens; sie sind interpassive Medien« (Pfaller 2008, 23). Interpassivität wird damit zu einem Grundzug des Kulturkapitalismus. 1 Wie Pfaller durch den Vergleich eines Citroën DS und eines Sports Utility Vehicle (SUV) erläutert hat (Pfaller 2008, 21f.), kann mit dem Kauf einer Ware also entweder die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erworben werden oder die Ware selbst zum Ausdruck des Lebens ihres Besitzers werden. Der Citroën DS war eine Eintrittskarte in die Massenkultur, die eine Verbindung von technischer Innovation und alltäglicher Praxis ermöglichte und zugleich dem gesellschaftlichen Aufstieg ihres Besitzers demonstrierte (im Unterschied zum Citroën 2CV als Auto für den »kleinen Mann«). Jedes Detail der »Déesse« war auf Fahrtkomfort und sinnlichen Genuss ausgelegt, wodurch eine lebenspraktische Aneignung des gesellschaftlichen Fortschritts ermöglicht wurde. Der Citroën DS wird in 1 Ich beziehe mich daher im Folgenden nicht auf einen »engen« Begriff von Interpassivität, der ausschließlich ein Delegieren konsumtiver Praktiken vom Konsumenten zu einer stellvertretenden Konsumtions-Instanz bezeichnet, und nur in einigen, teilweise schon von Žižek (2000) angeführten Beispielen einen analytischen Gehalt zu haben scheint: Ich konsumiere die Comedy-Show, aber das Lachen übernimmt die Sendung selbst; ich konsumiere den Spielfilm, aber indem ich ihn nur auf Video oder DVD aufzeichne muss ich ihn nicht ansehen; ich konsumiere die Sehenswürdigkeit, aber die visuelle Perzeption übernimmt meine Videokamera; ich kaufe Kochbücher und schaue mir Kochsendungen an, aber ich koche nicht selbst. Ebenso wenig sollen interpassive Momente in religiösen Praktiken (Gebetsmühlen, Andachtskerzen etc.) und anderen kulturellen Ausdrucksformen (Denkmäler, der Chor im griechischen Theater etc.) thematisiert werden.

Transregionale Perspektiven. Kleinräumige Mobilität und Grenzwahrnehmung im 19. Jahrhundert

(Bausteine aus dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde 20), Dresden., 2011

Kleinräumige Wanderungsbewegungen und alltägliche Nahraummobilität stellten einen Großteil der Migrationen des 19. Jahrhunderts dar. Der vorliegende Band dokumentiert eine zu dieser Thematik im Juni 2009 in Bautzen durchgeführte Tagung. Die Autorinnen und Autoren widmen sich kleinräumigen Mobilitätsformen sowie der Wahrnehmung von administrativen, konfessionellen und sozialen Grenzen aus einer transregionalen Perspektive. Sie untersuchen verschiedene geografische Räume und geben den aktuellen Stand der historischen und kulturwissenschaftlichen Migrationsforschung wieder. Dabei wird deutlich, dass die Erforschung kleinräumiger Mobilität die bisher gültigen Kategorien der Migrationsforschung, die lange Zeit Fernwanderungen in den Mittelpunkt ihres Interesses stellte, verschwimmen lässt.