"Der Nahostkonflikt bleibt indes der Preis für die jüdische Nationalstaatlichkeit" (original) (raw)
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Der Nahostkonflikt – Spielfeld für einen neuen Antisemitismus von links?
2010
Zuerst erschienen im Dietz-Verlag: Ullrich, Peter: Der Nahostkonflikt – Spielfeld fur einen neuen Antisemitismus von links? : ein internationaler Diskursvergleich. - In: Hawel, Marcus; Blanke, Moritz (Hrsg.): Der Nahostkonflikt : Befindlichkeiten der deutschen Linken. - Berlin : Dietz, 2010. - (Texte/ RLS, Rosa-Luxemburg-Stiftung ; 66) - ISBN: 978-3-320-02224-2 - S. 67–80.
Der Nahostkonflikt: Befindlichkeiten der deutschen Linken, 2010
Der neue Antisemitismus unterscheidet sich von seinen Vorläufern dadurch, dass er den Nahostkonflikt als Ursache oder Auslöser hat, aber dennoch eine generalisierte Judenfeindschaft darstellt. Neben muslimischen Fundamentalistinnen wurde in diesem Kontext auch die politische Linke zur Zielscheibe der Kritik. Während der heutigen Linken jedoch keine Anschläge gegen Juden oder deren Einrichtungen zur Last gelegt werden können, steht sie dennoch an der Spitze der zum Teil radikalen Israelkritik. Diese ist wiederum zu einem der linken Themen geworden und insbesondere die globalisierungskritischen und die Antikriegsbewegungen machten Palästina zum herausragenden Konfliktfall. Im vorliegenden Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwiefern in dieser israelkritischen Grundsituation tatsächlich Platz für Antisemitismus, weltbildhaften Antizionismus und andere problematische Sichtweisen, wie Rassismus und Islamophobie ist. Konkret untersucht werden die Deutungsmuster ("Frames") des Konflikts in der politischen Linken Großbritanniens und der BRD
Was die österreichische Botschafterin Johanna Nestor am 10. September 1975 aus Tel Aviv meldete, hatte Seltenheitswert. Seit drei Jahren auf ihrem Posten, hatte die Diplomatin dem Außenministerium in Wien bisher fast nur von Rückschlägen bei der Suche nach einer Friedenslösung für Nahost berichten können. Doch nun schrieb sie von einem "echten Durchbruch". Israel und Ägypten hatten sich im Streit um die Sinai-Halbinsel, die seit dem Sechstagekrieg 1967 von israelischen Truppen besetzt war, auf ein Zwischenabkommen geeinigt: Israel würde sich von den Ölfeldern in Abu Rhodeis und den strategisch wichtigen Pässen Gidi und Mitla zurückziehen; Ägypten gelobte, im Konflikt mit dem jüdischen Staat nur noch friedliche Mittel anzuwenden. Dieser Kriegsverzicht sei eines jener "politischen Elemente", mit denen das Abkommen über bisherige Waffenstillstände zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn deutlich hinausgehe, analysierte Nestor. Nachlesen kann man die Bulletins der Botschafterin in einem Quellenband, den der Innsbrucker Historiker Rolf Steininger und der österreichische Diplomat Rudolf Agstner herausgegeben haben. Das Buch liefert das dichte Protokoll einer Umbruchzeit im Nahen Osten; wer die jüngste Geschichte der Region verstehen will, wird hier vielfache Einsichten finden. Eine verdienstvolle Publikation also, auch wenn die editorischen Zusätze sparsam ausfallen. Auf kommentierende Anmerkungen wurde ebenso verzichtet wie auf genaue Quellenangaben. Hilfreich ist, dass das Personenregister biografische Daten enthält -ärgerlich, dass sich das Sachregister als sehr lückenhaft erweist. Zusätzlich ergänzt werden die Dokumente durch einen 30-seitigen Bildteil. Die Veröffentlichung schließt an die 13-bändige Edition "Berichte aus Israel" an, die Schriftstücke von Wiens diplomatischen Vertretern im Heiligen Land aus den Jahren 1927 bis 1972 enthält. Allerdings fehlt diesem Band die repräsentative Ausstattung seiner Vorgänger. Auch der Titel weicht vom großen Editionsprojekt ab. Dabei ist die Formulierung "Israel und der Nahostkonflikt 1972-1976" etwas unglücklich, weil sie nicht erkennen lässt, dass es sich hier um eine Quellensammlung handelt. Der Titel mag durch eine inhaltliche Besonderheit inspiriert worden sein. Anders als ihre Vorgänger auf dem Botschafterposten widmet sich Nestor in ihren Berichten fast ausschließlich Israels allgemeiner Innen-und Außenpolitik, die damals mehr noch als heute vom Verhältnis zum arabischen Umfeld bestimmt wurde. So gut wie nie behandelt die Diplomatin Fragen der österreichisch-israelischen Beziehungen. Die Herausgeber schließen nicht aus, dass für diese Leerstelle schlicht eine Lücke in der Aktenüberlieferung des Außenministeriums verantwortlich ist. Denn gerade in jener Zeit spielte Österreich, unter Kanzler Bruno Kreisky, durchaus eine wichtige Rolle für Israel. Ab 1974 leitete Kreisky eine mehrjährige "Fact Finding Mission" der Sozialistischen Internationale im Nahen Osten. Für viele Israelis war Kreisky eine Reizfigur, profilierte er sich doch unter den westeuropäischen Regierungschefs als Vorreiter einer Anerkennung von Arafats PLO. Selbst jüdischer Herkunft, bekannte er offen, ein Gegner des Zionismus zu sein. Von einer solchen Haltung findet sich nichts in den Lageeinschätzungen, die Nestor regelmäßig nach Wien schickte. Bei den abgedruckten 101 Berichten handelt es sich um nüchtern-ausgewogene Analysen. Empathisch und distanziert zugleich erläutert Nestor die Sichtweisen der israelischen Seite. Ihre Texte stecken voller tagesaktueller Details, lassen aber gleichzeitig die großen Entwicklungslinien im Nahostkonflikt sichtbar werden. Dominierendes Ereignis von Nestors Botschafterzeit war der Yom-Kippur-Krieg. Im Oktober 1973 wurde Israel durch einen Angriff ägyptischer und syrischer Truppen überrascht. Die israelische Armee konnte den SEHEPUNKTE -Druckversion: Rezension von: Israel und der Nahos...
Das Buch, das hier besprochen werden soll, bedarf zunächst einmal einer editorischen Kritik. 2010 veröffentlichte die Historikerin Tamar Amar-Dahl im Schöningh-Verlag ihre an der Universität München entstandene Dissertation [1] -eine biographische Studie über Schimon Peres, den amtierenden Präsidenten Israels. Die Autorin zielte darauf, Weltsicht und Laufbahn des international als Friedenspolitiker gewürdigten Staatsmanns einer Neubewertung zu unterziehen. Sie zeichnete das Bild eines sicherheitspolitischen Hardliners, der voller Vorurteile auf die arabische Welt blicke, jahrzehntelang primär die Interessen des israelischen Verteidigungsapparates vertreten habe und maßgeblich für das Scheitern des Friedensprozesses mit den Palästinensern in den 1990er Jahren verantwortlich sei. Nun hat Amar-Dahl, die in Israel aufgewachsen ist und heute in Deutschland lebt, im selben Verlag ein weiteres Buch veröffentlicht. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine eigenständige Neuerscheinung; tatsächlich aber hat man es hier mit schlichtem Text-Recycling zu tun. Bei der Darstellung handelt es sich im Kern um eine stark gekürzte Fassung der Peres-Biographie -wobei Titel und Einleitung suggerieren, man Das zeigt etwa ihre Lesart der "Bus-300-Affäre", die Israel Mitte der 1980er Jahre erschütterte. Palästinenser hatten einen israelischen Linienbus entführt, und Angehörige des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet töteten zwei von ihnen, als sie bereits festgenommen waren. Richtig ist, dass der damalige Premier
Deutsche, Linke und der Nahostkonflikt. Politik im Antisemitismus- und Erinnerungsdiskurs
2013
Linke Nahostdiskurse im Spannungsfeld von Erinnerungszwang und Erinnerungsabwehr. Immer wieder wird in Deutschland kontrovers diskutiert, ob, wann und warum israelkritische Positionen zum Nahostkonflikt nur kaschierter Antisemitismus seien. Peter Ullrich beleuchtet neue Perspektiven: Einerseits haben Lernprozesse der vergangenen Jahrzehnte dazu geführt, dass die linke Nahostdebatte in Deutschland heute komplexer und ausgewogener ist denn je. Andererseits bleiben doch die Gefahren für eine universalistische linke Position erkennbar. Immer wieder droht der Umschlag ins Partikulare, sei es in Form von Antisemitismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit oder extremer Überidentifikation mit Konfliktakteuren. Aus wissenssoziologischer und diskursanalytischer Perspektive untersucht der Autor verschiedene Aspekte des deutschen Blicks auf den Nahostkonflikt.
erschienen in: Julia Bernstein/Marc Grimm/Stefan Müller (Hg.), Schule als Spiegel der Gesellschaft. Antisemitismen erkennen und handeln (Reihe Antisemitismus und Bildung, Bd. 2), Frankfurt/Main., 2022
Die folgenden Ausführungen nehmen zunächst eine Abgrenzung des politisch-bildnerischen Umgangs mit Antisemitismen zu anderen Formen der intervenierenden pädagogischen Bearbeitung vor. Der Kern der folgenden Darstellung soll in der Differenzierung von vier didaktischen Zugriffen auf das Thema Nahostkonflikt mit jeweils spezifischen und möglichen Beiträgen zur antisemitismuskritischen Bildung bestehen. Zu diesem Zweck werden zwei konzeptionelle Grundsatzfragen skizziert, aus deren Kombination sich die vier Zugriffe ergeben. Diese werden kurz vorgestellt, wobei jeweils auf beispielhafte Bildungsmaterialien verwiesen wird.
Der Nahostkonflikt nach dem Gaza-Krieg
2009
Die strategische Wirkung des Gaza-Kriegs ist bemerkenswert gering. Israel setzt mit seiner Isolierungsstrategie gegenüber der Hamas unverändert auf kurzfristiges Konfliktmanagement und vermag keine Perspektiven zur Lösung des Nahostkonflikts aufzuzeigen. Die Palästinenser streben zwar eine Überwindung ihrer Spaltung an, dürften sich aber höchstens vordergründig auf eine gemeinsame Israel-Strategie einigen können. Auch die USA und die EU haben zur verworrenen politischen Lage in Nahost beigetragen, tun sich in der Frage eines Kurswechsels im Umgang mit den Islamisten jedoch schwer.