Integration als umkämpftes Narrativ und Praxis. Eine genealogisch-ethnographische Rekonstruktion der Wissenspolitiken (original) (raw)
Schaut man in die Presse, in die Politik oder in die Stiftungslandschaft, schaut man sich sowohl Ausschreibungen als auch Forschungsergebnisse an, so lässt sich feststellen, dass das Paradigma der Integration mittlerweile zentral bestimmt, wie über Migration gedacht wird, wie sie gedeutet, er-forscht und vermessen wird und wie versucht wird, sie zu bearbeiten und zu regulieren. So sind es Integrationsbarometer statt Einwanderungs-und Diskriminierungsrapports, Integrationspläne auf Kommunal-, Landes-und Bundesebene statt Partizipationspolitiken, die die Mobilitäten und Fluiditä-ten in kontrollierte Bahnen des national-sozialen Staates, so Etienne Ba-libar (2010), zu lenken versuchen. Das Gebot der Immobilisierung, das heißt die kontinuierliche Durchsetzung des modernen nationalstaatlichen Mythos der Sesshaftigkeit und der national-kulturellen Homogenität, war bereits in den 1960er und 1970er Jahren Leitmaxime kommunaler Inte-grationspolitiken, die angesichts der Faktizität der Einwanderung und des Ausbleibens nationaler Programme von den Städten ergriffen wurden. Im Folgenden soll dies am Beispiel Münchens skizziert werden. Andererseits zeigen neuere historische Studien (u.a. Bojadžijev 2008), wie die des for-schenden Ausstellungsprojekts " Crossing Munich " zu München (Bayer et al. 2009), dass die frühen Integrationspolitiken auch als Antwort zu ver-stehen sind auf die Anfang der 1970er Jahre nicht mehr zu übersehenden unzähligen Initiativen, Klagen und Forderungen von Migrant*innen nach Teilhabe und Partizipation. Infolge der fortwährend aufgeschobenen Rück-kehr und in Reaktion auf die vielfältigen gesetzlichen und sozialen Hürden und Diskriminierungen, die ganz im Sinne des Slogans ‚Deutschland kein